Die fünf Finalprojekte von Jugend Innovativ, Ausgabe Nummer 37, in der Kategorie ICT & Digital; Teil 7.
Haben zwei HAK-Schülerinnen (Handelsakademie) ein Brettspiel zum Erlernen der Österreichischen Gebärdensprache entwickelt (Kategorie Entrepreneurship), so arbeiteten Felix Hufnagl, Maximilian Ferner und Patrick Holzer von der HTL Salzburg daran, dass Computer Gebärdensprache lernen; und zwar die American Sign Language (ASL). „Die ASL ist weltweit natürlich verbreiteter als die ÖGS (Österreichische GebärdenSprache). Aber wenn das im Prinzip funktioniert, ist es dann relativ einfach, unserer Software auch andere Gebärdensprachen beizubringen“, meint das Trio zu Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…
Die Schüler haben auf bestehenden Übersetzungen von Fingerbewegungen aufgebaut. Da Gebärdensprache aber nicht nur aus aneinander gereihten Buchstaben besteht, sondern in der Regel ganze Wörter oder sogar Wortkombinationen eigene Gebärden haben, mussten sie via Kamera und langsamen Bewegungen der „Maschine“ einen Grundstock an Wortschatz lehren.
Gebärdensprach-Systeme, die von Künstlicher Intelligenz unterstützt werden, existieren schon einige in den Weiten des Internets – meist übersetzen sie eingetippten Text in Gebärden. Das System der Salzburger Schüler soll umgekehrt Gebärden erkennen und in geschriebenen Text dolmetschen.
Hier geht’s zu den Finalprojekten von Entrepreneurship mit dem Gebärdensprach-Lernspiel.
In der Kategorie ICT & Digital gab es im nun zu Ende gegangenen 37. Bundesfinale von Jugend Innovativ ein zweites Projekt mit künstlichen Händen. Schon unter den fünf Engineering II-Final-Projekten landeten – siehe unten verlinkten Bericht – Schüler:innen des Wiener TGM mit verschiedenen Versionen samt unterschiedlicher Steuerung von Arm- bzw. Hand-Prothesen.
Fabian Schratz und Julian Gerstlohner aus der HTL Braunau setzten bei ihrem BionicArm auf eine Kombination aus biomedizinsicher Sensorik, Reizerkennung und Bildverarbeitung in Echtzeit. Die integrierte KI (Künstliche Intelligenz) lernt stets dazu und kann Bilder interpretieren, um den Handgriff der Prothese entsprechend anzupassen. Macht es doch einen großen Unterschied, ob ein gefülltes Glas, ein Blatt Papier oder eine Zahlbürste zu greifen, halten und verwenden ist.
Die Bilder kommen entweder über eine in eine Brille eingebaute Kamera oder später vielleicht sogar über Gedanken durch Messung der entsprechenden Hirn-Areale, erklären die beiden Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… Gebaut haben die Schüler alles selber – Prothese ebenso wie die Platinen im Inneren. Selber viel gelernt haben sie in einem Praktikum an der JKU in der EEG-Forschung (Elektroenzephalografie – misst die elektrische Aktivität der Hirnrinde über Elektroden). Die andere Variante um die Prothese zu steuern ist EMG – Elektromyographie (Methode, um die elektrische Aktivität und Leitfähigkeit in Muskeln zu messen).
Ähnliche Ansätze für Prothesen, so geben die beiden gerne zu, gibt es – aber die Kosten liegen im fünfstelligen Bereich, „während unsere Prothese auf ein paar Hundert Euro kommen würde.“
Und sie wollen zwar ihre Grund-Idee dahinter patentieren lassen, aber die meisten ihrer digitalen Erkenntnisse und Ergebnisse der Allgemeinheit – auch zur Weiterentwicklung – zur Verfügung stellen – Open Source sozusagen.
In diesem Beitrag über die Engineering II-Finalprojekte findest du auch jenen über die künstlichen Hände (ProHand) der TGM-Schüler:innen aus Wien.
Verletzungen von Sehnen schneller erkennen – mit der Entwicklung einer Software zur speziellen Bilderkennung hatten schon im Vorjahr Schüler:innen der HTL Salzburg – in enger Zusammenarbeit mit der PMU (Paracelsus Medizinische Privatuniversität) einen Spitzenplatz bei Jugend Innovativ erreicht („Digital Tendon Scoring Tool“ – Link zum Artikel mit diesem Science-Projekt unten).
Dieses Mal hatten Jugendliche der Salzburger HTL, eigentlich HTBLuVA (höhere BundesLehr- und VersuchsAnstalt) – in der selben Kooperation (PMU) – eine Software entwickelt, um histologische Färbungen von entnommenen Gewebeproben objektiv, schnell, automatisch auswertet.
Wie stark sich eine Sehne etwa nach einer Sportverletzung regeneriert hat, lässt sich u.a. daran erkennen, ob sie Glycosaminoglykane (GAGs) enthält. Diese sauren Polysaccharide bilden sich besonders in geschädigtem oder heilendem Gewebe. Diese GAGs lassen sich mit Alcianblau einfärben. Die vorhandenen Zellkerne werden Kernechtrot markiert. Mit einer Mikroskopie-Kamera werden Bilder von den Proben angefertigt, deren hohe Auflösung viele Rechner bisher vor Probleme stellte. Bisher erfolgt(e) die Auswertung der Bilder durch medizinisches Fachpersonal – und das nahm/nimmt noch – einige Zeit in Anspruch.
Karen Chung, Sarah Maultasch und Sarah Hörl schrieben eine Software, nannten sie „BlueVision“, und die erkennt nicht nur, ob die Gewebsprobe zeigt, dass die entsprechende Sehne krank ist oder nicht, sondern auch Details wie die genaue Sehnenschnitt-Dicke.
