Karl Valentins „Theater in der Vorstadt“ vom Theater Forum Schwechat im Hof von Schloss Rothmühle (Rannersdorf).
Ein sehr amüsanter Theater-, fast schon Kabarett-Abend mit vielen aktuellen Anspielungen, nicht zuletzt auf Corona, ist derzeit im Hof von Schloss Rothmühle in Schwechat-Rannersdorf zu erleben. Dorthin wich das Theater Forum Corona-sicherheitshalber aus. Schließlich wollte das Team sichergehen, Karl Valentins „Theater in der Vorstadt“ (Regie: Manuela Seidl) nicht ein weiteres Mal verschieben zu müssen. Dazu weiter unten.
Die Grundgeschichte dieses rund zweistündigen (eine ca. 20-minütige Pause) Stücks: Ein von sich selbst mehr als überzeugter Kapellmeister (hervorragend die erst eine Woche vor der Premiere eingesprungen Monika Schmatzberger, die glatt an Valentins kongeniale Bühnenpartnerin Liesl Karlstadt erinnert) wird von seinen Musiker:innen und anderen Mitwirkenden auf des Abends – naja, um es höflich auszudrücken – nicht besonders ernst genommen. Sie halten von seinen angeblichen Kompositionen nicht das allerbeste. In klassischer Valentin-Manier (übrigens mit V wie Vogel und nicht wie bei Vase) schaukelt sich immer wieder der Konflikt vor allem mit dem frechen „Künstler“ (Marius Schiener) auf: Missverständnisse aus dem Spiel mit Wortwörtlich-nehmen bis zu kleinen Streichen, die die Autorität (auch anderer Angehimmelter in Österreich) in Frage stellen und untergraben.
Dazu gesellt sich als in verschiedene Rollen schlüpfender Alleinunterhalter des Vorstadt-Theater-Abends ein Handwerker, Zirkusartist, Zauberer – in den zuletzt genannten Rollen wird vor allem Star-Kult parodiert – und vor allem als betrogene und sich rächende Ehefrau (Johannes Kemetter) sowie eine immer und überall flirtende Sängerin (Sandra Högl).
Nicht nur im Hintergrund spielen die Musiker:innen, die vor allem viele bekannte Hits intonieren – von „I am from Austria“ über „Radio Gaga“ und „Skandal um Rosie“ bis zu „99 Luftballon“s, teils mit veränderten Texten. Das Ausweich-Quartier hat – fürs Publikum – einen beeindruckenden Vorteil: Das Musiktrio – Schlagzeuger (Roland Scheibenreif), Kontrabassist (Sebastian Küberl) und Keyboarder (Gabor Rivo, auch Co-Musik-Leiter) sitzen sozusagen im ersten Stock – viel deutlicher sichtbar als im Theater. Gudrun Liemberger vor allem an der E-Gitarre (und musikalische Co-Leiterin) spielt zu ebener Erd, weil sie viele schauspielerische Einsätze vor allem im Wechselspiel mit dem „Künstler“ liefert.
Die Bühne enthält so manche, nicht immer aufs erste erkennbare – Anspielungen auf Corona, das dem Stück ja mehrere Verschiebungen eingebrockt hat. Die Hängematte im Zentrum des Schauspiels ist als Mund-Nasen-Schutz gedacht, das Sofa mit Lehne in Lippenform als Mund. Zwischen die Musiker im ersten Stock haben die Bühnenbauer Jakobus van Ederen, Thomas Fischer und Daniel Truttmann eine riesige Pappmasche-Nase gebaut, an die Wand dahinter ein kugelförmiges überdimensionales Virus und daneben etliche riesige „Tröpfchen“ aus heiß geformten Luftgefüllten durchsichtigen Kunststoff-Getränkeflaschen. Und immer wieder spielt Klopapier eine Rolle – die später in diesem Artikel hinzugefügt wurde; danke an die Fotografin, der aufgefallen ist, dass diese Rolle hier zuerst gefehlt hat 😉
Karl Valentin, Autor des Stücks, hatte bei fast all seinen Aufführungen und Auftritten mit aktuellen Anspielungen gearbeitet. Sehr positiv am humorvollen aber kaum krampfhaft draufdrückenden Schau- und Musik-Spiel ist überdies, dass verzichtet wurde, bayrischen Akzent nachzumachen.
Die geplante Premiere war dem ersten Lockdown im Frühling des Vorjahres zum Opfer gefallen, die Verschiebung auf den November dem zweiten und die neuerlich auf Frühjahr 2021 verlegte – eh schon wissen. Also Outdoor Ende dieses Sommers. Zu allem Überdruss fiel dann noch rund eine Woche vor der nunmehrigen Premiere Nummer 4 eine, nein die Hauptdarstellerin, krankheitshalber aus. Auch das meisterte das Theater aus Schwechat. Monika Schmatzberger, jahrzehntelang erfahrene Steigreif-Schauspielerin, schlüpfte in die Rolle des Kapellmeisters, die Rita Dummer schon intus hatte. Ihre Erfahrung, ihr schnelles Text-Lernen und das gesamte Team, das als Netz mithalf, verhinderte eine weitere Verschiebung und ermöglich nun diesen vergnüglichen Abend. (Einzige Schwäche – öffentlich ist Schloss Rothmühle suboptimal erschlossen.)
Komödie von Karl Valentin
Eigenproduktion: Theater Forum Schwechat
2 Stunden, eine Pause (ca. 20 Minuten)
Regie: Manuela Seidl
Cast:
Kapellmeister: Monika Schmatzberger
Kritischer Künstler: Marius Schiener
Handwerker, Zauberer, Rad-Artist, Ehefrau des Kapellmeisters: Johannes Kemetter
Musiker:innen: Gudrun Liemberger, Sebastian Küberl, Gabor Rivo, und Roland Scheibenreif
Sängerin: Sandra Högl
Musikalische Leitung: Gudrun Liemberger und Gabor Rivo
Regieassistenz: Lena Taferner
Licht Werner Ramschak
Ton: Mathias Rott
Kostüm: Natascha Maraval
Bühne: Jakobus van Ederen, Thomas Fischer und Daniel Truttmann
Rechte: Drei Masken Verlag
Bis 9. September 2021; jeweils 20 Uhr
Innenhof des Schlosses Rothmühle: 2320, Schwechat-Rannersdorf, Rothmühlstraße 5
Telefon: 01 707 82 72