Seit Kurzem gibt es auf der „Friedensburg“ in Schlaining einen eigenen Sadako-Raum – im Gedenken an Sadako Sasaki, für Frieden und gegen Atomwaffen.
Von der Decke hängend schweben viele gefaltete Papierkraniche als Symbole für Frieden in einem der Gänge der „Friedensburg“ wie Schlaining im burgenländischen Tauchental seit mehr als 40 Jahren heißt. Seit kurzem führt er auch zu einer neuen kleinen und doch so großen Ausstellung, im „Sadako“-Raum, wie ihn alle hier nennen. Dort findet sich in einer Vitrine ein ganz besonderer Origami-Kranich, gefaltet von Sadako Sasaki vor mehr als 70 Jahren, winzigst klein – ungefähr so wie der Fingernagel eines Kindes.
Sadako Sasaki war 1945 zwei Jahre jung als US-Militärs die allererste Atombombe abwarfen – auf die japanische Stadt Hiroshima (6. August) und drei Tage später die zweite auf Nagasaki. In Hiroshima starben sofort rund 70.000 Menschen, mindestens gleich viele starben in den folgenden Jahr(zehnt)en an Folgekrankheiten, die durch die atomare Verseuchung ausgelöst worden sind. Darunter auch Sadako Sasaki am 29. Oktober 1955.
Ihre Geschichte jedoch wurde weltberühmt. Sie hat als sie mit rund 12 Jahren ins Krankenhaus musste, Kranich um Kranich gefaltet, aus Papiermangel aus den kleinsten verfügbaren Stückerln auch aus Medikamentenbeschreibungen usw. Einer japanischen Legende zufolge führen 1000 gefaltete Kraniche (Senbazuru) zur Erfüllung eines Wunsches von Göttern und stehen daher als Symbol für Glück und ein langes Leben. Japanische Medien berichteten darüber, Kinder aus dem ganzen Land schickten Kraniche ins Krankenhaus… Und sammelten nach ihrem Tod Geld für ein Denkmal im Friedenspark von Hiroshima.
Viele Bücher, Filme, Comics und mehr sind über Sadakos Leben und die Kraniche entstanden. Unter anderem schrieb der österreichische Autor Karl Bruckner das Buch „Sadako will leben“ (1961erstmals erschienen), das in 70 Sprachen er Welt übersetzt und mehr als zwei Millionen Mal verkauft wurde – Details siehe Buchinfos.
Allerdings hat er die Story – wie die meisten anderen – nur aufgrund der Zeitungsmeldungen und sehr frei erfunden verfasst. Vor 21 Jahren – im Mai 2004 – traf das österreichische Theaterduo „Amal“ in Japan Masahiro Sasaki, den Bruder Sadakos, der glücklicherweise überlebt hatte. Nach anfänglichem Zögern – er war nicht gut auf Österreich zu sprechen, da seine Kontaktaufnahme mit Autor und Verlag seinerzeit auf Ignoranz gestoßen war – begann er Ingrid und Christian Mitterecker die wahre, authentische Geschichte zu erzählen, wie sie zuvor nur in einer Ausstellung im Friedensmuseum dieser leidgeprüften Stadt zu sehen war, die sich auf die Informationen des Vaters Shigeo Sasaki stützte.
Ingrid und Christian Mitterecker machten aus den wahrheitsgemäßen Erzählungen das Buch „Sadakos Plan“ – samt Kranich-Faltanleitung und einem kurzen japanische-deutschen Wörterbüchlein, das zunächst vom Buchklub der Jugend, später im Eigenverlag und nun heuer in einer neuen Auflage vom Buchklub veröffentlicht wurde – nun mit einer japanischen Widmung Masahiro Saskis an die Autor:innen – Details siehe Buchinfos.
Übrigens: Der Buchklub bietet den ersten 50 Schulen, die bis zum Tag der Kinderrechte am 20. November 2025, einen oder mehrere Klassensätze des in der Reihe „Gorilla“ erschienenen Buches „Sadakos Plan“ bestellen, von den Autor:innen ein Exemplar des Gedichtbandes „Meine kleine Schwester Sadako“ von Masahiro Sasaki für die Schule geschenkt – siehe nächster Absatz.Ka
Der Bruder, der zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs vier Jahre jung war, hatte außerdem (poetische) Gedanken an Sadako gesammelt und eigene verfasst, als Manuskript übergab er „Meine kleine Schwester Sadako“ diese an Ingrid und Christian Mitterecker. Diese ließen die japanischen Gedichte übersetzen – das Buch ist zweisprachig (übersetzt von Mio Aizawa) erschienen, heuer wieder neu aufgelegt im Verlag Bibliothek der Provinz – Details siehe Buchinfos.
