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Szenenfoto aus der Fantasie-Oper "Wo die wilden Kerle wohnen": Jasmin Delfs (Max), Matthias Hoffmann (Hahnkerl), Peter Kirk (Bart- und Ziegenkerl), Puppenspielerin, Martin Summer (Bullenkerl) Katrin Wundsam (Mama/Tzippie), Zoltan Nagy (Hornkerl)
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper "Wo die wilden Kerle wohnen": Puppenspieler*innen, Martin Summer (Bullenkerl), Zoltan Nagy (Hornkerl), Puppe Max, Katrin Wundsam (Mama/Tzippie), Matthias Hoffmann (Hahnkerl)
21.12.2023

Arien singender wütender Max und sein Treffen mit fünf „Monstern“

Erstmals in Österreich: Die kurze Oper nach dem berühmten Bilderbuch „Wo die wilden Kerle wohnen“.

Die Halle E im Wiener MuseumsQuartier – bespielt vom MusikTheater an der Wien – ist vollbesetzt mit Kindern und Jugendlichen. Viele der jüngeren Kinder haben unterschiedliche bunte Monstermasken vor den Gesichtern, vielmehr solchen von „wilden Kerlen“. Nicht denen aus der Fußball-Buch und Kinofilm-Serie. Die sind ja „nur“ wilde Kicker:innen und alles andere als Monster. Vor allem in der oberen Tribüne sind die Kinder „masked“ (am Vormittag als Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… die Vorstellung besucht).

Dafür hat irgendwo in den vorderen Reihen der unteren Galerie ein Kind offenbar von zu Hause oder aus der Schule eine selbst gebastelte riesige Maske mitgebracht.

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Jasmin Delfs (Max)

Zum 60. Geburtstag eines der beliebtesten Bilderbücher in vielen Ländern wird erstmals die auch schon mehr als 40 Jahre alte/junge Oper in Österreich erstmals aufgeführt: „Wo die wilden Kerle wohnen“ von Maurice Sendak Anfang der 60er Jahre ausgedacht, gezeichnet und in wenigen, knappen Worten geschrieben (1963 erstmals veröffentlicht) – im amerikanisch-englischen Original in 338 Wörtern, in der vier Jahre späteren deutschen Übersetzung sogar um fünf Wörter weniger schildert die Wut des Kindes Max nachdem ihn seine Mutter – ohne Abendessen in sein Zimmer schickt.

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Jasmin Delfs (Max), Katrin Wundsam (Mama)

Anfangs verpönt bis verboten

In den ersten zwei Jahren fanden US-amerikanische Eltern das Buch für ihre Kinder unzumutbar, zu grausam, manche Bibliotheken haben es sogar verboten. Kinder hingegen, die an das Buch herankamen, liebten es, waren fasziniert, dass in einem Buch, ein Kind so richtig wütend sein, herumtoben, alles kurz und klein schlagen darf – und dann in eine Fantasiewelt abtaucht. Dort wo die wilden Kerle wohnen. Die noch dazu Max zu ihrem König machen.

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Jasmin Delfs (Max) mit Puppe Max

Oper mit Menschen und Puppen

1980 erarbeitete der Autor und Illustrator gemeinsam mit dem britischen Komponisten Oliver Knussen eine Opernversion, die in Brüssel ihre Uraufführung hatte. Und nun – erstmals – in Österreich zu sehen, hören und erleben ist. Musikalisch geleitet von Stephan Zilias und inszeniert vom genialen Puppenbauer, -spieler und Regisseur Nikolaus Habjan. Ja genau, denn den Max – gesungen und gespielt von Jasmin Delfs gibt’s ab dem zeitpunkt, wo er aus seinem Zimmer in den Wald der „wilden Kerle“ aufbricht ein zweites Mal – als Puppe. Die wird geführt und bespielt von Angelo Konzett, der auch den Mund des Klappmaul-Ebenbilds von Max im Wolfskostüm zu den gesungenen Worten von Delfs bewegt.

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Jasmin Delfs (Max), Matthias Hoffmann (Hahnkerl), Peter Kirk (Bart- und Ziegenkerl), Puppenspielerin, Martin Summer (Bullenkerl) Katrin Wundsam (Mama/Tzippie), Zoltan Nagy (Hornkerl)

Aufwändig bunt und fantasielvoll

Die fantasievolle Bühne – sowohl das Kinderzimmer mit einem Zelthaus als auch den durch eine Drehung des Bücherregals entstehenden Wald der wilden Kerle – hat sich Jakob Brossmann ausgedacht. Die – doch stark an die Figuren im Bilderbuch erinnernden riesigen Kostüme der „Kerle“, die sogar jeweils von zwei Spieler:innen bedeint werden, stammen von Denise Heschl. Anders als im Buch tritt hier Max‘ Mutter wirklich in Erscheinung (Katrin Wundsam).

