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Szenenfoto aus "Das Dschungelbuch" in der Volksoper Wien
Szenenfoto aus "Das Dschungelbuch" in der Volksoper Wien
30.05.2021

Wie zu Weihnachten vor und bei der Bescherung: Dschungelbuch in der Volksoper

Matinee Sonntagvormittag: Das Publikum konnte es kaum erwarten und ging enthusiastisch mit, als Schauspieler*innen, Sänger*innen und Musiker*innen dieses halbszenische Musical-Version nach Disneys Klassiker spielten.

Aufgekratzte Freude im Publikum. Irgendwie ein bisschen wie zu Weihnachten vor der Bescherung. Das Orchester spielt im Graben vor der Bühne schon einige der Leitmotive. Auf der Bühne die Projektion einer Mauer, dahinter ein altes herrschaftliches Haus umwuchert von Bäumen und Grünpflanzen. Auf der Mauer im Graffiti-Style der grellbunte, leicht verschnörkelte Schriftzug „Dschungelbuch“ (Projektionen: Andreas Ivancsics)

Schon bevor’s losgeht, zaubern die Musiker*innen den Urwald und seine tierischen Bewohner*innen auf die leere Bühne vor der Projektion, die sozusagen den Stadt-Dschungel mit meint. Und die Zuschauer*innen – ob Kinder oder Erwachsene – wirken freudig erregt und befreit: Eeeeendlich wieder im Theater. Der Hauch der Normalität lässt sich nicht einmal durch natürlich viele frei bleiben müssende Sitze oder die festsitzenden (FFP2-)Masken trüben.

Das zieht sich auch durch die folgende Stunde, in der das Orchester der Volksoper den Original-Soundtrack zu Disneys Film (1967) über das Menschenkind Mogli, das von Wölfen aufgezogen und zum Spielgefährten vor allem des Bären Balu aber auch gut Freund mit Panther Baghira oder den Elefanten wird.

In einer halbszenischen Version flutscht die Geschichte flott und amüsant über die Bühne – durchgeleitet von Baghira als Art tänzelnder Show-Moderator (Christian Graf). Juliette Khalil gibt einen verspielten, aber doch nachdenklichen Mogli – aufgrund mehrfacher Enttäuschungen durch vermeintliche Freunde und lässt fast ein Kind auf der Bühne vermuten.

Das sozusagen nach der monatelangen Zwangspause losgelassene Publikum wirkt immer wieder auch ausgelassen. Tosender Applaus bei DEM Hit des Musicals „probier’s doch mit Gemütlichkeit“, das Bär Balu (Maximilian Klakow) anstimmt. Und von dem sich am Ende sogar Panther Baghira anstecken lässt.

Ein Highlight der Ausstattung die Elefantenrüssel aus von der Schulter ausgehenden grau gestrichenen ziehharmonika-artigen Schläuchen. Apropos Elefanten (drei Darsteller – Christian Drescher, Gernot Kranner und Daniel Ohlenschläger) spielen auch Geier und Affen. Ein vierter Elefant (Ferdinand Austerer) spielt Junior, den Babyelefanten. Und der kommt in einer Szene genau in seiner Abstands-Funktion zu Baghira zum Einsatz. Letzterer wiederum antwortet auf den versuchten Handschlag des Oberelefanten General Hathi (Wolfgang Gratschmaier, der auch einen der vier clownesken, punkigen Geier spielt) mit gefalteten Händen und tiefer Verbeugung in der Art asiatischer Begrüßungen.

Bleiben noch der eher auch zur Gemütlich-, statt zur Bösartigkeit neigende Ober-Affe, King Louie (Jakob Semotan), die hypnotisierende Schlange Kaa (Martina Dorak) mit einer – ebenfalls ein Lob an die Ausstattung – grün-blinkender Herzen in der Hypno-Brille sowie das Mädchen Shanti (Elisabeth Schwarz), von dessen Gesang sich Mogli verzaubern lässt. Ein bisschen wirkt nur die Szene des Wasserschöpfens – in dem Fall fiktiv aus dem Orchestergraben – wie aus dem Gesamtkonzept fallend. Stehen doch an den wechselnden eingeblendeten Mauern dahinter auch Hydranten.

Tiger Shir Khan, der Mogli nach dem Leben trachtet, kommt nur Video-einspielungsmäßig, dafür mit heftigem Gebrüll (Stefan Cerny) zu „Wort“ – wurde dafür aber noch nach der Vorstellung von vielen angehimmelt.

Diese Vorstellung Sonntagvormittag sowie auch alle anderen Besuche verschiedenster Theater in den Tagen seit der Öffnung – sowie Berichte aus anderen Spielstätten zeigen: Die Befürchtung, nach der Öffnung könnte Publikum aus Ansteckungs-Angst oder Entwöhnung ausbleiben, ist hinfällig. Es ist fast ein Gieren nach dem analogen Live-Erlebnis und der Energie zwischen Bühne und Publikum samt gegenseitiger Aufschaukelung zu spüren.

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Trailer der Volksoper zu „Das Dschungelbuch)
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Das Dschungelbuch

Junge Volksoper
Text und Musik von Richard M. Sherman, Robert B. Sherman, Terry Gilkyson und Georg Bruns
Dialogfassung für die Volksoper eingerichtet von Florian Hurler und Christoph Wagner-Trenkwitz

Dirigent: Lorenz C. Aichner
Musiker*innen: Orchester der Volksoper

Szenische Einrichtung, Kostüme und Choreographie: Florian Hurler

Erzähler / Baghira, schwarzer Panther: Christian Graf
Mogli: Juliette Khalil
Oberst Hathi, Elefant / Geier: Wolfgang Gratschmaier
Junior, Babyelefant: Ferdinand Austerer
Balu, Bär: Maximilian Klakow
King Louie, Orang-Utan: Jakob Semotan
Kaa, Schlange: Martina Dorak
Elefanten / Affen / Geier: Christian Drescher, Gernot Kranner, Daniel Ohlenschläger
Shanti, ein Mädchen: Elisabeth Schwarz

Stimme von Shir Khan: Stefan Cerny

Projektionen: Andreas Ivancsics

Wann & wo?

6., 13. und 27. Juni 2021
Volksoper: 1090, Währinger Straße 78
Telefon: 01514 44-3670

volksoper.at -> Das Dschungelbuch