„Baku und der weiße Elefant“ behandelt in einem leicht lesbaren Kinderbuch das Thema Kinderarbeit unter sklavenartigen Bedingungen. 12. Juni: Internationaler Tag gegen Kinderarbeit.
Ein kleiner weißer Elefant – aus einem Stück Stoff geknotet – zaubert Suri ein Lächeln ins Gesicht und soll ihr ein wenig Hoffnung geben. Sie ist die kleine Schwester von Baku. Der zehnjährige ist die Hauptfigur in „Baku und der weiße Elefant“. Der Vater der beiden wurde arbeitslos, versuchte durch Glücksspiele zu Geld zu kommen, verzweifelte, greift zum Alkohol. Die Mutter trachtet aus dem Nichts, das die Familie hat, wenigstens Suppen zu kochen.
Und dann nützt ein skrupelloser Geschäftsmann die Notlage aus, verspricht dem Vater, der mittlerweile von der Familie getrennt lebt, Geld, damit der seine Schulden abzahlen kann, wenn – er Baku „verkauft“. Der würde in einer Fabrik arbeiten …
Genau das passiert. Das Erstere schon, das Zweitere nicht. Baku muss in einem finsteren Keller arbeiten, Geld an die Familie kommt – nicht.
Anke Burfeinds knapp mehr als 200-seitiges Buch (ab 9 Jahren) liest sich leicht – und doch so schwer. Wenn du darüber nachdenkst, brauchst du immer wieder Momente zu verdauen, was sich in dieser Geschichte abspielt. Auch wenn sie zwischendurch fast ein wenig wie aus großer Distanz beobachtet scheint.
Zwar hat sich die Autorin diese Geschichte ausgedacht, doch aus Zahlen, Daten, Fakten – und Erlebnisberichten diese Geschichte gebaut – die glücklich endet, auch wenn es zwischendurch dramaturgisch gebaut nochmals bergab geht und sogar die noch jüngere Suri unter noch ärgeren Bedingungen arbeiten muss.
Doch trotz Happy End – für die beiden Geschwister, aber auch für Molle, einen Leidensgenossen, den Baku im Arbeitskeller kennenlernte und der bei der Flucht mithalf – in diesem Buch bleibt: In echt müssen mehr als 150 Millionen Kinder weltweit arbeiten, teils unter Zuständen, wo sie wie einst Sklaven, nicht als Menschen, sondern als Dinge behandelt werden.
Aus dem Buch entsteht übrigens ein Musical. Auf der Homepage der Organisation „Childhood in Freedom“ (Kindheit in Freiheit), die die Autorin gegründet hat, ist auch schon ein erster Song zu hören: „Mein Kind, weine nicht“ – Textzeile: „Nach dem Dunkel kommt das Licht“. In der ausgedachten Geschichte ja, aber für 150 Millionen Kinder? Gut, die Organisation will – wie viele andere auch – die Kindersklaverei abschaffen – samt Tipps für die Leser*innen beim Kauf verschiedenster Dinge darauf zu achten, dass die Waren nicht in Kinderarbeit hergestellt worden sind. Aber bis dahin wird’s für viel zu viele nicht so bald Licht.
Da verstärkt sich ein wenig das – oben kurz angesprochene – Gefühl der verspürten Distanz. Diese wirkt besonders krass, wenn der freundliche Obsthändler Poppi, bei dem Baku schließlich bessere Arbeit findet, ihm, der noch nie in der Schule war, das Alphabet beibringt. Wieso ein indischer Bub, der – wie es anfangs im Buch heißt – Hindi spricht, das deutschsprachige Alphabet lernt? Da wäre es sicher auch in Hamburg möglich gewesen Hindi-Sprachige nach wenigsten ein paar Worten und Lauten aus dieser, der immerhin drittmeist gesprochenen Sprache (nach Mandarin-Chinesisch und Englisch) auf der Welt zu fragen.
Zum 20. Mal findet am 12. Juni der internationale Tag gegen Kinderarbeit statt. Mehr als 150 Millionen Kinder weltweit müssen – teils unter sklavenähnlichen Bedingungen – arbeiten. UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, konnte im Vorjahr melden, dass die Zahl von Kinderarbeiter*innen in den vergangenen Jahren um rund 94 Millionen zurückgegangen ist, befürchtet aber gleichzeitig, dass durch die Pandemie und ihre Folgen wieder mehr Kinder dieses Schicksal erleiden müssen. Mehr Familien rutschen in die Armut ab …
Anke Burfeind
Baku und der weiße Elefant
210 Seiten
Ab 9 Jahren
Ueberreuter Verlag
15,95 €
eBook (ePB): 12,99 €Zu einer Leseprobe geht es hier