Interview mit einem Mathe- und Science-Lehrer mit Zusatz-Qualifikation Jugendliche mit speziellen Bedürfnissen zu unterstützen in einer irischen öffentlichen Schule.
Kevin Thompson, ist Lehrer für Mathematik und Science an einer öffentlichen Schule der Sekundarstufe (12- bis 18-Jährige) im irischen Portarlington, Irland. „Außerdem hab ich eine Zusatzqualifikation in „Special Education“, damit kann ich Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Bereichen unterstützen – ob beim Lesen und Schreiben, beim Rechnen oder wenn’s um Defizite im sozialen oder emotionalen Bereichen geht.“
KiJuKU: Das heißt, in Irland wird inklusiv unterrichtet und ist das generell so?
Kevin Thompson: In Irland hängt das davon ab, wie eine Schule entscheidet, dass sie dies handhaben will.
KiJuKU: Jede Schule entscheidet das eigenständig, ganz unterschiedlich?
Kevin Thompson: Es gibt schon gesamtstaatliche Richtlinien dafür, aber es soll flexibel auf die Bedürfnisse von Kindern und deren Eltern eingegangen werden.
Ich habe Zusatzdiplome, die mir erlauben inklusiv zu unterrichten. So kann ich Barrieren abbauen und die betreffenden Schüler:innen in der gemeinsamen Klasse betreuen mit ihren Peers, ihren Kolleg:innen, statt sie aus der Klasse rausnehmen zu müssen.
KiJuKU: Aber Schulen können entscheiden, dass sie nicht inklusiv unterrichten wollen?
Kevin Thompson: Ja, und auch wir entscheiden manches Mal so, einzelne Schüler:innen fallweise aus der Klasse zu nehmen und individuell extra zu betreuen.
KiJuKU: Aber es gibt keine Sonderschulen, oder?
Kevin Thompson: Wir haben eine starke Zunahme von Schüler:innen mit Autismus, die eine unterschiedliche, differenzierte Betreuung brauchen. Eine Reihe von Eltern sagen, für ihre Kinder sei es besser sie separiert zu unterrichten und nicht in großen Klassenverbänden. Dort würden sie die ganze Zeit weinen, im anderen Fall gehen sie glücklich in ihre eigenen Schulen. Andere sagen, das sei nicht gut, das wäre Ghettoisierung, Segregation… Es gibt keine Übereinstimmung, was der beste Weg ist.
Aber ich denke, die Wünsche der Eltern müssen genauso berücksichtigt werden. Solange es eine Wahlmöglichkeit gibt, solange wir mit den Schülerinnen und Schülern reden und mit deren Eltern und ihnen ermöglichen, sich den für sie besten Weg auszusuchen, ist es gut und besser als früher, als die Schule die Entscheidungen getroffen hat.
KiJuKU: Sie haben sich erst später, während des Lehrerdaseins entschieden, sich auch in Sachen Inklusion weiterzubilden oder waren schon von Anfang an darauf ausgerichtet?
Kevin Thompson: Zuerst hab ich ein Chemie-Studium abgeschlossen, irgendwann einmal wollte ich nicht mehr in Labors arbeiten. So ging ich zurück an die Uni, machte meine pädagogische Ausbildung und unterrichtete Chemie und Science ein Jahr lang in London. Ich mochte das, aber dann ging ich in die USA, Jahre lang arbeitete ich in einer Spezialschule für Kinder und Jugendliche mit großen Verhaltensauffälligkeiten, darunter vielen Traumata nach körperlichem und sexuellem Missbrauch.
Möglicherweise war es falsch, diese Kinder zu separieren, aber die hatten so große, umfassende Bedürfnisse, dass sie nicht in regulären Klassen sein hätten können. So arbeitete ich letztlich insgesamt 14 Jahre in den USA
mit Kindern und Jugendlichen in Spezialeinrichtungen – zuerst zehn Jahre in Massachusetts in der Nähe von Boston und dann in Portland im US-Bundesstaat Oregon.
KiJuKU: Was hat Sie dann nach Irland gebracht?
Kevin Thompson: Nach 14 Jahren USA – ich bin mittlerweile US-Bürger – wollte ich zurück zu meiner Familie und meinen Freunden. Und so begann ich in einer irischen öffentlichen Schule zu arbeiten. Das hatte ich zuvor nie gemacht. Das mache ich seit zwei Jahren und ich genieße das wirklich – ich mag den inklusiven Ansatz und Zugang.
KiJuKU: Was hat Ihnen bisher dieses internationale Seminar gebracht?
Kevin Thompson: Es ist ein spannendes Programm, wir waren in queeren Jugendzentren, wir haben eine Stadttour mit einem ehemaligen Obdachlosen, einem anarchistisch gesinnten Mann, gemacht.
Ich finde ja, der grundlegende Punkt von Inklusion ist, auf die Stimmen der unterschiedlichsten Menschen zu hören, die Sichtweisen der „kleinen Leute“ wahrzunehmen. Wenn du Minderheiten egal ob Gender, sexuelle Orientierung, Menschen, die nicht in die große Box passen, sicher leben lässt, so dass sie sich sicher fühlen können, dann machst du alle anderen auch sicher.
Besser als spezielle Behandlungen ist es, die gemeinsame Klasse in den Vordergrund zu rücken. Es geht darum, die verschiedenen Perspektiven in unsere Klassen zu integrieren. Dafür ist es oft notwendig, dass die Pädagogik „out-of-the-box“ denkt und handelt.
KiJuKU: Go raibh míle maith agat (Tausend Dank)
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