Theaterclub 2 der „Burg“ entwickelte „Sovieldazu“ mit Kritik an herr-schenden Verhältnissen, Umgang mit Wut und Verwandlungen.
Vor dem Vestibül des Burgtheaters an der Wiener Ringstraße warten zwei Teilnehmerinnen eines anderen Theaterclubs auf das Publikum und bitten die Zuschauer:innen, kleine Zettel mit Wünschen auszufüllen. Die landen in einer druchsichtigen Box. „Und werden im Rahmen der Aufführung „Sovieldazu“ des Theaterclubs 2 eine gewisse Rolle spielen.“
Die jungen Darsteller:innen stehen in der Mitte der Bühnen – Publikum sitzt ausnahmsweise nicht nur auf der Tribüne, sondern auch an den drei Wänden – im Pulk. Wie eine Mauer umschließen sie einen Großgewachsenen. Alle in grauen Anzügen – und mit eingefrorenem breiten Grinser auf den geöffneten Lippen, die den Blick auf die Zähen freigeben. So verharren sie laaaaange, bis endlich die / der letzte Publikumssitz belegt ist. Hernach tönt aus Lautsprechern eine kurze Ansage – der Kurzbeschreibung des Kommenden wie sie auf der Homepage des Burgtheaters schon zu lesen ist: „Das ist eine wahre Geschichte. Die dargestellten Geschehnisse ereignen sich so jeden Tag und überall. Die Namen wurden geändert. Der Rest wird genauso erzählt, wie er sich zuträgt. So viel dazu …“
Natürlich löst sich nach Beginn die Gruppe bald auf, nach und nach entledigen sich die Spieler:innen auch ihrer Sakkos, teils auch der grauen Hosen und verwandeln sich in höchst unterschiedliche, individuelle Figuren. Leider erst im Publikumsgespräch danach ist zu erfahren, dass sie dabei und dafür Anleihe bei Ovids „Metamorphosen“ mit seinen Sagen aus der griechischen und römischen Mythologie genommen haben, jede und jeder eine andere der Gottheiten verkörpert.
Wie auch immer, selbst ohne dieses Wissen funktioniert vor allem das, was sie selbst in einem halbjährlichen einmal wöchentlichen Prozess an Texten und Szenen (Regie/Leitung: Gunther Eckes & Thelma Rán Guðbjargardóttir ) erarbeitet haben: Kritik an herr-schenden Verhältnissen – im Großen und im sogenannt Kleinen. Anastasiia Yatsenko, Antonia Brandl, Claire Diefenbach, Clara Frische, Claudia Hagenauer, Hannah Gudella, Julian Greilhuber, Julie Ramharter, Leona Wasserscheid, Marie Stonek, Neda Naydenova, Paula Heiplik sowie Regie-Assistentin Amelie Prosser, die für die erkrankte Theaterclub-Teilnehmerin und damit Mitautorin Carolin Wotschke kurzfristig einspringt, vor allem macho-mäßige, patriarchale Alltagsbegebenheiten aufs Korn. Nicht selten auch mit Ironie und Witz. Hin und wieder allerdings mit Szenen aus der (Ur-)Großelterngeneration der jungen Darsteller:innen.
Nicht selten auch mit Ironie und Witz. Hin und wieder allerdings mit Szenen aus der (Ur-)Großelterngeneration der jungen Darsteller:innen. Vor allem aber spielen die Darsteller:innen sehr rhythmisch, immer wieder zack-zack-Schnitt, sicher länger als TikTok-Schnipsel, aber doch sehr oft im Tempo von Online-Videos – und wisch die nächste Szene…
Humor sei ihnen allen sehr wichtig gewesen, betonen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen im besagten Publikumsgespräch. Was auch in dem dichten, abwechslungsreichen, mal klassisch, mal experimentellen Schauspiel deutlich zu erleben war / ist. Und der Umgang mit Wut – ausleben, verhalten, runterschlucken, „zivilisiert“ umformen…?!
Übrigens auch die Musik entstand im Theaterclub – von Daniel Willinger und Moritz Schauer. Die Kostüme steuerte eine Mitarbeiterin des Burgtheaters, Hannah Körber, zum Teil aus dem Fundus, zum Teil speziell dafür angefertigt, bei.
Ach ja, die Wunschzettel des Publikums? Nun, da dieser Bericht schon nach der letzten der wenigen Vorstellungen dieses Theaterklubs on air geht, darf es schon verraten werden: Die werden gegen Ende der Aufführung fast rituell im Kreis aller Darsteller:innen von diesen mit Blickrichtung auf die Zuschauer:innen – zerrissen, ohne sie gelesen zu haben. Das sitzt.
Burgtheater Theaterclub 2; ca. eine Stunde
Regie/Leitung: Gunther Eckes & Thelma Rán Guðbjargardóttir
Autor:innen und Darsteller:innen
Anastasiia Yatsenko, Antonia Brandl, (Carolin Wotschke – fiel krankheitsbedingt aus, wurde bei der Performance von Amelie Prosser vertreten), Claire Diefenbach, Clara Frische, Claudia Hagenauer, Hannah Gudella, Julian Greilhuber, Julie Ramharter, Leona Wasserscheid, Marie Stonek, Neda Naydenova, Paula Heiplik
Assistenz: Amelie Prosser
Stimme: Alica Tröger, Shirin Dane Agha
Musik: Daniel Willinger, Moritz Schauer
Kostüm: Hannah Körber
burgtheater -> sovieldazu
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