Rund ein halbes Jahr nachdem die Mittereckers Masahiro und seine Familie in Hiroshima getroffen hatten, waren er, seine Ehefrau Yaeko und Yuji, einer ihrer Söhne, ein Rockmusiker und Übersetzerin Mio Aizawa in Österreich zu Besuch. Dabei hatte Masahiro die Idee, die letzten fünf erhalten gebliebenen, von Sadako gefalteten, Originalkraniche als Friedenssymbole auf die fünf Kontinente aufzuteilen. Für Europa wählte er Ingrid und Christian Mitterecker zu den Botschafter:innen dafür und auch dafür, einen geeigneten Ort zu finden. Welcher wäre geeigneter als die „Friedensburg“, vor rund einem ¾ Jahrtausend als Wehranlage mit meterdicken Mauern und massiven Türmen gebaut. Anfang der 1980er Jahre im sogenannten Kalten Krieg zwischen Ost und West wurde sie zum Friedenszentrum umgestaltet. Das „Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) fand hier seine Heimat, widmet es sich doch der internationalen Forschung und Vernetzung zu diesem Thema. 1987 wurde dieser Einrichtung vom damaligen UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar der Titel „Botschafter des Friedens“ verliehen.
2009 kamen die Sasakis wieder nach Österreich, brachten den kleinen und doch so riesig bedeutenden Papierkranich, ein Exemplar des Gedichtbandes sowie eine CD unter anderem mit vertonten Songs einiger dieser Gedichte, gespielt von Yuji und seiner Band, mit. In einer Vitrine in der Friedensbibliothek in der ehemaligen Synagoge fanden diese ein gemeinsames neues Zuhause. Und Masahiro machte Ingrid und Christian Mitterecker zu den europäischen Botschafter:innen der von ihm gegründeten Friedensinitiative im Namen seiner „kleinen Schwester Sadako“.
Nun sind Bücher, CD und dieser bewegende Mini-Kranich mit so riesiger Bedeutung in einem eigenen Raum in mehreren Vitrinen mit erklärenden Texten zu bestaunen. Übrigens war Kinder-KURIER, Vorläufer von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… damals dabei – der damalige Beitrag ist am Ende unten verlinkt; leider dort nicht mehr auffindbar.
Ingrid und Christian Mitterecker veröffentlichten übrigens 2011 nach dem von einem Erd- und Seebeben ausgelösten Unfall im Atomkraftwerk Fukushima und der nachfolgenden Katastrophe ein weiteres Buch – „Die Dankbarkeit des Kranichs“. Dafür verfasst auch Masahiro Sasaki einen Beitrag, in dem er unter anderem schreibt: „Dieser Unfall wurde zwar durch eine Naturkatastrophe verursacht, stellt aber auch eine von Menschen verursachte Katastrophe dar. … In Erinnerung an die Auswirkungen der Radioaktivitäten durch die Atombombe habe ich auch große Angst. Der Unfall hätte nie geschehen sollen. Nachdem aber er schon geschehen ist, müssen wir daran denken, die ganze Weisheit der Menschheit einzusetzen, um ihn in Griff zu kriegen. Die Sicherheit und die Gefahr trennen sich voneinander nur durch ein hauchdünnes Papier. Wir Menschen haben die Atomenergie entwickelt und genießen, was sie ermöglicht hat. Es gibt da natürlich auch Atomenergiegegner. Mit dem Widerspruch, dass wir das kritisieren, was wir gleichzeitig annehmen und genießen, lebe ich auch. Ich wünsche, dass die Katastrophe, die schon passiert ist, so früh wie möglich ihr Ende finden wird und dass wir bald vor Auswirkungen der Radioaktivitäten keine Angst mehr werden haben müssen…
Am wichtigsten ist die arrogante Idee aufzugeben, die Natur herauszufordern…
Sadakos Wunsch war und ist es, ein „Mitgefühl“ zu haben als Basis für die Kommunikation, bei der wir uns unabhängig von Unterschieden der Rassen, Religionen, Kulturen und Bildungen als gleiche Menschen diskutieren und vergeben können. Um ihren Wunsch zu erfüllen, werde ich weiter in Zusammenarbeit mit Freunden in der Welt die mit Orizuru (Papier-Kranichen)-Mission betreiben.“ (Übersetzung: Akio Yokoyama).
Text: Ingrid und Christian Mitterecker
Cover, Gestaltung und Layout: Gerri Zotter
Sadakos Plan
120 Seiten
Buchklub Verlag
8 €
***
Text: Masahiro Sasaki
Aus dem Japanischen übersetz von Mio Aizawa
Kalligraphien: Hiromu Morishita
Herausgegeben von Ingrid und Christian Mitterecker
Meine kleine Schwester Sadako
160 Seiten
Verlag Bibliothek der Provinz
20 €
Zu einer Leseprobe geht es hier
***
Text: Karl Bruckner
Cover-Illustration: Martin Weinknecht
Sadako will leben
204 Seiten
G & G Verlag
14,95 €
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