Schon im Hintergrund eine Art Schnürl-Vorhang – aus lauter aneinander geknüpften Plastikflaschen und an einem seitlichen Bühnenrand stehende aufblasbare Sitzmöbel deuten das Problem an, um das sich „Es zieht!“ drehen wird. 14 Kinder und junge Jugendliche bespielen – eingebettet in eine Geschichte rund um eine Party – das Thema Plastik(müll).
Die jungen Darsteller:innen haben mit ihrer Regisseurin die ganze Saison in einer der vier Theaterwild:Werkstätten – wie die anderen drei – das Stück gemeinsam erarbeitet. In dieser Werkstatt namens „Wildwuchs“ haben sie sogar für das Bühnenbild und die Requisiten gesammelt – die Flaschen – im Laufe der rund 50 Minuten werden fast Unmengen von solchen auf die Bühne rollen und fallen.
Auswirkungen dieser Vermüllung auf die Welt(meere) spielen sie in verschiedenen Szenen, die – durch Blacks getrennt – ins Party-Spiel eingebaut sind. So schwimmen die meisten der jungen Theaterleute als Fische über die Bühne und beißen sich an Plastikstücken – von anderen gespielt – tot.
Aber auch die Party selbst – mit Freund- und Feindschafften, dem Auftreten unterschiedlichster Typ:innen – einer Hilfsbereiten ebenso wie zweier reicher Schwestern, die allen zeigen wollen, was sie sich alles leisten und sozusagen auch die Welt kaufen könnten – hat einen bitterbös-sarkastisch-witzigen Höhepunkt: Eine der Gäst:innen bietet Luft in Sprayflaschen an, dafür gibt’s kein Trinkwasser mehr und das regionale Bio-Buffet bleibt praktisch unangetastet.
Trotz der Schwere der Themen ist „Es zieht!“ – der Titel klärt sich erst am Ende und soll hier natürlich nicht verraten werden – wird das Stück recht witzig werden – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… durfte eine der letzten schon durchgängigen Proben sehen, weil zur Aufführungszeit nicht anwesend. Für den Humor sorgen einerseits der Spielwitz der jungen Darsteller:innen als auch die überspitzt präsentierten zugespitzten Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Erde, von der es keinen Ersatz also keinen Planeten B gibt. Dass sich das Publikum aber nicht nur gedanklich damit auseinandersetzen soll, dafür sorgt ein aktionistisches Ende – das natürlich nicht gespoilert werden soll.
Auch die anderen drei Theaterwild:Werkstätten im Theaterhaus für junges Publikum haben sich intensiv mit der Klimakrise auf Menschen und Natur auseinandergesetzt. Die szenischen Ergebnisse der monatelangen Workshops sind nun beim Festival – bis 12. Mai 2023 (manche aber nur bis 6. bzw. 9. Mai) zu erleben – siehe Info-Box.
„Wenn ich groß bin, kann ich Eis essen, wann ich will, darf ich selber bestimmen und … vieles mehr!“ Ist das so, oder doch ganz anders? Oder irgendwo dazwischen?
Auf fast 80 Seiten – mit vielen Bildern und wenigen Worten – widmet sich Anna Fiske, eine norwegische Autorin und Illustratorin in einer Person der Frage: „Wie ist es eigentlich, erwachsen zu sein?“ Ausgehend von Dutzenden Kinderfragen dazu hat sie viele kleine Bilder und große Szenen gezeichnet und beschrieben. Gleich auf der ersten Doppelseite sind viele ganz unterschiedliche Gesichter zu sehen – rechts Kindergesichter und ihre Vorstellungen, wie sie wohl erwachsen aussehen würden/könnten; links Erwachsene, die sich noch erinnern können, wie sie als Kinder ausgesehen haben.
Aber können Erwachsene wirklich immer mehr als Kinder? Schon nach ein paar Doppelseiten thematisiert Fiske etwas auf der Hand Liegendes: Kinder wachsen, Erwachsene nicht mehr – höchstens in die Breite 😉
Aber, nennt die Autorin und Illustratorin ein weiteres mögliches, unsichtbares Wachstum: „innerlich“.
Dass Menschen ab bestimmten Altersgrenzen mehr dürfen wird in diesem umfangreichen großformatigen Bilderbuch auch thematisiert – leider ist Österreich insofern nicht berücksichtigt, als hier schon ab 16 – nicht erst ab 18 Jahren – gewählt werden darf.
Dass es bei Menschen-(Gruppen) nicht immer um Unterschiede geht oder die ins Zentrum gerückt werden sollen, kommt immer wieder so „nebenbei“ bei Fiske heraus. Erstens finden sich in den meisten Szenen ganz unterschiedliche sowohl Kinder als auch Erwachsene und zweitens auch zwischen den verschiedenen Alterskategorien setzt das Buch immer wieder auf Gemeinsamkeiten – siehe Beispiele auf der oben abgebildeten Doppelseite. „Erwachsene habend die gleichen Gefühle wie Kinder, sie haben sie nur schon oft erlebt.“ Womit sie sich (vielleicht) leichter tun, damit umzugehen 😉
Kaum hast du „Kinder bis 5 Jahre“ gelesen, ist leider eines davon auf der Welt schon gestorben. Fünf Millionen Kinder (von rund 675 Millionen) weltweit starben 2021 (dafür liegen schon alle Zahlen vor) bevor sie ihren fünften Geburtstag erleben konnten. Weitere 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche (bis 24 Jahre) verloren ihr Leben. Das bedeutet, dass alle 4,4 Sekunden weltweit ein Kind oder ein/e Jugendliche/r stirbt – anschaulich umgerechnet würden also in jeder Schulstunde (50 Minuten) rund 27 Klassen (bei durchschnittlich 25 Kindern) aussterben – und das rund um die Uhr – also 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr.
