Kinder Jugend Kultur und mehr - Logo
Kinder Jugend Kultur Und mehr...
Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses
Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses
19.06.2024

„Wir sollten niemanden das Gefühl geben, Vielfalt sei was Schlechtes“

Rede auf Deutsch und Englisch (erlernte Fremdsprache) von Zara Ağtaş, Phoenix Realgymnasium (Wien), beim Abschluss des mehrsprachigen Redebewerbs „SAG’S MULTI!“ 2023/24.

Mein Name ist, meine Pronomen sind sie/ihr, ich habe einen türkischen Migrationshintergrund, meine Muttersprache ist Zaza (kurdisch). Und meine Sexualität, die ist nicht hetero. In dieser Welt ist es oft verwirrend und gruselig für mich, aber wisst ihr wie es sich wirklich anfühlt?

Do you know what it feels like being me in this world. I am afraid as a woman, constantly navigating a landscape where gender-based violence remains pervasive, with one in three women experiencing physical or sexual violence in their lifetime.
I am afraid as a migrant, my heart trembles with uncertainty, knowing that globally, migrants face discrimination in employment, housing, and education, often relegated to the margins of society despite their contributions.
I am afraid as a queer person, the shadows of fear loom large, with over 70 countries criminalizing same-sex relationships, subjecting LGBTQ+ individuals to persecution, imprisonment, and even death simply for being who they are.
Do you know what it feels like being me in Austria

Insert zu Zara Ağtaş und ihrer Rede
Insert zu Zara Ağtaş und ihrer Rede

Als Frau heißt es, jahrelang zu kämpfen damit wir Seite an Seite, Hand auf der Brust zusammen singen „Heimat großer Töchter und Söhne“ anstatt nur Söhne, aber jetzt mit anschauen zu müssen wie wir europaweit nicht mehr das Land der Berge, Äcker, Dome sind, sondern das Land der Femizide. 

Als Migrantin heißt es, mit meinem Opa durch die Stadt zu fahren und zu sehen das Funkeln in seinen Augen, und zu hören den Stolz in seiner Stimme, während er erzählt welches Gebäude er mitgestaltet hat. Wohin sein Blut und sein Schweiß geflossen sind. Doch Migrantin zu sein heißt auch, auf derselben Straße unsere Tränen fließen zu sehen, weil wir hören die Stimmen, die uns sagen, dass wir hier nicht hingehören. Und da stehen wir, auf der Straße wo hin geflossen sind sein Blut, sein Schweiß und seine Tränen.

Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses
Zara Ağtaş bei ihrer Rede im Festsaal des Wr. Rathauses

Als queere Person heißt es, ganz genau zu wissen, wann und wo ich selbst sein kann. In Österreich, einem Land, das sich oft für Toleranz und Vielfalt feiert, bleibe ich dennoch oft im Schatten der Unsicherheit. Es ist ein ständiger Balanceakt zwischen Offenheit und Zurückhaltung, ich begebe mich auf den schmalen Grad von Angst und Akzeptanz.

But it’s not just me. The challenges I face are merely fragments of a larger narrative where diversity is systematically marginalized and erased. Instead of celebrating our differences as strengths, we live in a society where identities are dismissed, where voices are silenced, and where the vibrant tapestry of humanity is muted to shades of conformity. Our society should be a mosaic of colors, each shade contributing to the richness of our collective experience.

In einer Zeit, in der unsere Vielfalt von einigen als Bedrohung wahrgenommen wird, sollten wir sie als Quelle der Stärke und Inspiration betrachten. Wir sollten die Vielfalt nicht fürchten, wir sollten sie feiern. Wir sollten Vorurteile überwinden, wir sollten uns gegenseitig unterstützen. Wir sollten gemeinsam für eine gerechtere Welt kämpfen, wir sollten niemanden zurücklassen. Niemanden das Gefühl geben Vielfalt sei was Schlechtes. 

Um die Zukunft mitzugestalten und sie zu verändern, in eine Welt wo Vielfalt gelebt und gefeiert wird, müssen wir zuerst empört sein.
Jedes Mal, wenn das Wort „schwul“ beleidigend gemeint ist, müssen wir empört sein. 
Jedes Mal, wenn wir Rassismus erleben, müssen wir empört sein.
Jede Hand, die erhoben wird, jede Faust die geschlagen wir jeder Tritt der getreten wird, muss mit Empörung begegnet werden. 
Wir müssen aufhören diese Sachen als normal anzusehen.
Wo ist die Empörung, wenn Politiker in der Öffentlichkeit zu Schüler:innen sagen können, Wien wäre noch Wien ohne euch.
Wo ist die Empörung, wenn die Regierung nichts unternimmt gegen das Sterben von Frauen, gegen Gewalt an Frauen. 
Wo ist die Empörung?

Let us stand together in solidarity for diversity! For within our differences lies our greatest strength. Every background, every culture, every opinion enriches our world. By fostering and respecting diversity, we create a society where every individual has the opportunity to fulfill their potential.

Unsere Vielfalt ist das Schönste, was wir haben, aber auch nur solange wir sie noch haben.
Kämpfen wir zusammen für Vielfalt, Seite an Seite, Hand in Hand. 
Seien wir zusammen empört! Wir müssen zusammen empört sein!