Dieses Projekt brachte den drei Schülerinnen den Sieg in der Kategorie ICT & Digital ein. Für die Jury begründete deren Vorsitzender, Helmut Leopold (Leiter des Forschungsinstituts für digitale Sicherheit im Austrian Institute of Technology – AIT): „Das Best Practice Beispiel für effektive und verantwortungsvolle KI-Entwicklung: Domänenexpertise trifft Data Science und Umsetzung in einer Software-Lösung. Die gute enge Kooperation im Team (Biologie, Data Science, Software-Engineering) führt dazu, dass eine Lösung gebaut wurde, die bereits von medizinischen ExpertInnen in Verwendung ist und zur Generierung von Trainingsdaten für zukünftige KI-Anwendungen dient.“
„In der möglichst frühen Krebserkennung wird unglaublich viel geforscht, die Erkenntnisse steigen exponentiell, es erscheinen laufend wissenschaftliche Papers“, steckt Alessandro Rodia vom Wiedner Gymnasium – Sir-Karl-Popper-Schule den Rahmen seiner Arbeit im Gespräch mit KiJuKU ab.
Er selbst entwickelte – als Solo-Projekt – zunächst für seine VwA (vorwissenschatliche Arbeit) eine 100-seitige Grundlage für die er rund 400 Quellen durchgeackert hatte – die Basis für den Deep-Learning Algorithmus, der ihn ins Jugend-Innovativ-Finale brachte. Nach einem Praktikum am Zentrum für Molekulare Medizin in Wien übernahm er in Kooperation mit diesem die Programmierung eines neuronalen Netzes, das medizinische Datenbanken so mit akuten Untersuchungsergebnissen dreidimensionaler Computer-Tomographie-Bilder neuer Patient:innen abgleicht, um möglichst selbsttätig, automatisch und blitzschnell Tumore zu erkennen, lokalisieren und zu typisieren. Gerade letzteres ist dann die Basis für individuelle Therapien.
Der Gymnasiast will seine Erkenntnisse nicht für sich behalten und sogar sein Preisgeld der Kinderkrebsforschung spenden.
„DrAI – Intelligent drawing robot“ nannten Samuel Nösslböck und Rene Schwarz aus der HTL Neufelden (Oberösterreich) ihr Projekt. Zweiterer hatte von Anfang an die These vertreten, Künstliche Intelligenz könne kreativ sein. Ersterer kommt eher aus der künstlerischen Ecke und bezweifelte das stark. Das verraten die beiden, die mit ihrem Projekt ins Bundesfinale des 37. Jugend-Innovativ-Bewerbs gekommen waren, dem KiJuKU-Journalisten.
Insofern die wohl beste Voraussetzung, um den Auftrage, den die beiden vom FutureLab des weltberühmten Ars Electronica Centers in Linz in Angriff zu nehmen. Es sollte dabei nicht darum gehen, was seit gut eineinhalb Jahren – und das immer besser – KI-Bildprogramme tun: Aus eingetippten Begriffen Bilder zu generieren, indem auf Datenbanken mit Millionen von Fotos zugegriffen und daraus Kombinationen erstellt werden.
Die beiden Kindheitsfreunde bauten und programmierten einen Roboter, der begonnene Zeichnungen weiter fortsetzt. Einige Beispiele hatte das Duo bei seinem Final-Stand aufgehängt. So hatte Doktor Artificial Intelligence aus etlichen spitzen Winkeln Berge und aus länglichen, senkrechten Rechtecken Hochhäuser weiter gezeichnet.
Auf den Einwand von Kinder I Jugend I Und mehr… gaben sie zwar zu, „dass unser intelligenter Zeichen-Roboter da natürlich schon nur auf Bildern aufbauen kann, die er in seiner Datenbank einmal gesehen hat. Aber das gilt ja auch meist für Menschen, wenn sie zeichnen. Die sind ja auch nicht frei von Bildern, die sie schon einmal gesehen haben.“
Im Laufe des Projekts legte der Künstler Samuel Nösslböck seine Skepsis eher ab. „Lange überlebt meine Meinung, dass es immer einen menschlichen Impuls für Kreativität braucht, nicht mehr“, gesteht er schmunzelnd. „Unsere eigene Entwicklung hat mich im Laufe des Projekts eher überzeugt, dass auch KI kreativ sein kann.“
Wird fortgesetzt – um einen Teil über die verliehenen Preise.
… wird im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW), des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) sowie des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) von der Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) abgewickelt.
In diesem Jahr findet der Bewerb zum 37. Mal statt. Bisher haben fast 12.000 Projekt-Teams (15 bis 20 Jahre) teilgenommen.
Der Wettbewerb wird laufend von Workshop-Angeboten sowie Qualifizierungsmaßnahmen (wie Stärkung des Entrepreneurial Spirits, Beratungen zum Innovationsschutz, etc.) für Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer erfolgreich begleitet.
In jeder Kategorie bekommt das erstplatzierte Team 2500 €, für Platz zwei gibt’s 2000 €, auf den 3. Rang entfallen 1500 Euro und die anderen Finalprojekte erhalten je einen Anerkennungspreis in der Höhe von 750 €.
Ab Herbst können – bis 30. November 2024 – neue Projekte in den zu Beginn dieses Beitrages genannten Kategorien angemeldet und in der Folge eingereicht werden.
Aws – Austria Wirtschafts Service – das Jugend Innovativ organisiert bietet darüber hinaus Informations- und Vernetzungs-Veranstaltungen und Coaching an, um Projekte beispielsweise bei Patent-Anmeldungen zu unterstützen oder dabei aus der Idee ein Start-Up zu gründen Inkubator).