Außerdem wurden zusätzlich fast zwei Millionen weitere Babys tot geboren. Diese erschreckenden Zahlen veröffentlichte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) knapp nach den Weihnachtsferien.
Viele dieser Todesfälle hätten durch einen fairen Zugang und eine hochwertige Gesundheitsversorgung für Mütter, Neugeborene, Jugendliche und Kinder verhindert werden können weist Unicef auf die Zahlen und Erkenntnisse von UN IGME („Interinstitutionelle Gruppe für die Schätzung der Kindersterblichkeit“) hin.
Der Zugang zu und die Verfügbarkeit von qualitativ hochwertiger Gesundheitsversorgung sind für Kinder weltweit nach wie vor eine Frage von Leben und Tod. Die meisten Todesfälle bei Kindern ereignen sich in den ersten fünf Jahren, die Hälfte davon innerhalb des ersten Lebensmonats. Bei diesen Kleinkindern sind Frühgeburten und Komplikationen während der Geburt die häufigsten Todesursachen. Auch mehr als 40 Prozent der Totgeburten ereignen sich während der Wehen – die meisten davon sind vermeidbar, wenn Frauen während der Schwangerschaft und der Geburt Zugang zu einer hochwertigen Versorgung haben. Für Kinder, die die ersten 28 Tage überleben, stellen hingegen Infektionskrankheiten wie Lungenentzündung, Durchfall und Malaria die größte Gefahr dar.
„Jeden Tag sind viel zu viele Eltern mit der Angst konfrontiert, ihre Kinder zu verlieren, manchmal sogar, noch bevor diese den allerersten Atemzug machen“, sagt Vidhya Ganesh, Unicef-Direktorin der Abteilung für Datenanalyse, Planung und Überwachung. „Solche weit verbreiteten, vermeidbaren Tragödien sollten niemals als unvermeidlich akzeptiert werden. Fortschritte sind mit einem stärkeren politischen Willen und gezielten Investitionen in einen gerechten Zugang zur medizinischen Grundversorgung für alle Frauen und Kinder möglich.“
Die Berichte zeigen vermehrt positive Ergebnisse: Seit 2000 ist das Sterberisiko in allen Altersgruppen weltweit gesunken. Die allgemeine Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren ist seit Anfang des Jahrhunderts sogar um die Hälfte gesunken, während die Sterblichkeitsrate bei älteren Kindern und Jugendlichen um 36 Prozent und die Totgeburtenrate um 35 Prozent zurückgegangen sind. Dies ist auf die verstärkten Investitionen in die Stärkung der primären Gesundheitssysteme zum Wohle von Frauen, Kindern und Jugendlichen zurückzuführen.
Allerdings sind die Fortschritte seit 2010 deutlich zurückgegangen. Organisationen warnen, dass bis 2030 fast 59 Millionen Kinder und Jugendliche sterben und fast 16 Millionen Babys durch Totgeburten ihr Leben verlieren werden, wenn nicht rasch Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung ergriffen werden.
„Es ist zutiefst ungerecht, dass die Überlebenschancen eines Kindes allein durch seinen Geburtsort bestimmt werden können und dass es beim Zugang zu lebensrettenden Gesundheitsdiensten so große Ungleichheiten gibt“, sagt Dr. Anshu Banerjee, Direktor für Gesundheit von Müttern, Neugeborenen, Kindern und Jugendlichen sowie Alterung bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO). „Kinder brauchen überall starke primäre Gesundheitssysteme, die ihren Bedürfnissen und denen ihrer Familien gerecht werden, damit sie – egal wo sie geboren werden – sowohl den besten Start als auch Hoffnung für die Zukunft haben.“
Die Überlebenschancen von Kindern sind nach wie vor sehr unterschiedlich, je nachdem, wo sie geboren werden. Berichte zeigen, dass Afrika südlich der Sahara und Südasien die größte Last zu tragen haben. Obwohl die afrikanischen Länder südlich der Sahara nur 29 Prozent der weltweiten Lebendgeburten verzeichneten, entfielen im Vorvorjahr 56 Prozent aller Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren auf diese Region, und auf Südasien 26 Prozent der Gesamtzahl. Kinder, die in diesen afrikanischen Ländern geboren werden, sind weltweit dem höchsten Risiko ausgesetzt, im Kindesalter zu sterben – ihr Risiko ist in etwa 15-mal höher als jenes für Kinder in Europa und Nordamerika.
Mütter in diesen beiden Regionen erleiden auch den schmerzhaften Verlust von Babys durch Totgeburten in einer außergewöhnlich hohen Rate: 77 Prozent aller Totgeburten im Jahr 2021 ereigneten sich in Afrika südlich der Sahara und in Südasien, wobei die Hälfte aller Totgeburten allein in Subsahara-Afrika stattfanden. Das Risiko einer Frau, eine Totgeburt zu erleiden, ist in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara siebenmal höher als in Europa und Nordamerika.
