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Doppelseite aus "Harte Schale, Weichtierkern"
Doppelseite aus "Harte Schale, Weichtierkern"
09.03.2022

Annäherung an eine „Außerirdische“

Cornelia Travnicek schrieb ihr erstes „dezidiertes“ Jugendbuch über eine 16-Jährige, die leiber nicht aus sich rausgeht, sondern ausgezeichnet mit sich selber auskommt.

Mit ihrem ersten – dezidierten – Jugendbuch (schon in früheren Romanen etwa „Feenstaub“ sind ihre Protagonist:innen jugendlich) lässt Cornelia Travnicek Leserinnnen und Leser in die Welt der 16-jährigen Fabienne Caroline Klausner eintauchen. Diese wird mit dem Diagnose-Stempel Asperger punziert. Nicht von der Autorin und auch Fabienne hat alles andere als Freude mit der Bezeichnung. Dennoch absolviert sie regelmäßig ihre Therapie und führt – wie ihr dort geraten, weil es ihr schwerfällt über vieles zu reden, was sie bewegt, eine Art Tagebuch. Vielmehr eine Zettelsammlung. Als solche ist das Buch „Harte Schale, Weichtierkern“ auch gestaltet.

Bunte grafisch-textliche „Zettelsammlung“

Erstmals hat die Autorin, so erzählt sie im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr …, „nicht einen Text fertig geschrieben und abgeliefert. Es war – nach den ersten 30 Seiten – eine enge Kollaboration mit dem Illustrator (Michael Szyszka) und der Lektorin des Verlages (Andrea Baron, Beltz & Gelberg).“ (Das ganze Interview ist ein eigener – unten verlinkter – Beitrag.) Und so bestehen die rund 120 Seiten aus unterschiedlichsten Text-Sorten und -Farben, Listen, scheinbar handschriftlichen Notizen, auch leeren karierten Seiten sowie Zeichnungen, kleinen Grafiken und vor allem vielen Bildern von Tintenfischen. Obwohl, wie die Autorin Fabienne philosophieren lässt, diese ja gar keine Fische sind, ähnlich wie Koalas auch nicht zu den Bären gehören.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Harte Schale, Weichtierkern“

Fabienne, die das Gegenteil einer Rampensau ist, erleidet zusätzliche Isolation, nachdem sie sich von ihrem Freund Marco getrennt hat und daraufhin dessen Freundeskreis die Connection mit ihr abbricht.

Aliens der Tiefsee

Die Verknüpfung Fabiennes mit Oktopussen war für die Autorin, wie sie im Interview sagt, „eine Spontane. Vor wenigen Jahren war es in der autistischen Community ganz üblich, die Erfahrungen von Aspergern – wobei im Buch schreibe ich ja, du sollst nicht Asperger sagen -, ein bisschen als Alien in Menschenwelt darzustellen. Dann hab ich in einem Buch über die Evolution der Intelligenz der Tintenfische gelesen, einem Oktopus zu begegnen sei eigentlich das Näheste was an die Begegnung mit einem Außerirdischen herankommen kann. Über diese Metapher hab ich diese Verbindung zu der Hauptfigur hergestellt.“

Doppelseite aus
Seite aus „Harte Schale, Weichtierkern“

Nachteil wird zum Vorteil

Und gegen Ende lesen wir gedruckt und in Handschrift sozusagen Fabiennes Conclusio: „Wenn ich jemals einen Aufsatz über mich schreiben müsste, dann hieße der vielleicht „Der Oktopus in der Kokosnuss“. Oder: „Harte Schale, Weichtierkern“. (Vielleicht wird das doch noch was mit mir und den Witzen.)
Früher hätte ich gedacht, ich zu sein, das hätte so seine Nachteile. Mittlerweile kann ich sehen: Es hat auch seine Vorteile. Andere Leute verbringen ihr Leben damit, aus sich rauszugehen, weil sie es in sich selbst nicht aushalten. Ich komme ganz ausgezeichnet mit mir aus.
(Wenn man zum Beispiel einmal monatelang niemanden treffen dürfte, ich glaube, es würde mich nicht stören. Aber wann sollte das auch schon passieren?)“

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Interview mit der Autorin

Titelseite des Jugendbuchs
Titelseite des Jugendbuchs „Harte Schale, Weichtierkern“
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Text: Cornelia Travnicek
Illustration: Michael Szyszka
Harte Schale, Weichtierkern
120 Seiten
Ab 14 Jahren
Verlag Beltz & Gelberg
15 €

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