Achter und letzter Teil über die Top-Projekte – einschließlich der Goldenen Nica – bei „U 19 – Create Your World“ beim Prix Ars Electronica.
Was wie ein Computer-Kriegsspiel beginnt, teilweise untermalt mit Beethovens Mondscheinsonate, ist ein dichtes, beklemmendes Video-Statement zwei Jugendlicher über die Brutalität und Sinnlosigkeit von Kriegen. Für „Totennebel“ bekamen Gabriel Berger und Valerian Hobel aus der HTL Rennweg (Wien) eine der Anerkennungen bei den Young Professionals, der Ältesten in der Jugendkategorie U 19 -Create Your World beim Prix Ars Electronica.
Obwohl es wohl kaum einen Tag gab, in dem nicht irgendwo auf der Welt Kriege geführt worden sind, drangen sie in den vergangenen dreieinhalb Jahren – Stichworte Ukraine und Nahost – auch wieder stärker ins Wahrnehmungsfeld in (Mittel-)Europa.
Und doch führt auch massive mediale Berichterstattung immer wieder zu Erscheinungen wie „Entmenschlichung von Kriegsopfern. Sie werden zu Zahlen oder zu Funktionen. Das ist die Thematik der Animation Totennebel“, heißt es in der Kurzbeschreibung des knapp mehr als einminütigen Videos.
„Das Maschinengewehr rattert vor sich hin auf ein Ziel, das man nicht sehen kann. Ebenso aus dem Nichts kommt plötzlich die Explosion, die alles auflöst, ohne Rücksicht auf persönliche Geschichten oder individuelle Perspektive. Der Stacheldraht rankt sich in den Schützengraben und lenkt die Gewehre der Soldaten, macht sie zu Marionetten ohne eigenen Willen“, meinte die Jury unter anderem in ihrer Begründung für den Preis an das kreative Duo, das hohe Professionalität in seiner digitalen Kunst zeigt.
Sind Memes, die beliebten, meist witzigen kurzen Videos, die sich im Internet rasch verbreiten oder wie das im einschlägigen Sprech heißt „viral gehen“ nur „Brainrot“ (Gehirnfäule)? Dieser Frage widmen die beiden Schüler der HTL Wels Fischergasse, Ivan Pejić und Lukas Šokić einen informativen, interessanten und entsprechend dem Thema passend humorvollen 12-minütigen Podcast.
Wer nicht weiß, was Memes sind, findet hier leicht verständliche Antworten. Aber auch wer wissen mag, wie sie funktionieren. Was ein Meme braucht, um durch die Decke zu gehen, wie sie auch zu Geld gemacht werden können… – und so manche Beispiele vor allem über Ein-Wort-Memes – und das alles voller Sachinformationen und doch immer wieder mit sozusagen hörbarem Augenzwinkern. Voll authentisch in Jugendsprache und doch wieder sich selbst ein wenig auf die Schaufel nehmend.
„Nur Spaß oder schmelzen sie langsam unser Gehirn?“ stellen sie als Frage einander und an ihre Hörer:innen, warnen vor Gefahren durch Verstärkung von Vorurteilen mit dem Turbo Witz, diskutieren, wie sich KI (Künstliche Intelligenz) oder VR (Virtual Reality) auf die Entwicklung von Memes auswirken könn(t)en…
Zu guter Letzt darf natürlich die Vorstellung des Projekts, das mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde, nicht fehlen. Wie in den Erwachsenen-Kategorien „New Animation Art“, „Artificial Life & Intelligence“, „Digital Musics & Sound Art“ wird auch die – der Jury (Vivian Bausch, Clara Donat, Jan G. Grünwald, Katharina Hof und Conny Lee) zufolge beste der 520 Einreichungen mit der Statue einer Goldenen Nica – nach der griechischen Siegesgöttin Nike und der im Pariser Museum Louvre ausgestellten Skulptur ohne Kopf, dafür mit Flügeln nachempfunden – samt Geldpreis ausgezeichnet.
Schon mit dem Titel ihres 13¾-minütigen Videos versprühen Aleksa Jović und Nico Pflügler, die im Vorjahr „Gilbert Gnos Productions“ gründeten und dies auch zum Untertitel ihrer Filme mach(t)en, den schrägen Humor, der zwar nicht immer das Video, aber jedenfalls ihre Intention durchzieht: „Das Ziegenkäsemachen aus der Sicht der Ziege“.
Für den Katalog, die Ausstellung und die Website liest sich die Beschreibung entsprechend: „Nichts beginnt. Nichts endet. Alles fault. Das Ziegenkäsemachen aus der Sicht der Ziege ist kein Film, sondern eine Zumutung, eine letzte Zuckung des Mediums. Eine reglose letzte Ejakulation. Ein leises Stöhnen aus der Kehle eines Wesens, das vergessen hat, warum es je geatmet hat.“
Einem der Protagonisten im Film „wächst“ ein Ziegeneuter, aus dessen milchiger Flüssigkeit vielleicht Käse zubereitet werden könnte, Oberflächen lösen sich auf … Schräg, teilweise jenseitig, pubertär, unerklärlich, ja ratlos mag das Video auf Betrachter:innen wirken – übrigens erst ab 16, weshalb es in der Ausstellung hinter schwarzen Filzvorhängen gezeigt wurde. Und mit so manchem Filmzitat.
Und so sagten die beiden Gewinnern bei der Preisverleihung auch: „Die Hauptinspiration war der grandiose griechische Regisseur Girogos Lanthimos, der das Mainstream-Kino komplett aufrüttelt mit Filmen, die objektiv wirklich furchtbar sind. 2024 hat er „Kinds of Kindness“ rausgebracht, einen (fast) dreistündigen Film, der über gar nichts geht. Wir haben ihn uns gemeinsam angeschaut und danach gesagt: Unglaublich, dass so etwas existieren kann… das ist wunderbar.
Wir wollten unseren Film halt so machen, dass er dir vorsetzt, was du sowieso schon konsumierst, und das auf die Spitze treibt. Dass du, dass jeder Einzelne von euch so viel Schwachsinn konsumiert, so viel Dreck überall zu sehen ist, dass er selbst den Film „Das Ziegenkäsemachen aus der Sicht der Ziege“ konsumieren wird und sich bitte Gedanken macht, was dieser Film bedeutet.“
Damit bringt das Filmer-Duo in erdigeren Worten auf den Punkt, was sie in ihrer Beschreibung hochgestochener so formulierten: „Was hier gezeigt wird, ist nicht absurd, weil es sich der Logik widersetzt. Es ist absurd, weil es die Logik zu Ende denkt. Dieser Film legt das letzte Stadium einer Kultur offen, die nicht mehr zwischen Nahrung und Abfall unterscheiden kann, nicht mehr zwischen Lust und Folter, nicht mehr zwischen Kreatur und Gerät. Eine Heuschreckenkultur, die alles konsumiert, bis es nichts mehr gibt. Und dann dieses Nichts konsumiert.“
ars.electronica.art -> Totennebel
ars.electronica.art -> Podcast über Memes
Da das Video vom Ziegenkäsemachen erst ab 16 Jahren ist, wird es hier nicht direkt verlinkt, sondern mit Verweis auf YouTube.
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