Im Waldviertler Ottenschlag (Niederösterreich) geht es auf der sehr neuen Bühne ziemlich turbulent zu. Gespräch mit dem Erfinder und Intendanten.
Ein Theater in Ottenschlag. Neu. Vorher gab es – wie auch in vielen anderen Orten – engagierte Laientheatergruppen, die einen weniger, die anderen mehr, einmal im Jahr ein Stück in mehreren Aufführungen spielten. Nun hier fürs südliche Waldviertel eine Profi-Bühne.
Eröffnung noch dazu in Zeiten wie diesen?! Ja, die Waldviertler Kammerbühne eröffnete – dank Lockdown Nummer 4 verzögert und ohne den geplanten und angekündigten Tag der offenen Tür – Ende des Vorjahres. Mit der – noch immer gespielten – Boulevardkomödie „Das perfekte Desaster Dinner“. Dabei handelt es sich um eine Version von Michael Niavarani auf der Basis von Marc Camelottis „Madame, es ist angerichtet“ in der er selbst vor rund zehn Jahren in der Stadthalle und später in seinem Wiener Globe Theater auch selbst gespielt hat. – Stückbesprechung hier unten:
Anlässlich eines Besuchs des Stücks sprach Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … mit Michael Mittermeir, dem Intendanten dieses neuen Theaters. Vor 17 Jahren hatte es ihn – der Liebe wegen – hierher verschlagen. In seiner Heimatstadt Linz kam er, so erzählt er dem Reporter, „mit ungefähr 16 Jahren in der jährlichen Kinderstadt mit einem Zirkus in Berührung. Das hat mich fasziniert“. Dennoch absolvierte er eine gediegene Ausbildung, eine elektriker-Lehre. Artistische Nummer waren ihm – in seiner Freizeit – irgendwann zu wenig, er nahm Schauspielunterricht.
Und als er in Ottenschlag gelandet war, „versprach“ oder „drohte“ – beides schwingt im Satz mit, den er nun sagt: „Ich hab gleich am Anfang meiner Frau gesagt, ich werd da ein Theater gründen. Irgendwie war das schon eine verrückte Idee gewesen, von der ich aber sehr überzeugt war.“
Vor einigen Jahren wandet er sich an die damalige Bürgermeisterin Christa Jager, ob es nicht möglich wäre, aus dem Veranstaltungssaal der RaiKa (Raiffeisenkasse), der einigermaßen untergenutzt war, ein ständiges, professionelles Theaterhaus zu machen. Die war Feuer und Flamme, die Bank der Idee gegenüber auch aufgeschlossen. Die Idee wurde gründlich untersucht, dazu ein Businessplan erstellt. Unter anderem mit der Chance auf zusätzliche Ferien- oder wenigstens Wochenend-Gäste in der örtlichen Hotellerie. Für den Umbau – ca. 1,1 Millionen € – kam im wesentlichen die Bank auf, der laufende Betrieb wird aus Förderungen von der Gemeinde, vom Land und vor allem von Sponsor:innen gedeckt. „Da kommt viel Unterstützung von der regionalen Wirtschaft“, zeigt sich der Intendant und Schauspieler, der im Brotberuf Außendienstmitarbeiter eines großen Unternehmens ist, das Kräne und ähnliche Geräte vermietet.
Einzugsgebiet rund 20.000 Haushalte, Interesse an Kultur vorhanden. Vor drei Jahren begannen die Planungen, die Umbauarbeiten verzögerten sich – Ursache bekannt, beginnt mit C…
Der Veranstaltungssaal wurde zu einem kleinen, großen Theater mit 120 Sitzplätzen, Bühne samt Nebenräumen, technischem Regieraum und zwei Stock drüber – über den Bank-Büros – einer Theaterwohnung. Da Ottenschlag doch nicht so leicht und gut öffentlich erreichbar ist, die Autofahrt nach Wien auch gut 1 ½ Stunden in Anspruch nimmt, war der Plan: Wenn von donnerstags bis sonntags gespielt wird, können Schauspieler:innen gleich über dem Theater wohnen. So muss – im aktuellen Fall der Schorschi-Darsteller, der erst gegen Ende des 2 ½ stündigen Stücks auftritt, nicht die ganze zeit hinter der Bühne in der Künstler:innen-Garderobe warten, sondern kann einfach nach der Pause gemütlich aus der Wohnung hinter der Bühne „antanzen“.
Die Waldviertler Kammerbühne hat auf ihrem Spielplan sowohl Komödien wie jene zur Eröffnung als auch Nestroys „Der Zerrissene“, „Sonnenstich oder Gelegenheit mach Diebe“ (Komödie von Eric Chappell), Kabarett (Klaus Eckel, BlöZinger) Kindertheater (Schneck & Co., Theater Tabor, Bernhard Fibich…), Musik („Old School Bastards“, Trio Wien), Literatur, Zauberei und setzt auch auf Vernetzung mit örtlichen und regionalen Kulturinitiativen und Einrichtungen wie u.a. dem Wald4tler Hoftheater (in Pürbach).
Der einstige Innenhof wurde teilweise überdacht und verbaut – zum Theaterfoyer mit Kassa und Garderobe, dort wo jetzt die Bar steht war einst eine Garage für Bank-Autos.
Zu einem virtuellen, teils rasanten, durch Wände fahrenden, Rundgang geht es in diesem Video: