Schüler:innen tauchen in szenischem Spiel in die Lebensgeschichten echter Menschen ein, die im Holocaust als Jüd:innen verfolgt worden sind.
Auf der Bühne des Jura-Soyfer-Gymnasiums in der Hagenmüllergasse (Wien-Landstraße, 3. Bezirk) bilden Theater-Schüler:innen einen Kreis, ein „anderer“ will hinein. Das verhindern die ersteren. Selbst als der „andere“ einen Ball anbietet und sie zum Mitspielen einlädt – nichts. Bedrohlich marschieren sie auf ihn zu…
Wechsel vor die Bühne: Drei Schauspieler:innen erzählen aus den Erinnerungen und Gedanken des „anderen“. Der hat auch einen Namen, keinen ausgedachten, fiktiven einer Bühnenfigur, sondern den eines realen Menschen: Ari Rath. Die Szene hat er als rund 13-Jähriger in Wien erlebt. Ein jüdisches Kind, das wie viele ausgegrenzt, diskriminiert, verfolgt wurde. Obwohl sein Vater noch 1938, als Ari in der Schule ausgesondert und in die „Judenklasse“ musste, meinte, so schlimm werde es nicht werden, mussten sie bald danach flüchten. Viele konnten das nicht (mehr), wurden eingesperrt, ermordet…
Jan Bellak, Maya Makal, Maria Brückner aus der genannten Schule sowie Terèzia Lovasova, Floria Gehringer, Olivia Hassa und Greti Plass-Willensdorfer aus dem BORG Hegelgasse 12 (Wien-Innere Stadt; 1. Bezirk) mit einem Theaterschwerpunkt spielten – angeleitet und inszeniert von Ute Bauer, Lehrerin der Hegelgasse, die genannte und andere Szenen aus echten Lebenserinnerungen von Ari Rath, Helga Pollak-Kinsky und Liesl Nitsch, geborene Spira. Die Profi-Schauspieler:innen Vivienne Causemann, Samuel Pock und Anna Starzinger lasen Auszüge aus den Erinnerungen und Gedanken dieser drei und brachten damit die Zusammenhänge der verschiedenen Szenen zu Gehör.
Das alles spielte sich in einem Seminar für vor allem Pädagog:innen ab, das „Beseder – Verein für darstellende Kunst“ organisierte. Bei diesem hebräische Wort für „alles in Ordnung“ schwingt auch Ironie mit, die das Gegenteil der eigentlichen Bedeutung mit beinhaltet, womit Susanne Höhne und Dagmar Schwarz, die den Verein gegründet haben, ihren Zweck mittransportieren wollen: „Mit den Mitteln des Theaters gesellschaftlichen Diskurs zu führen, die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen“.
„Beseder“ brachte für dieses Seminar Arnold Mittelman aus den USA nach Wien. Der künstlerische Leiter der National Jewish Theatre Foundation (NJTF) hat die Holocaust Theatre International Initiative an der Universität von Miami vor fast 20 Jahren (2007) gegründet. Mit „enacting history“ (Geschichte in Szene setzen) wollte er und sollen vor allem Schülerinnen und Schüler ausgehend von realen Lebensgeschichten durch das sich Reinversetzen in die Lage verfolgter Jüd:innen emotional nachvollziehen lernen, was diese erleiden mussten, das in der Folge zum Holocaust geführt hat.
Dass es nicht nur um die Zeit bis zur Entwicklung des Massenmordes unter den Nazis ging, zeigten Szenen und Erinnerungen der – auch beim Seminar anwesenden – Zeitzeugin Liesl Nitsch und der Erfahrungen in der 2. Republik mit vernichtender Beschimpfung durch eine Lehrerin einer- und Übergriffs-Erlebnissen andererseits, die ihr niemand glauben wollte. In einer kurzen Podiumsdiskussion brachte vor allem Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… den wichtigen Brückenschlag zwischen Geschichte und der Gegenwart ein, um aus leidvollen Erfahrungen zu lernen und gegen jede Ausgrenzung aufzutreten.
Dafür hat Mittelman und seine Initiative pädagogische Materialien und Lehrvideos erstellt, auf deren Basis Beseder Arbeitsblätter entwickelte, die auf der Homepage angefordert werden können – Links am Ende des Beitrages.
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