„In Grund und Boden – eine hundsgemeine Mitbestimmungskomödie“ beim Wiener Kultursommer über Hungerrevolten, Landreformen und Umgang mit der Natur – in Wien, Mexiko und der ganzen Welt.
Gut, ein bisserl viel hat Autor Robert Sommer, jahrzehntelanger Journalist und u.a. Mitbegründer der Straßenzeitung „Augustin“, hinein gepackt in seinen Bühnentext „In Grund und Boden“. Aber neben dem fundierten, allumfassenden Manifest für leistbares Wohnen für alle, rücksichtsvollen Umgang mit der Natur und Gemeinsam statt Gegeneinander, steckt in dem Text auch viel Humorvolles.
Allen voran gilt das für die Figur des Wiener Wohnbaustadtrates Michi Leiwaundowski. Der kabarettistisch angelegt – und auch so von Christoph F. Krutzler gespielte sozialdemokratische Funktionär kippt eher sogar ins Positive, orientiert sich an der sozialen Wohnbau-Offensive der Zwischenkriegszeit. Sein Herz schlägt für eine mexikanische Anhängerin der Zapatistas, gespielt von May Garzon. Und die Landreform (Ayala), die unter Führung von Emiliano Zapata in Mexiko am Beginn des vorigen Jahrhunderts vor allem in Chiapas in einigen Regionen gemeinschaftliches Dorfeigentum erreichte. Aber auch demokratische Selbstverwaltung, Gleichberechtigung von Frauen und Männern usw.
Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass in wenigen Wochen eine Abordnung von Zapatistas auch nach Österreich kommen wird. Die Vorhut ist schon in Spanien gelandet – der Besuch findet 500 Jahre nach der Eroberung Mexikos durch die Spanier samt Zerstörung von Tenochtitlán (Mexico-Stadt) statt. Europa wird von der Delegation übrigens Slumil K’ajxemk’op (Land der Unbeugsamen, Unverzagten und Unnachgiebigen) genannt (in Batz’il K’op, der Sprache der Maya-Zeltal).
Als Kontrapartner schlüpft Hanna Binder in die Rolle einer, der einzigen, realen Figur des Abends, die von Henning Conle. WTF ist das? Kaum wer kennt den Namen, ihn selber noch weniger. Eigentümer von mindestens 10.000 Wohnungen in Deutschland, Immobilienhai, Käufer der vormals gemeinschaftlichen Dachgärten in London-Kensington… Und Großspender für die rechtsextreme AfD. Hier im Spiel will er den Karl-Marx-Hof umbenennen lassen – und bietet dafür sich ständig steigernde „Sümmchen“ – „jeder ist käuflich, es liegt nur am Betrag!“, ist sein Motto.
Als quasi U-Boot im Umfeld des Wohnbaustadtrates hat er einen jungen Karrieristen, „Wölfle (Felix Stichmann gibt ihn).
So weit der Plot der szenischen Lesung, die im Untertitel „hundsgemeine Mitbestimmungskomödie“ heißt. Was sich nicht ganz leicht gestaltete, da die Bereitschaft, Angebote von der Bühne zur Mitbestimmung, beim Publikum nur seeeehr schleppend angenommen wurden. Immerhin fand sich eine Mehrheit jener, die sich beteiligten, dafür, den Karl-Marx-Hof doch nicht umzubenennen. Auch wenn der Schla-Wiener Stadtrat schon die Variante ersonnen hatte, Conles Geld zu nehmen und den Paradebau des Roten Wien halt in Koal-Marx-Hof umzunennen 😉
Eine hundsgemeine Mitbestimmungskomödie
Autor: Robert Sommer
Es spielen:
Wohnbaustadtrat Michael Leiwandoski: Christoph F. Krutzler
Mexikanische Zapatistas-Sympathisantin: May Garzon
Henning Conle, Immobilienhai: Hanna Binder
Ihr Helfer Wölfle: Felix Stichmann
31. Juli 2021
20 Uhr
1160, Kongresspark
kultursommerwien -> In Grund und Boden
1 August 2021
18.30 Uhr
1230, Erlaaer Schleife
kultursommerwien -> In Grund und Boden