„Hinter diesen Zahlen stehen Millionen Kinder und Familien, denen ihr Grundrecht auf Gesundheit verwehrt wird“, sagt Juan Pablo Uribe, globaler Direktor für Gesundheit, Ernährung und Bevölkerung der Weltbank und Direktor der Global Financing Facility. „Wir brauchen politischen Willen und Führungsstärke für eine nachhaltige Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung, welche eine der besten Investitionen ist, die Länder und Entwicklungspartner tätigen können.“
Auch wenn COVID-19 die Kindersterblichkeit nicht direkt erhöht hat – die Wahrscheinlichkeit, an der Krankheit zu sterben, ist bei Kindern geringer als bei Erwachsenen –, könnte die Pandemie ihr Überleben in Zukunft stärker gefährden. In den Berichten wird insbesondere auf die Besorgnis über die Unterbrechung von Impfkampagnen, Ernährungsdiensten und den Zugang zur medizinischen Grundversorgung hingewiesen, die die Gesundheit und das Wohlergehen der Kinder über viele Jahre hinweg gefährden könnten. Darüber hinaus hat die Pandemie zu dem größten Rückgang der Impfquoten seit drei Jahrzehnten geführt, weshalb die am meisten gefährdeten Neugeborenen und Kinder einem höheren Risiko ausgesetzt sind, an vermeidbaren Krankheiten zu sterben.
Frisch aufgemotzt – und doch in good old style – das ist die neue Verfilmung von „Der Räuber Hotzenplotz“ (ab 8. Dezember 2022 in den Kinos), gedreht von den jener Filmfirma, die auch schon „Die kleine Hexe“, „Das kleine Gespenst“ und „Krabat“ – alles Bücher von Otfried Preußler – fürs Kino produzierten. Und auch wenn ein so berühmter Theater- und Film-Schauspieler wie Nicholas Ofczarek in die Titelfigur des Bösewichts mit dennoch einem Schuss Selbstironie schlüpft, die eigentlichen Hauptrollen spielen Benedikt Jenke als Seppel und Hans Marquardt als Kasperl. Sie spielen sehr überzeugend.
Die heute 13- und 14-Jährigen – gedreht wurde allerdings vor eineinhalb Jahren – trafen Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … zu einem Online-Video-Interview. Und beginnen gleich mit einem Schabernack. Wie sie den Räuber verwirren als sie ihre Mützen tauschen und für Hotzenplotz damit die Identitäten, so stellen sie sich sozusagen kreuzweise vor. „Ich bin Hans und ich habe den Kasperl gespielt“, sagt – genau Benedikt und das gleich nur mit umgekehrten Vorzeichen. Das heißt, bitte nicht „Vorzeichen“ – Mathe mag Hans Marquardt (Kasperl-Darsteller) so gar nicht. Aber dazu später ein bisschen mehr.
Nach dem kleinen Verwirrspiel drängt sich natürlich die erste Frage auf: „Seid ihr in den Szenen, wo ihr jeweils – für den Räuber – in die Rolle des anderen schlüpft, durcheinandergekommen?
„Nein, gar nicht, ich war ja auch mit der Kasperlmütze noch immer der Seppel“, so Benedikt Jenke und sein Kollege Hans Marquardt empfand das genau so.
So wie sie hier Wort- und Satz-Ping-Pong spielen, so strahlen sie im Gespräch das aus, was sie bald nach Beginn auch verraten: „Seit dem Dreh sind wir echt gute Freunde“, so Jenke. „Wobei, kennen gelernt haben wir uns beim zweiten Casting“, ergänzt Marquardt.
Beide schwärmen auch vom guten Teamgeist während der Dreharbeiten und auf die Frage, ob Film nicht sehr oft aus langen Wartezeiten besteht, schildert Seppel-Darsteller: „Das Gute ist, dass wir noch Kinder sind, da dürfen wir nicht so lange drehen und deswegen schaut die Regie, dass wir in der Zeit, wo wir da sind und arbeiten dürfen, möglichst viel von unseren Szenen drehen können.“
„Und wenn wir warten musste, dann haben wir oft auch mit Erwachsenen gespielt, meistens Stadt – Land -Fluss. Das kennt jede und jeder“ (Hans Marquardt). „Ich habe seither immer Stifte und Papier dabei. Das macht Spaß und so haben wir uns auch alle im Team besser kennen gelernt“, meint Benedikt Jenke.
Ob sie sich jetzt als Jugendliche schon zu „groß“ für die im Vorjahr gedrehten Rollen fühlen“, verneinen beide im Brustton der Überzeugung. Sie haben auch schon vor dem Dreh nicht nur Hotzenplotz, sondern auch viele andere der Otfried-Preußler-Geschichten gekannt und geliebt, selber die Bücher gelesen, als Hörspiele gehört und Filme angeschaut.
Benedikt Jenke tanzt zeitgenössischen Ausdruckstanz. „Und in einer Aufführung saß ein Mann von einer Filmproduktionsfirma, der mich danach gefragt hat, ob ich mir vorstellen könnte in einem Film mitzuspielen. Da habe ich zugesagt und dann in „Dogs of Berlin“ für Netflix mitgespielt. Und dann habe ich mir eine Agentur gesucht. Vor Räuber Hotzenplotz habe ich schon in weiteren Film- und Fernsehproduktionen mitgespielt – insgesamt in bisher zwölf.“
Sein Kollege rutschte über den Dreh für einen Werbespot ins Schauspielgeschehen vor der Kamera. „Und in der Schule hab ich in der Theater-AG gespielt. Das hat großen Spaß gemacht.“
Mit heftigem Kopfnicken und einem fast jubelnden „Ja“ beantworten beide (fast) gleichzeitig die Frage: Können Sie sich vorstellen, Schauspiel auch zum Beruf zu machen?“
Neben Tanz, den Jenke weiter betreibt und Schauspiel, liebt Benedikt Jenke in der Schule Erdkunde und Geschichte. Letzteres mag auch Hans Marquardt „und ich spiel Basketball, Schlagzeug und Gitarre“ – „er macht wirklich gut Musik“, lobt ihn sein Hotzenplotz-Kollege, die sich natürlich am Ende aus des Räubers Gefangenschaft befreien und der Großmutter die geraubte zauberhafte Kaffeemühle zurückbringen können.
