Die Inszenierung eines Kinderbuchklassikers fegt derzeit rasant über die Bühne des Renaissancetheaters, der großen Spielstätte des Theaters der Jugend in Wien: „Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse“ – wieder einmal. Aber nach fast 20 Jahren (Herbst 2004) in einer neuen Fassung, auch wenn schon das vor fast 50 Jahren (1975) erschienene Buch von Christine Nöstlinger, deren Todestag sich Ende Juni (28.) zum fünften Mal jährt, schon sowohl denselben Humor wie auch die gleichgebliebene Botschaft ausstrahlte: Lieber ein lebendiges Kind mit Ecken, Kanten und Wildheit als ein genormtes aus der Fabrik.
Kürzest zusammengefasst der Plot für jene, die weder Buch noch eine der Theaterversionen (spielte in dieser Saison auch im Tiroler Landestheater) bzw. den Film kennen: Die schräge, irgendwie chaotische Frau Berti Bartolotti, die alles mögliche – damals noch nicht online aber immerhin per Versandhandelt bestellt, kriegt eines Tages ein riesiges, schweres Paket. Eine Große Konservendose. Inhalt: Ein Kind aus der Fabrik – samt Instant-Nahrung. Ein siebenjähriger sogenannter Musterknabe, brav, voll zuvorkommen, nett, neunmal klug …
Erst fühlt sie sich mehr als überfordert, kann sich auch echt nicht erinnern, dies bestellt zu haben. Ihr Freund, ein eher geschniegelter Typ findet sofort Gefallen an Konrad, wie das Kind heißt und streitet nun, sein Vater sein zu wollen/dürfen. Das Mädchen Kitti, das im selben Haus wohnt nimmt sich Konrads an, beschützt ihn auch vor den in der Schule vor den anderen Kindern, die ihn mobben und schlagen. Aber, so findet sie, er müsste sich halt auch lernen, sich zu wehren.
Shirina Granmayeh als Kitti tritt in dieser Bühnenfassung von Britta Kampert und Yüksel Yolcu, der auch Regie führte, zudem als Erzählerin auf. Und sie besticht in ihrem Kampf für Konrad, der sozusagen auch an das Engagement der Autorin Christine Nöstlinger erinnert, die sich in ihren Werken stets auf die Seite von (benachteiligten, ausgegrenzten) Kindern stellte, um diesen – und allen anderen Mut zu machen, das aber nie „pädagogisch“, sondern stets künstlerisch, literarisch, spannend und meist mit einer gehörigen Portion Witz machte.
Diesen Humor bringt vor allem Ursula Anna Baumgartner sozusagen als Art hippiemäßige als Alt-68erin herzhaft ins Spiel.
Wer auch für so manchen Gag sorgt ist Jakob Egger vor allem als Postler, der das schwere Paket zu seinem Bestimmungsort hochwuchtet, der aber auch in etliche andere Rollen schlüpft. Unter anderem in die einer der hellblauen comic-artigen angelegten Spitzel aus der Fabrik, die erst kontrollieren, wie mit ihrem „Produkt“ umgegangen wird und es schließlich zurückfordern, weil es sich um eine Fehllieferung handelte und die rechtmäßigen Besitzerin es haben will. Bis sie am nunmehr so gar nicht braven Konrad verzweifelt und gern verzichtet, ja die Fabriksherren gar zweifeln, dass das Kind aus ihrer Produktion kommen kann.
Den für Konrad so gar nicht einfachen Lernprozess vom superbraven Normkind, das noch mehr wie ein Roboter in Menschengestalt wirkt, zu einem lebendigen, aufgeweckten, durchaus frechen Wesen – auch mit den Hemmungen, dies wirklich ausleben zu können – lässt Stefan Rosenthal sehr nachvollziehbar miterleben.
Valentin Späth als der Freund Berti Bartolottis und Möchtegern-Vater sowie die sehr wandlungsfähige Lilian Jane Gartner in vielen Rollen – vom mobbenden Mitschüler Michi über die Schuldirektorin bis zur rechtmäßigen Instant-Kind-Käuferin – und Erik Bartoš (auch in mehreren Rollen) runden die sehr gelungene Enembleleistung auf der flexiblen Bühne (Ausstattung: Ulv Jakobsen) ab, die das Publikum mitreißt – und das bei einer Vorstellung rund eine Woche nach der Premiere, die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besuchte.