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Jasmin Delfs (Max), Matthias Hoffmann (Hahnkerl), Peter Kirk (Bart- und Ziegenkerl), Puppenspielerin, Martin Summer (Bullenkerl) Katrin Wundsam (Mama/Tzippie), Zoltan Nagy (Hornkerl)

Musik-Zitate

Der Komponist Oliver Knussen hat übrigens, auch wenn die Oper nur eine ¾ Stunde dauert, „keine Kurzoper geschrieben, sondern eine große Oper im Miniaturformat“ wird er im Programmheft zitiert. Apropos Zitate, die von ihm geschaffene Musik (das Libretto, sprich den Text hat Sendak selbst geschrieben) enthält musikalischer Anklänge an berühmte andere Komponisten wie Gustav Mahler, Maurice Ravel, Dmitri Dmitrijewitsch Schostakowitsch und andere. „Wenn Max zum König der wilden Kerle gekrönt wird, erklingt Musik aus Modest Mussorgskys Oper Boris Godunow, und der Rumpus-Tanz der wilden Kerle zitiert die Turnhallen-Tänze aus Leonard Bernsteins West Side Story. Die Ruderfahrt über das Meer schließlich ist eine Hommage an die Sea Interludes aus Benjamin Brittens Peter Grimes.“ (Aus 10 Fakten über die Oper im Programmheft.) Max wurde von Oliver Knussen mit einem Koloratursopran besetzt, die wilden Kerle hingegen treten immer als fünfstimmiges Ensemble auf.

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Jasmin Delfs (Max), Katrin Wundsam (Mama/Tzippie)

Jugendliche zu „alt“

Fanden etliche Jugendliche die ¾-stündige Oper nach dem Bilderbuch zu „kindisch“ – gut, es ist ab 6 Jahren angegeben was auch Lehrer:innen, die mit ihren Klassen kamen, lesen hätten können – so rasteten die jüngeren Besucher:innen Applaus-mäßig am Ende richtiggehend aus 😉

Szenenfoto aus der Fantasie-Oper
Szenenfoto aus der Fantasie-Oper „Wo die wilden Kerle wohnen“: Puppe Max, Puppenspieler*innen, Matthias Hoffmann (Hahnkerl), Katrin Wundsam (Mama/Tzippie), Peter Kirk (Bart- und Ziegenkerl)

Auch für Gehör-Beeinträchtige

In der ersten Reihe der unteren Galerie saßen Kinder, die sich vor Beginn der Vorstellung untereinander und mit den Lehrerinnen in Gebärdensprache unterhielten. Sie hatten den direkten Blick auf das große Orchester. Eine der Lehrerin blies Luftballons auf – auf diese Weise können Gehörlose oder schwer Hörende die Schwingungen der Musik mit ihren Händen intensiv spüren.

Apropos Luftballon. Einen solchen blies auch ein Musiker auf – um ihn gezielt an einer Stelle platzen zu lassen; sozusagen ein neues Instrument für Orchester 😉

Den Text konnten die im vorvorigen Absatz angesprochenen Schüler:innen in den Übertiteln – auf Deutsch und Englisch – mitlesen. Was übrigens auch allen Hörenden hilft, Opern-mäßig gesungener Text ist akustisch nicht immer leicht zu verstehen!

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Wo die wilden Kerle wohnen

Fantasie-Oper in neun Szenen
Libretto: Maurice Sendak (auch Autor des gleichnamigen Bilderbuchs)
Übersetzung ins Deutsche: Claus H. Henneberg
Musik: Oliver Knussen
Ab 6 Jahren; ¾ Stunden

Musikalische Leitung: Stephan Zilias
Inszenierung: Nikolaus Habjan
Bühne: Jakob Brossmann
Kostüm: Denise Heschl
Licht: Franz Tscheck
Dramaturgie: Christian Schröder

Max: Jasmin Delfs / Angelo Konzett*
Mama / Tzippie: Katrin Wundsam / Anderson Pinheiro da Silva*
Bart- und Ziegen-Kerl: Peter Kirk / Lisa-Marie Bachlechner*, Elisabeth Austaller*
Horn-Kerl: Zoltán Nagy / Markus Lipp*
Hahn-Kerl: Matthias Hoffmann / Stefanie Elias*
Bullen-Kerl: Martin Summer / Sebastijan Geč*
* Puppenspiel

Musiker:innen der Wiener Symphoniker

Regieassistenz und Abendspielleitung: Clara Rybaczek
Regieassistenz: Mana Samadzadeh
Puppenspielcoach: Manuela Linshalm
Musikalische Assistenz: Viktor Mitrevski
Korrepetition: Adam Johnson
Mitarbeit Bühne: Marlene Lübke-Ahrens
Mitarbeit Kostüm: Nicola Gördes
Inspizienz: Konstantin Schulz
Künstlerische Produktionsleitung: Petra Haidvogel
Technische Produktionsleitung: Michael Baumeister
Produktionsleitung Kostüm: Daniela Tidl
Statisterieleitung: Simone Kraft

Produktionsbetreuung
Technische Planung: Marc Eidler, Ulrike Müller, Slav Gospodinov
Bühnenmeister: Frank Holldack
Beleuchtung: Karl Wiedemann, Simon Schleicher (extern), Thomas Zettauer
Ton: Johannes Prenn, Erich Fahringer, Manuel Luegmayer
Maschine: Stephan Kafka
Requisite: Isabella Pröll
Video: Werner Hlavka, Michael Zimba, Johannes Domig

Dekorationsherstellung: Art Deco Exim, Bukarest Bruckschwaiger GmbH, Langenzersdorf
Kostümherstellung: Puppenbau Bruno Belil Espinos, Barcelona

Wann & wo?

Bis 27. Dezember 2023
MuseumsQuartier, Halle E (Haupthof)
theater-wien -> Wo-die-wilden-Kerle-wohnen

Auf der Website von MusikTheater an der Wien kannst du unter anderem Bastelanleitungen für Monstermasken downloaden: hier

Das Buch

Text und Illustration: Maurice Sendak
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Claudia Schmölders
40 Seiten
Diogenes Verlag
20,60 €

Zu einer kleinen Lese-/Schauprobe (drei Doppelseiten) geht es hier