110 Millionen Kinder auf der Welt sind extrem in ihrer Existenz bedroht. Für sie und 63 Millionen Erwachsene bat, nein forderte, am Montag das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen dringende Nothilfe. Dafür bräuchte es fast zehn Milliarden Euro, so die Unicef, um
die von humanitären Krisen, den anhaltenden Auswirkungen der weltweiten COVID-19-Pandemie und der wachsenden Bedrohung durch klimabedingte Extremwetterereignisse Betroffenen in 155 Ländern und Gebieten zu retten.
„Heute sind mehr Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen als je zuvor in der jüngsten Geschichte“, setzte am Montag die Exekutivdirektorin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Catherine Russell, einen dringenden Notruf an die Welt ab. „Überall auf der Welt sind sie mit einer tödlichen Mischung aus Krisen konfrontiert, von Konflikten und Vertreibung bis hin zu Krankheitsausbrüchen und rasant steigender Mangelernährung. Gleichzeitig verstärkt Klimawandel diese Krisen und löst weitere aus. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir über die richtigen Hilfsmittel verfügen, um die Kinder mit gezielten und rechtzeitigen humanitären Maßnahmen zu erreichen“, so die Unicef-Vertreterin laut einer Medien-Aussendung.
Übrigens: In der gesamten EU leben rund 140 Millionen Kinder und Jugendliche. Also fast genau so viele in anderen Gegenden der Welt, vor allem dem globalen Süden, sind extremst (lebens-)bedroht. Allein fast 37 Millionen Kinder wurden aufgrund einer Vielzahl von Krisen aus ihren Heimatregionen vertrieben – so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.
Im Rahmen des „Humanitarian Action for Children“ („Humanitären Maßnahmenplan für Kinder“), der den Finanzmittelaufruf von Unicef für das Jahr 2023 enthält, plant das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, Kinder wie folgt mit Hilfe zu erreichen
Die fünf wichtigsten Spendenaufrufe nach Finanzierungsbedarf für 2023 sind:
* Afghanistan: 1,65 Milliarden US-Dollar
* Ukraine und Hilfe für Menschen auf der Flucht aus der Ukraine: 1,058 Milliarden US-Dollar
* Syrische Flüchtlingskrise: 867 Millionen US-Dollar
* Demokratische Republik Kongo: 862 Millionen US-Dollar
* Äthiopien: 674 Millionen US-Dollar
„Die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels sind eine allgegenwärtige Bedrohung für Kinder“, sagt Russell. „Deshalb setzen wir im Rahmen unserer humanitären Hilfe einen Schwerpunkt auf Klimaanpassung und Stärkung der Widerstandsfähigkeit. So können wir die Kinder erreichen, die die heutigen Krisen durchleben und ihnen und ihren Gemeinschaften helfen, sich auf die kommenden vorzubereiten.“
Unicef weist auch darauf hin, dass auf die Menschen in so manchen Regionen der Welt von der internationalen Gemeinschaft oft „vergessen“ wird, so sind die fünf am schlechtesten finanzierten Hilfsaufrufe von Unicef für das laufende jahr folgende:
* Libyen 91% unterfinanziert – sozusagen Hilfe für eines von zehn notleidenden Kindern!
* Kamerun 89% unterfinanziert
* Libanon 89% unterfinanziert
* Europäische Mehrländer-Hilfe für Menschen auf der Flucht: 88% unterfinanziert
* Guinea 85% unterfinanziert
Mehr als 100 Jahre nach ihrem Wirken – von dem immerhin viele vor allem Schülerinnen ihr Leben lang zehrten und profitierten – wird sie schön langsam halbwegs entsprechend gewürdigt. Sie – das ist Eugenie Schwarzwald, geborene Nussbaum. Revolutionäre Reformpädagogin würde sie vielleicht am ehesten aufs Knappste zusammengefasst charakterisieren. Aber auch frühe Feministin, Sozialreformerin, open minded für moderne Kunst, eine große Vernetzerin und – obwohl wohlhabend und Organisatorin von Salons in einem Palais nahe der Innenstadt – soziale Barrieren überwindend. Am kommenden Montag (5. Dezember 2022, Details siehe Info-Block am Ende dieses Beitrages) widmet der kulturMontag dieser „Pionierin der Moderne“ ein filmisches Porträt von Regisseurin Alex Wieser.
Und mit der Wiedereröffnung des – generalüberholten – Parlaments im Stammsitz an der Ringstraße wird der Saal VIII (römische 8) umbenannt in Eugenie-Schwarzwald-Saal.
Es sind – Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… konnte den Film für Medien und andere Interessierte diese Woche bei einer Preview im Dachgeschoss der Wiener Urania vorab sehen. Es sind 52 dichte, einfühlsame, viele der Grundzüge ihres Wirkens und einige ihrer Persönlichkeit schildernde Minuten. In der Nähe von Czernowitz (heute Czerniwzi, in der Ukraine, damals Teil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, Galizien) geboren (1872), zog es sie nach der Schule nach Zürich – dort durften Frauen schon studieren – die einzige Stadt im deutschsprachigen Raum um die Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert.
Ab 1900 lebte sie – nach der Heirat mit Hermann Schwarzwald in Wien. Nicht zuletzt die eigene Erfahrung, nur weil Angehörige des weiblichen Geschlechts nicht einfach überall studieren zu können, spornte sie an, es der nächsten Generation zu erleichtern. Außerdem wollte sie Kindern und Jugendlichen eine ganz andere Art der Schule bieten: Kein stures Auswendiglernen, indoktriniert werden, sondern selbstständig denken, arbeiten und dabei Freude und Spaß am Lernen haben.
