Aneinander vorbei statt miteinander reden – mit schlimmen Folgen – „Der freie Fall im luftleeren Raum“ von „Theater Jugendstil“, BEsuch bei einer Probe sowie einer Aufzeichnung kurz vor der Premiere.
Fetzige Musik, zwei fast ausgelassen tanzende Jugendliche. „Hey“ – „Hey“ … alle Gesprächsversuche scheinen beim jeweiligen Gegenüber fast nicht anzukommen, also verlassen Karin und Karim den Disco-, Club-, jedenfalls den Dancefloor, um bald nach der beschriebenen Anfangs-Szene von „Der feie Fall im luftleeren Raum“ doch ins Gespräch zu kommen.
Und doch auch wieder nicht. Irgendwie bestehen die Dialoge aus (scheinbaren) Missverständnissen, Folge von mehr aneinander vorbei als miteinander reden. Oder nicht wirklich zuhören was die/der andere sagt. Oder zwischen das Gehörte von der/dem anderen eine Art Folie aus eigenen Vorurteilen drüberlegen. Vorurteile: Du Muslim, du Westlerin; Ausländer – obwohl hier geboren; Christ(in) obwohl nicht getauft. Irgendwie auch Mann und Frau samt Anmache/Annäherung und Knistern und dann wieder wechselseitigem Abstoßen. Und natürlich sorgen Missverständnisse und nicht immer ankommende Wortspiele und -witze auch immer wieder für Lacher, weshalb Theaterleute sie auch gerne schreiben oder spielen.
Das genannte Stück ist der jüngste „Streich“ von „Theater Jugendstil“, das Jahr für Jahr (brisante) Jugendthemen in kompakte Stücke, meist mit Musik, packt, di von jungen Schauspieler:innen vor allem in Vorstellungen für Schul(klass)en in Niederösterreich und Wien gezeigt werden. „Haus“-Autor Raoul Biltgen hat in diesem Fall sein eigenes „Jugendstil“-Stück von vor fünf Jahren „Der freie Fall“ überarbeitet, mit Anspielunngen, die sich später auch als Vorurteil erweisen, auf den Terroranschlag vom 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt – die Gruppe es sehr neu inszeniert. Aus den damals im Weltall fliegenden Supergirl und Superman wurden zwei Jugendliche auf der Erde, die in Videos offensichtlich, in Gesprächen in ihrer beider Leben ziemlich „schwimmen“, mitunter auch fallen, jedenfalls nicht immer sozusagen festen Boden unter den Beinen haben. Was besonders in eingespielten Videos augenscheinlich werden wird.
Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … durfte wieder einmal in einer späten Probenphase in ausgebauten Kellerräumlichkeiten in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus und wenige Stunden vor der Premiere im Theater Akzent bei einer Film-aufzeichnung zuschauen, wie Hisham Morscher wieder in die diesmal veränderte Rolle Karims schlüpft. Karin wird von einer anderen Schauspielerin zum Leben erweckt, von Anna Zöch. Sowohl die Annäherungsversuche, die Energie, die dabei im Raum schwebt, als auch die Unsicherheiten in Sachen eigener Persönlichkeit sind beim Probenbesuch gut zu spüren.
Die beiden spielen aber auch sämtliche Nebenrollen – Verwandte und Freund:innen der jeweiligen Haupfiguren sowie in voraufgezeichneten Videos auch Nachrichtensprecher:innen. Regie führt erneut Christian Himmelbauer.
Die neue Version wird allerdings gegen Ende recht heftig – wie auch einige der Szenenfotos zeigen. Beide fallen in Schienen gegensätzlicher gewalttätiger Extremismen: Ausländerfeindlichkeit contra Dschihadismus. Der Übergang dazu ist (noch?) nicht gut nachvollziehbar, wirkt zu abrupt und weit hergeholt. Aber die Premiere ist ja erst in einem Monat.
Bericht über die alte „Freier-Fall“-Version – damals noch im Kinder-KURIER
Überarbeitung und Neu-Inszenierung des Stücks „Der freie Fall“ (aus 2017), auch von „Theater Jugendstil“
Autor: Raoul Biltgen
Es spielen:
Karin – und Nebenrollen: Anna Zöch
Karim – und Nebenrollen: Hisham Morscher
Regie: Christian Himmelbauer
Wien
20. Mai 2022; 10 Uhr
Theater Akzent: 1040 Wien, Theresianumgasse 18
Tickethotline 01 501 65-3306
Niederösterreich
St. Pölten
23. Mail 2022; 9 und 11 Uhr
Frei:Raum: 3100 St. Pölten, Herzogenburger Straße 12
Bruck an der Leitha
25. Mai 2022; 9 und 11 Uhr
Stadttheater: 2460, Raffeisengürtel 43
Kartenreservierungen:
Telefon: 0660 313 94 92 bzw.
verein.jugendstil@gmx.at