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Szenenfoto aus dem Kinofilm "Happy"
Szenenfoto aus dem Kinofilm "Happy"
24.07.2025

„Unsichtbaren“ ein Gesicht samt Leben gegeben

Im Kinofilm „Happy“ portraitiert Sandeep Kumar stellvertretend für viele rechtlose und doch systemrelevante Arbeitskräfte einen Mann, der fast rund um die Uhr arbeitet, um seiner Tochter ein glückliches Leben zu ermöglichen.

Im Film „Happy“ macht der Regisseur stellvertretend für Tausende Menschen, deren Arbeit die Gesellschaft in Anspruch nimmt, sie aber nicht beachtet, einen von ihnen sichtbar. Er, der wie viele andere in Österreich Zuflucht gefunden hat, aber weder Asylstatus noch einen anderen Aufenthaltstitel bekommen hat, schwebt in einer rechtlichen Grauzone.

Rechtlos

„Happy“, so sein Name, stammt aus Indien, steht kurz vor der Abschiebung wie auch viele seiner Landsleute. Hält sich erst mit als Kolporteur mit dem Verkauf der großen Tageszeitungen und später als Essenszusteller für ein indisches Restaurant über Wasser. Kann überall ausgenutzt werden. Er kann sich ja nicht wehren, wo soll er hin. Sieht er Polizisten, traut er sich nicht einmal die Straße zu überqueren oder biegt, wenn mit dem Moped bei der Essenslieferung unterwegs, schnell ab. Als sein Moped während der Zustellung von Unbekannten über den Haufen gefahren wird – dasselbe. Da rennt er zu Fuß quer durch die Stadt.

Szenenfoto aus dem Kinofilm
Szenenfoto aus dem Kinofilm „Happy“

Realitätsnah, berührend, doch nie sentimental

So tragisch sein – und vieler anderer – Schicksal ist, der Film von Sandeep Kumar, der selbst vor mehr als zwei Jahrzehnten aus Indien nach Österreich kam – kommt nie anklagend, nie pathetisch, nie tränendrüsen-drückend daher. Er stellt diesen Mann und seinen Kampf ums (Über-)Leben plastisch, realitätsnah so dar, dass Happy stellvertretend für die vielen „Unsichtbaren“ als das wahrgenommen werden kann, was er ist: Ein Mensch wie alle anderen auch mit Träumen, Wünschen, Zielen und nicht einen namenlosen maschinen-ähnlichen Sklaven.

Szenenfoto aus dem Kinofilm
Wunschtraum der Tochter erfüllt: Urlaubstage in Tirol

Tochter

Und Happy rückt vor allem die Beziehung von Happy zu seiner österreichischen Tochter Maya ins Zentrum. Auch wenn er diese nur selten treffen darf, ist sie es, die ihm die Kraft gibt, den ganzen Überlebenskampf auf sich zu nehmen. Um ihren Herzenswunsch zu erfüllen, macht er sogar eine Reise nach Tirol – wo übrigens viel Bollywood-Filme spielen – möglich. Bei der Fahrt mit der schier anachronistischen Zillertalbahn schweben sie in einer aus der Zeit gefallenen Art Traumwelt.

Während Sahidur Rahaman, der Happy verkörpert, ein Top-Filmschauspieler aus Indien ist – einer von den ganz wenigen unter Tausenden Bewerber:innen der wichtigsten (Film-)Schauspielschule, ist seine Filmtochter Maya eine absolute Newcomerin: Shirin Grace Saeedi Razavi stand mit 12 zum ersten Mal vor der Kamera.

In der achten Woche in der „Happy“ in Kinos lief, fand in einem der Säle im Votiv-Kino noch einmal eine Vorführung mit anschließendem Filmgespräch – mit Regisseur und zwei Darsteller:innen statt – dem unguten Beamten Paschner, der Happys Aufenthalts-Akt ignorant bearbeitet – und den er noch einmal trifft, weil der Essen bestellt hat, das ihm der Fahrer liefert, gespielt von Robert Ritter. Eine sehr bewegende Szene, denn Paschner scheint den Fahrer gar nicht zu erkennen – oder will es in dieser Situation gar nicht. Happy sieht ein Foto des Mannes mit dessen Tochter, spricht es an und der Beamte wird traurig, weil er nach der Trennung von deren Mutter das Mädchen praktisch nie sehen kann…

Mit im Kino: Die sehr beeindruckende Maya-Darstellerin, die damals 12-jährige Shirin Grace Saeedi Razavi.

Szenenfoto aus dem Kinofilm
Szenenfoto aus dem Kinofilm „Happy“; rechts: Roland Düringer als Gebrauchtwagen- und -Moped-Händler

Lange im Kopf

Für den Film hatte der Regisseur und Drehbuch-Autor, der die Idee zu diesem Film seit ungefähr 12 Jahren im Kopf hatte, unter anderem einen jener beiden Schauspieler gewonnen, „die ich immer schon einmal in einem meiner Filme wollte“, Roland Düringer; „der andere ist Robert De Niro, aber der muss noch warten ;)“

Düringer spielt einen windigen, „schlawinernden“ Gebraucht-KFZ-Händler, bei dem Happy sein Moped ersteht. Lilian Klebow spielt eine engagierte Sozialarbeiterin und Flüchtlingshelferin namens Karoline.

Symbolisches Spiel

Bei den seltenen, berührend-bewegenden Begegnungen von Vater und Tochter spielt ein traditionelles indisches Spiel mit sieben Steinen eine große Rolle: Pittu. Dabei müssen die ungleichen Steine zu einem Turm aufgebaut werden, der meist ziemlich wackelig ist. Den gilt es gegenseitig umzuwerfen und schnellstmöglich wieder aufzubauen.

Sandeep Kumar seiht dieses Spiel stellvertretend für Happys und aller anderen „grauen Existenzen“: Aufbau, Zusammenbruch, wieder Aufbau – und immer sehr wackelig, von neuen Einstürzen bedroht.

kijuku_heinz

Interview mit der jungen Darstellerin der Maya hier unten

Gespräch mit Kumar über seinen Film „Ohne Bekenntnis“ <- damals noch im Kinder-KURIER

Über den Film „Ohne Bekenntnis“ <- ebenfalls im KiKu

Über Kumars Austro-Bollywood-Film Servus Ishq <- ebenfalls noch im KiKu

Über Kumars Film Mehrunisa <- auch im KiKu

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Happy

Kinofilm; 110 Minuten
Deutsch, Hindi, Punjabi – diese beiden Sprachen Deutsch untertitelt

Buch und Regie: Sandeep Kumar

Happy: Sahidur Rahaman
Karoline: Lilian Klebow
Mike: Roland Düringer
Paschner: Robert Ritter
Dana: Gisela Salcher
Ranjeet Singh: Adam Sandhu
Maya: Shirin Grace Saeedi Razavi
Kamera: Christian Haake

Schnitt: Claudia Linzer
Produktion: Sandeep Kumar, Gabriele Gruber

happy

sandeepkumarfilms.at/de