Die von ihr gegründeten Schwarzwaldschulen funktionierten nach diesen Prinzipien. Auch wenn sie sie nicht einmal formal leiten durfte, weil ihr in der Schweiz erworbener Universitätsabschluss in Österreich nicht anerkannt worden ist. Weshalb ihr Umfeld sie oft nicht bei ihrem Namen nannte, sondern nur „fraudoktor“ (oft zusammengeschrieben).
Die wenigen vorhandenen Fotos, Dokumente und Briefe aus dieser Zeit baute die Regisseurin in ihren Film ebenso ein, wie sie mehrere Fachleute, die sich seit einiger Zeit, manche sogar schon sehr lange mit Leben und Wirken Schwarzwalds beschäftigen, unter anderem die Autorin Bettina Bàlaka („Über Eugenie Schwarzwald“ im Mandelbaum Verlag mit fünf Texten der Pionierin selbst). Nicht fehlen darf natürlich der Historiker Robert Streibel, der schon vor rund 20 Jahren ein erstes Symposium über die nun filmisch Portraitierte organisierte.
„Danach hab ich allerdings wütende Anruf von älteren Frauen bekommen“, erzählt er im gemeinsamen Interview mit der Regisseurin in deren Produktionsstudio Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… „Wie ich dazu komme, so ein Symposium zu machen und sie alle nicht einzuladen, wo sie doch ehemalige Schülerinnen der Schwarzwaldschule waren. Da hab ich eine Folge der Erziehung zu selbstbewussten Frauen erlebt“, freut er sich über die Resolutheit der ehemaligen Schülerinnen der „fraudoktor“. Zur Entschuldigung und Rechtfertigung: „Wir hatten nicht alle, vor allem nicht veränderte Nachnamen nach Heirat.“
Einige ehemalige berühmte Schülerinnen präsentiert der Film, etwa die Schauspielerinnen Helene Weigel und Elisabeth Neumann-Viertel. Eugenie Schwarzwald sammelte aber auch junge Künstler für ihre schulischen Projekte, etwa einen gewissen Oskar Kokoschka als Zeichenlehrer. Was der Schulbehörde so gar nicht gefiel, passte nicht ins Schema. Da half auch das Argument der Schulleiterin nichts, dass es sich bei ihm um ein eben noch nicht erkanntes Genie handle. Der überlieferte Satz „Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen“, kommt auch im Film vor. Musiklehrer war übrigens Arnold Schönberg.
Ein anderer bekannter Mann kommt immer wieder auch im Universum der Eugenie Schwarzwald vor, der Architekt Adolf Loos, der für sie Schulen (um-)baute. Allerdings später – nicht nur – das Vertrauen einiger Schülerinnen missbrauchte und wegen der sexuellen Ausbeutung sogar vor Gericht kam. Auch das spart der Film nicht aus.
Am meisten bedauert die Regisseurin, dass „wir so viel weglassen mussten, weil es nicht in die 52 Minuten hineingepasst hat. Das war oft nicht leicht. Was können wird schneiden, ohne dass der Film, ohne dass die Persönlichkeit Schwarzwalds darunter leidet.“
Was sie aber keinesfalls machen wollte: „Nur ein paar alte Bilder und dazwischen die Interviews“. Und so inszenierte sie – dezent – mit Laiendarsteller:innen einige Schauspielsequenzen, unter anderem mit Schülerinnen im Schulmuseum Michelstetten (Asparn an der Zaya, Niederösterreich). Alle szenischen, bewegten Bilder kommen aber ohne Dialoge aus – sie untermalen den dazu passenden thematischen Off-Text.
Um den Film kompakt, dennoch der Vielseitigkeit dieser Frau gerecht werdend zu gestalten, „haben wir uns – abgesehen von einigen genannten und in Szenen gesetzten Lebensstationen – auf die Wiener Periode 1910 bis 1912 konzentriert. Das war die spannendste zeit, jene, in der am meisten im Bereich ihrer Schulen passiert ist.“ Und da war schon die erste Schnittversion mehr als doppelt so lang (120 Minuten).“
Mit der Regisseurin hat Pia Padlewski das Drehbuch geschrieben. Und sie war es, die DEN Eugenie-Schwarzwald-Experten in Österreich schlechthin ständig kontaktierte. Robert Streibel: „Sie hat immer angerufen und nach Details gefragt, ich konnte leider nicht immer sofort Auskunft geben, hab dann ein schlechtes Gewissen gehabt. Aber es war oft auch Anlass, selber noch einmal nachzuforschen. So bin ich unter anderem draufgekommen, dass die berühmte Schriftstellerin Vicki Baum doch nicht Schülerin in der Schwarzwald Schule war. Das hab ich früher auch von anderen übernommen.“
Streibel organisierte übrigens als Wiedergutmachung für die ehemaligen Schwarzwaldschülerinnen durch zehn Jahre hindurch zwei Mal jährlich Treffen in der Wiener Urania und eine Dauerausstellung über Eugenie Schwarzwald in der Volkshochschule Hietzing, die er seit Jahrzehnten leitet.
Er hat auch zwei Bücher herausgegeben: „Das Vermächtnis der Eugenie – gesammelte Feuilletons“ und „Die fröhliche Schule“ von Karin Michaëlis (eine Übersetzung aus dem Dänischen). Die Autorin war Zeit- und Augenzeugin sowie Freundin von Schwarzwald und beschreibt sehr ausführlich die reformpädagogische Schule. Die auch heute noch recht revolutionär wäre!
