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Bildmontage aus Bildern von Jugendlichen, der Titelseite des Sammelbandes und einen Schriftplakat der Schule
Bildmontage aus Bildern von Jugendlichen, der Titelseite des Sammelbandes und einen Schriftplakat der Schule
18.04.2021

Jugendliche schrieben über ein-, anders- und vielfärbig

Mit Fantasiegeschichten und leider realen Erfahrungsberichten gewann eine klassenübergreifende Schreibgruppe eines Wiener Gymnasiums diese Kategorie beim exil-Literaturpreis. Einreichungen für nächste Runde!

Max wacht im Körper von Sebastian auf und wundert sich, dass ihn alle anstarren. Dann dämmert ihm, sein Freund Sebastian ist dunkelhäutig. So verpackt die Schülerin Arina Hoxha das Thema „Anderssein“ in die Geschichte eines Traumes.

Anders und oder fremd sein ist weit mehr als aus einem anderen Land zu kommen. Was so einfach und klar zu sein scheint, ist es in vielen Debatten rein gar nicht. Wie vielfältig das Leben ist oder sein kann, das zeigt sich praktisch jedes Jahr in den preisgekrönten Texten des Bewerbs der Edition Exil – Motto „Schreiben zwischen den Kulturen“. Zu diesen gehört immer auch eine Kategorie für Texte aus Schulprojekten.

Jugendliche zweier vorjähriger Klassen der AHS in der Wiener Feldgasse sind die aktuellen Gewinner*innen dieser Kategorie. Sie hatten im Deutschunterreicht von der Lehrerin Sonja Fercher die Themenstellung „Anderssein – Fremdsein -vielfalt der Kulturen“ als Aufgabenstellung bekommen. Wer wollte, konnte dann den eigenen Text für den Bewerb einsenden. Rund 20 der Jugendlichen hatten ihre Texte eingesandt, ein halbes Dutzend davon sprach mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … über die Texte sowie den Zugang zum Schreiben allgemein.

Lucia-Volkmann

Eigene rassistische Erlebnisse verarbeitet

Linea Mboge konnte rassistische Erfahrungen nicht in eine verfremdete Traumgeschichte verpacken. Sie hatte solche am eigenen Leib, viel mehr in ihrer Seele erlebt. Und das in frühester Kindheit. „Aber das kann doch unmöglich Ihr Kind sein“, hatte eine Frau von sich gegeben, die sah wie die dunkelhäutige Fünfjährige in einem der MuseumsQuartier-Höfe zu ihrer blonden Mutter kam. „Auch wenn sich die Frau später dafür entschuldigte, schwebte dieser Satz für Wochen in meinem Kopf herum und ich konnte ihn einfach nicht verstehen.“  Abgesehen von diesem verletzenden Moment und einem heftigen Erlebnis in der Volksschule, so die junge Autorin „kann ich von Glück reden, dass ich … ein sehr tolerantes und freundliches Umfeld habe.“

Über diese frühkindlichen psychischen Verletzungen „hab ich früher nie reden können, aber ich habe dann früh begonnen, darüber zu schreiben. Und zum Glück hab ich solches in der jetzigen Schulen überhaupt noch nie erlebt“, sagt sie zum Reporter.

Rassismus bzw. dagegen anzuschreiben, war auch für Lucia Volkmann der Antrieb für ihre fiktive Geschichte eines 13-jährigen Jung-Football-Talents. Selbst sein mannschaftsdienliches Talent bewahrt ihn nicht vor rassistischen Attacken. Sie sei vor allem durch die Ermordung von George Floyd und die Black Lives Matter-Bewegung motiviert worden, zu Rassismus einen Text zu schreiben, sagt sie.

Arena Hoxha

In einer Zwischenwelt

Dass – wie oben schon angedeutet – Anders und Fremd sein sich nicht auf Herkunft der (Groß-)Eltern beschränkt, zeigen zwei andere Texte. Elmina Karabegovic verfasste mit der Fantasiegeschichte „Das Nichts“ den längsten Text zum Bewerb in dieser Kategorie bei. Ausgehend von einem Satz, den leider viel zu viele Kinder bzw. Jugendliche schon gehört haben „Du bist ein Nichts…“ landet die Hauptfigur in einer Art Zwischenwelt. Ist es Traum oder nicht. Verführt die Leserin/den Leser in einen Zustand der Neugier, des rasenden Weiterlesens, was ist da jetzt, wo befindet sich die Person? Zeitlos, gar raumlos?! Trifft auf ein anderes Wesen, ein, nein DAS Nichts. Natürlich gibt’s eine krasse Wende zum …. Lassen wir das offen – alle Texte sind in der Anthologie „Preistexte 20“ (edition exil, 15 €, siehe Infos unten) enthalten.

Leider nicht enthalten in der Anthologie ist der Text von Moritz Benkitsch, der ihn dann während der Online-Gesprächsrunde mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … zu-mailt. Er hat Anders-Sein in eine Fantasiegeschichte von Drachen übertragen. Einer heißt Tim, kann nicht so bald fliegen und hat obendrein eine andere Schuppenfärbung. Durch die täglichen Beleidigungen durch Mit-Drachen in de Schule und die demütigenden Drachen-Lehrer wurde sein Vertrauen in eigene Fähigkeiten (fast) ganz zerstört. Erst sein Freund Max, der ihn aufmunterte und stärkte, verschaffte Tim eine neue Basis für Selbstvertrauen. Aber nicht nur das, „er wollte für alle eine bessere Drachenwelt schaffen und sein kleiner Beitrag war es, sich für die Schwachen der Drachengesellschaft einzusetzen.“

In der Schule sei schon über das Thema des Bewerbs und der Aufgabenstellung gesprochen worden, erzählen die hier genannten Jugendlichen, aber letztlich habe eben jede und jeder für sich zu Hause den Text geschrieben. Manche, wie Lucia Volkmann, berichten: „Ich hab dann auch Texte von anderen gelesen“. Sowohl die Geschichten als auch die Art der Texte sind sehr vielfältig, immer wieder ziemlich anders!

Carolina-Koberg

Fast ein Horror

Um ein ganz anderes „Anderssein“ dreht sich Tara Wirths Beitrag. Ausgehend von ihrer eigenen durch gewissen Lebensmittel-Unverträglichkeiten ausgelöste Autoimmunerkrankung Zöliakie schreib sie den Text. Wird Zöliakie frühzeitig erkannt und eben darauf geachtet nur Nahrung ohne Gluten zu sich zu nehmen, kein Problem. Sie selbst durchlitt eine fast 12-jährige Patient*innen-„karriere“, bevor die Ursache erkannt wurde. In dieser Zeit hatte sie ärgste Zustände, selbst scheinbar harmlose Erkrankungen wie eine Grippe führten zu Intensivbehandlung… Das verpackte sie in eine Geschichte, in dem ein Mädchen, das schon wusste, Zöliakie zu haben, einem anderen half, indem es ihr glutenfreie Torte anbot.

Eigentlich, so erzählte sie dem Reporter, „schreib ich ja am liebsten Horrorgeschichten. Kleine Erlebnisse wie eine Nahtod-Erfahrung aus dem Krankenhaus pack ich gern in solche.“ Das hat sich die Schülerin hier dann doch nicht getraut. Irgendwie fehlen aber Horrorgeschichten in Jugendschreibbewerben ohnehin. 😉

Aber auch ohne Horror ist Wirths Text beeindruckend. Vor allem das Ende passt dan wohl als genialer Abschluss für diesen Beitrag insgesamt: „Sie sah mich mit großen Augen an und nickte… Du bist anders? Du bist damit nicht allein! Denn eigentlich ist jeder Mensch anders, weil er einzigartig ist. Und das macht uns wieder alle gleich. Wahre Freunde mögen und unterstützen dich, auch wenn du anders bist als sie! Anders sein macht das Leben bunter. Also denk daran, you are beautiful!“

Follow@kiJuKUheinz

Buchcover des Sammelbandes der Preistexte 2020
Titelseite des Sammelbandes der Preistexte des Vorjahres
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Das Buch zu den exil-Literaturpreisen 2020
herausgegeben von Christa Stippinger
mit einem Vorwort von Julya Rabinowich
252 Seiten
edition exil, wien 2020
15 €

25 jahre exil-literaturpreise

Einsendeschluss für die Jugend- sowie die Schulkategorie: 30. Juni 2021
Für die anderen Kategorien – Prosa, Lyrik … – 30. April 2021

Für Einreichungen von Schulklassen gilt: Teilnahmeberechtigt sind alle Jugendlichen, die in Österreich leben; maximale Seitenzahl von 35 Normseiten soll nicht überschritten werden.

Einsendungen nur online an: verein.exil@inode.at
betreff: „exil-literaturpreise 2021“

Die Preisverleihung findet im Dezember 2021 – hoffentlich nicht wieder nur online, sonder dann schon wieder im Literaturhaus Wien statt. Alle prämierten Texte erscheinen in einem Buch der edition exil.