Nicht nur, dass diese Pionierin lange Zeit in Vergessenheit geraten ist – auch heute wären die Grundsätze ihrer Schulen noch revolutionär und es wäre nicht unwahrscheinlich, dass sie im herrschenden Schulsystem noch immer anecken würden.
Zum 16. Mal werden die besten heimischen Kinder- und Jugendtheaterstücke sowie darstellerischen Leistungen, Musik bzw. Ausstattung ausgezeichnet. Stella heißen diese Awards der Österreich-Sektion der internationalen Kinder- und Jugendtheatervereinigung ASSITEJ. Im Frühjahr wurden die Nominierungen für Stella.Darstellender.Kunst.Preis bekanntgegeben. Die Verleihung steigt am 7. Oktober in der Burgtheater-Spielstätte Kasino am Schwarzenbergplatz.
Vom 1. Oktober an sind in einem Festival die nominierten Stücke in den Spielstätten Dschungel Wien, Burgtheater und WuK (Werkstätten- und Kulturhaus) zu sehen, eines in Linz und ein anderes mehrfach in Schulen – Link zum Festivalplan unten am Ende des Beitrages.
Nach – hoffentlich – einigermaßen überstandener Pandemie findet das Festival bei dem möglichst viele der acht nominierten Stücke auf verschiedenen Wiener Bühnen – Dschungel Wien, WuK sowie Burgtheater – gezeigt werden, ab 1. Oktober 2022 statt – samt Side-Events wie Diskussionen, Begegnungen mit den Juror:innen usw. Hier die Liste der Nominierten – bei den Stücken entweder mit Kürzest-Beschreibungen oder bei vielen, die Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … schon gesehen hat, mit Links zu den Rezensionen
* „Schnaufen“ vom Mezzanin Theater in Koproduktion mit der TanzCompanyELLA; ab 4 Jahren; Steiermark; ein Tanztheater über das Alleinsein und die Wiederentdeckung der Leichtigkeit des Lebens miteinander
* „Hilfe! aber: … das Knistern, wenn man Wasser in einen Tontopf mit trockener Erde gießt“ von Material für die nächste Schicht; ab 6 Jahren; Kärnten; ein performatives Chaos, in dem das Scheitern an der Tagesordnung steht – oder eben nicht: es wird gelebt und versucht andere zu unterstützen und gemeinsam etwas zu schaffen. Immer wieder von neuem.
* „Ich, Ikarus“ vom Burgtheaterstudio; ab 9 Jahren; Wien
* „Zwei Tauben für Aschenputtel“ vom Jungen Landestheater Linz; ab 6 Jahren; Oberösterreich; in dieser Version des bekannten Märchens wird Aschenputtel frech, mutig und lässt sich nicht so von den Schwestern und der Stiefmutter unterdrücken.
* „Else (ohne Fräulein)“ vom Vorarlberger Landestheater; ab 13 Jahren; Arthur Schnitzler stürzte Fräulein Else vor beinahe 100 Jahren in Konflikte, die auch heute noch eine Menge unbequemer Fragen aufwerfen. In dieser Version ist Else eine in der Gegenwart lebende junge Frau zwischen medialem Körperkult und Selbstverwirklichung, zwischen dem Streben danach, im Leben wahr- und ernstgenommen zu werden, und dem jugendlichen Drang zur Rebellion.
* „Mädchen wie die“ vom Burgtheaterstudio; ab 13 Jahren; Wien
* „Kohlhaas – Moral High Ground“ von Follow the Rabbit; ab 13 Jahren; Steiermark
* „Lover`s Disco(urse)“ von VRUM Performing Arts Collective, Dschungel Wien & KLIKER Festival; ab 15 Jahren
Die Jury – Felicitas Biller, Christoph Daigl, Christian Ruck und Yvonne Zahn – hat sich für 23 Nominierungen in 5 Kategorien sowie einer Sonderkategorie entschieden – von 18 unterschiedlichen österreichischen Theatergruppen/-häusern/-festivals aus acht Bundesländern, die im Jahr 2021 zu sehen waren. Gesichtet wurden rund 120 Produktionen aus ganz Österreich – aufgrund von der Pandemie notgedrungen viele Stücke nur als Video-Aufzeichnungen.
Neben den acht Produktionen nominierte die Jury noch für
* Lisa Rothhard in „Iason“; Next Liberty; Steiermark
* Raphael Kübler in „Eine Weihnachtsgeschichte“; Tiroler Landestheater Innsbruck
* Sofia Falzberger, Alduin Gazquez, Kerstin Jost, Adrian Stowasser als Ensemble in „#schalldicht“; Theater Phönix; Oberösterreich
* Lena Hanetseder, Florentine Konrad, Antonia Orendi, Maria Prettenhofer als Ensemble in „NAH“; TaO! Theater am Ortweinplatz; Steiermark
* Michael Haller für Bühne in „BLUB. Eine Reise in die Tiefe“; Theater.NUU; Wien
* Sigrid Wurzinger für Bühne und Kostüm in „Die lachende Füchsin“; TOIHAUS Theater; Salzburg
* Thomas Garvie, Oliver Stotz und Wolfgang Pielmeier für die Bühne und Ausstattung in „Nachts“; VRUM Performing Arts Collective; Wien
* Vincent Mesnaritsch für die Bühne in „In 80 Tagen um die Welt“; Schauspielhaus Salzburg
* Gudrun Plaichinger, Raúl Rolón und Yoko Yagihara „Tempo Tempi“; TOIHAUS Theater; Salzburg
* Steffi Baron-Neuhuber in „Über Piratinnen – Geschwestern der See“; Töchter der Kunst & Radical Kitsch Ensemble; Niederösterreich
* Robert Lepenik und das Ensemble in „NAH“; TaO! Theater am Ortweinplatz; Steiermark
* Peter Plos und Andreas Grünauer Ensemble in „MeinAllesaufderWelt“; Kollektiv kunststoff; Wien
Außerdem schlägt die Jury drei Produktioen vor für einen
* „Kalaschnikow – mon amour“; Dschungel Wien; ab 14 Jahren
* „MeinAllesaufderWelt“; Kollektiv kunststoff; ab 16 Jahren; Wien
* „Jakob im Kleid“; Salzburger Landestheater; ab 10 Jahren; mobile Produktion vor allem als Klassenzimmertheater; offenkundig – wenngleich leider nicht ausgewiesen – offenkundig inspiriert vom Jugendbuch David Williams‘ „Kicker im Kleid“ und dem Bilderbuch „Jo im roten Kleid“. Übrigens war eine Tanztheaterversion des Grazer Mezzanintheaters frei nach diesem Buch von Jens Thiele schon 2017 für einen Stella nominiert.
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„Geboren“ als Missgeschick in der Autofabrik, wurde Fips, die kleine Feuerwehr von den großen Löschfahrzeugen eher geringschätzig belächelt. Eines Tages wurde sie dann doch von einer der Gemeindevorständinnen des Ortes Oberbach gekauft, aber „nur“ als Zugabe zu einem großen Feuerwehrauto. Und so wurde noch immer auf „Fips Feuerwehr“, geschrieben von Michael Engler und gezeichnet von René Amthor, herabgeschaut.
Brannte ein Mistkübel oder war ein Kätzchen zu retten, dann durfte sie ran, aber Großes traute ihr niemand zu. Natürlich haben sich die Macher:innen dieses Bilderbuchs was überlegt, wie das eines Tages anders würde.
Und es wurde. Als dunkle Rauchwolken über dem Ort hingen, weil der Wald in Flammen stand, rückten alle Feuerwehren aus. Der kürzeste und damit schnellste Weg zum Brandort führte über eine kleine, schmale, alte Holzbrücke. Da konnten die dicken, fetten Brummer nicht drüber, aber… genau. Und so wurde Fips, die natürlich auch draufkam, dass sie Wasser aus dem Fluss pumpen könnte, zur Heldin.
Womit das Bilderbuch auch allen Mut machen kann, die sonst als „dafür bist du noch zu klein“ abgekanzelt werden.
Was wäre, wenn wir einen Tag lang den ganzen Mist den wir produzieren, eigentlich meistens „nur“ kaufen – als Verpackung von Lebensmitteln und Konsumgütern, nicht wegwerfen, sondern mit uns rumschleppen müssten? Dieses Gedankenexperiment setzte einst der US-amerikanische Aktivist für eine (klima-)gerechtere Welt Rob Greenfield (so heißt er wirklich!) in eine Aktion um. Er sammelte den Müll eines Monats, reinigte ihn und band ihn sich rund um seinen Körper. Damit wanderte er durch Städte, um die großen Mengen Abfall jeder und jedes Einzelnen innerhalb von 30 Tagen anschaulich zu machen.
Dieses Bild eines Trashman, Trashformer bringt die Tanz-Company Two in One auf die Bühne des Kinder- und Jugendtheaterhauses Dschungel Wien. In „Die Insel“, ausgedacht und inszeniert von Ákos Hargitay tanzt Łukasz Czapski in solch einem Müll-Anzug. Und das schaut ganz arg monströs aus, schränkt ihn auch kräftig in seiner Bewegungsfreiheit ein. Hin und wieder verliert er im Tanz, der fast an eine Art Roboter erinnert, das eine oder andere (gereinigte) Mist-Stück auf der Tanzfläche. Dass diese ausschließlich von seiner Tanzpartnerin Elda Gallo, die nicht so voluminös, sondern „nur“ aus umgeschneiderten Werbeanner gekleidet ist, eingesammelt werden…? Im besten Fall eine kritische Darstellung, dass (noch immer) oft Frauen für die Aufräumarbeiten hinter Männer-Mist zum Einsatz kommen.
Die Tanz-Passage in Re- und Upcyling-Kostümen (Norma Fülöp) ist der zentrale Teil des Stücks, das ansonsten noch so manches an Informationen – und Poetisch-Atmosphärischem (Musik, Klanginstallation: Gammon; Dramaturgie, Assistenz: Michaela Hargitay) umfasst. Da sind vor allem auch die beeindruckenden Foto- und Video-Einblendungen: Vom futzi-winzig kleinen blauen Punkt im großen Universum, der sich beim heran-Zoomen natürlich als unsere Heimat, der Planet Erde, entpuppt bis zu Blicken in ferne Galaxien, oder auf die erschreckende Temperatur-Anstiegs-Grafik. Oder ein Graffiti der berühmtesten Jugendlichen der Welt, Greta Thunberg – zu Zitaten von ihr.
Über Bilder – jene, die zu sehen sind aber auch die, die sich in den Köpfen der Zuschauer:innen ergeben – vermittelt die mehr als ¾-stündige Performance Wissen und Gefühl: Wir sollten dringend achtsam(er) mit der Welt umgehen. Da hätte es das Einleitungs-Video von Mastermind Ákos Hargitay – jedenfalls nicht in dieser Länge – gebraucht. In diesem sinniert er beim Nassrasieren (übrigens in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts in der Öl-Krise wieder populär geworden), dass in den Pandemie-bedingten Lockdowns ein Runterfahren von Vielem wie Fliegen, Verkehr usw. möglich wurde, und … Highlight in diesem Schwarz-Weiß-Video vor Spiegeln, in denen der Protagonist praktisch isoliert mit sich selbst redet ist allerdings die Selbstironie. Durch einen Anruf seiner Frau kommt er drauf, dass er schon Unmengen Wasser vergeudet hat, da er beim Rasieren die Leitung laufen hat lassen 😉
Ergänzt „Fridays for Future“ durch „Everyday for Future“ ist die Botschaft des – streckenweise auf Englisch gespielten Stücks – weitere Aufführungsserie im April 2022.
Vorbei am Heeresgeschichtlichen Museum, weiter am Rande des riesigen Geländes Arsenal liegen die von Art for Art. Bekannt vor allem dafür, dass hier für die Bundestheater Kulissen, Requisiten gebaut, Kostüme geschneidert werden, eben Kunst für (Bühnen-)Kunst angefertigt wird. Hier gibt es auch Proberäume.
In einem solchen fällt beim Besuch einer Probe von „Zoes sonderbare Reise durch die Zeit“ vor allem eine riesiger Kleiderberg im Mittelteil der hohen „Bretter, die die Welt bedeuten“ auf. Davor ein Haufen Kunststoffteile, aufs erste einmal als „Klumpert“. Allerdings nicht ganz versteckt auch ein kunstvoll gestaltetes Objekt, das an eine Sauerstoffflasche für Taucher:innen erinnert.
Nach und nach trudeln Schau- und Figuren-Spieler:innen in den Proberaum, begeben sich auf die hohe Bühne vor der eine laaaaaaaaaaaaange Tischreihe steht, an der Regisseurin, Regie-Assistentin, Übersetzerin – Das Stück ist ursprünglich englisch und in dieser Sprache kommuniziert auch die Britin mit dem Team -, Souffleurin Platz genommen haben.
Aufwärmen ist angesagt. Im Gegensatz zu vielen anderen Theater(gruppen) scheint hier niemand den Ton dafür anzugeben. Das Bühnen-Team lockert Körper(-teile) zwar im Kreis, aber eher selbstbestimmt – natürlich aufeinander eingehend und reagierend. Schließlich geht’s bei einem Stück ja nicht nur daran, dass alle Muskeln gelockert, alle Beine, Arme usw. aufgewärmt sind, sondern der Kopf sich nicht nur als Körperteil entsprechend der Szene dreht und bewegt, sondern Text aus dem Mund kommt und aufeinander reagiert wird, um miteinander agieren zu können…
So, bevor’s nun weiter zu Eindrücken von der Arbeit an Szenen geht, zunächst einmal knappest zusammengefasst, worum sich das Stück dreht. Die Hauptfigur sieht sich 100 Jahre in die Zukunft versetzt, auf eine Insel – voller Plastik. Aus dieser Erfahrung – Lebewesen, die zu einem Großteil aus Kunststoff bestehen – will/muss sie zurück in die Gegenwart, um zu warnen, aufzuklären, zu retten …
Ein Stück mit dringender Aufforderung, ihr dabei zu helfen, sozusagen zu verstärken, was Fridays For Future seit rund drei Jahren, „Plant für the Planet“ seit fast 15 Jahren, Wissenschafter:innen seit Jahrzehnten machen. Nachdem bisher – wie derzeit zu befürchten bei Cop26, der 26. Klimakonferenz der Vereinten Nationen, im schottischen Glasgow, – viel zu wenig getan wurde/wird, um den Planeten als Lebensraum für Menschen und viele Tiere zu bewahren, will auch dieses Stück mithelfen. Dazu mehr im Gespräch mit der Co-Autorin (gemeinsam mit Jimmy Osborne) und Regisseurin Sue Buckmaster – hier unten.
So, jetzt aber, rauf auf die Bühne. Zwischen dem schon oben beschriebenen Kleiderberg – vieles aus Mikroplastikfasern –, den Kunststoffteilen und einer hölzernen Waschmaschine – deren Trommel das Portal für die Zeitreise ist, trifft Zoe (Safira Robens) auf Tupperware (Dorothee Hartinger) und Oil Man (Wolfram Rupperti) – und auf einen Pelikan. Wie und wo der auftaucht – das ist ein Geheimnis, das auf Wunsch nicht nur der Regisseurin noch geheim bleiben soll. Jedenfalls müssen sich die Schauspieler:innen mit dem – von Figurenspieler:innen (Teele Uustani, Maximilian Tröbinger und Stellan Torrn) bewegten großen Vogel „anfreunden“. Ihre Bewegungen mit ihm abstimmen.
Schrittweise nähern sich Robens, Hartinger und Rupperti dem von den jeweils zwei aus drei (Uustani, Tröbinger und Torrn) geführtem, gehaltenem, getragenem Kunststoffwesen an. Ganz zufrieden zeigt sich Buckmaster trotz immer besserer Synchronisierung nicht. „Lassen wir doch einmal den Pelikan weg“, schlägt sie vor, dass Schau- und Figuren-spieler:innen alleine miteinander agieren. „Wir müssen in ein gemeinsames Atmen kommen“, gibt sie dem Sextett auf der Bühne mit auf den (Flug-)Weg. Schritt, Schritt, Schritt, Arme ausbreiten wie Flügel. Immer und immer wieder. Nach einigen Wiederholungen stellt sich der gewünschte Effekt ein: Wie ein fast riesiges gemeinsames Lebewesen bewegen und atmen die Bühnen-Akteur:innen. Und jetzt mit dem Vogel. Juhuuu, es klappt.