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Szenenfoto aus "Bladerunner" im Wiener Schubert Theater
Szenenfoto aus "Bladerunner" im Wiener Schubert Theater
09.11.2022

Das Märchen Mensch – Sci-Fi Klassiker im Schubert Theater

Das Wiener „Puppentheater für Erwachsene“ bringt, inspiriert von Roman und Verfilmung „Blade Runner“ auf die Bühne – und stellt „nebenbei“ aktuelle Bezüge her.

Es war einmal vor langer Zeit eine Spezies, die sich Mensch nannte… In einer futuristischen Gesellschaft, in der „frühen“ Phase des 21. Jahrhunderts angesiedelt, hat die Tyrell Corporation die Roboterentwicklung so weit vorangetrieben, dass künstliche Kreaturen geschaffen wurden, die nahezu identisch mit echten Menschen sind. Diese Androiden, „Andys“ genannt, wurden ursprünglich für riskante oder unerwünschte Aufgaben eingesetzt, die für echte Menschen zu gefährlich oder unannehmbar waren.

Als sich die Replikate jedoch gegen ihre menschlichen Schöpfer erhoben, wurden sie von der Erde verbannt. Einige sind jedoch bis heute noch unter uns Menschen unterwegs. Ganz illegal. Jene illegale Androide gilt es zu eliminieren. Blade Runner sind darauf trainiert, alle Andys, die sie auf der Erde finden, zu eliminieren.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bladerunner“ im Wiener Schubert Theater

Vom Klassiker inspiriert

Das Figuren- und Schauspiel-Stück „Blade Runner ist von dem 1968 erschienen Roman „Träumen Androiden von elektrischen Schafen“ von Philip K. Dick und der bekannten Verfilmung mit dem Titel „Blade Runner“ (Regie: Ridley Scott) inspiriert. 

Mit klassischer Musik und einem äußerst beruhigenden Regen-Ambiente wiegt uns das Schubert Theater in die dystopische Realität von Jane (Soffi Povo, die auch die Puppen baute), einer genialen Biomechanikerin, die für den Tyrell Konzern tätig ist, ein. Obwohl die Welt aufgrund von Atomkriegen und Umweltkatastrophen unbewohnbar geworden ist, entschied sie sich gegen die Auswanderung auf den Mars. Und so verweilt sie allein in einem Keller-ähnlichen Raum. In einer Ecke sitzend, beachtet man sie anfangs nichts. An den Wänden bewegen sich Augen, ein Gesicht und eine Hand. Plötzlich meldet sich mit einer lauten Musik ein von Jane geheim geschaffener Andy. Buddy, so dessen Name, besteht aus einem Kopf und einer Hand und scheint Janes einzige Bezugs„person“ zu sein. Sie ist betrübt, gar depressiv. In ihrer Einsamkeit nimmt sie das Fehlen von Leben wahr. Zurückgeblieben ist sie eigentlich, um sich menschlich zu fühlen. Um den Behälter ihrer Erinnerungen, die Erde, nicht zu verlieren. Ihre Erinnerungen sind ihr geblieben, doch das Leben, welches um sie herum tagtäglich stattfand, gibt es so nicht mehr. 

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bladerunner“ im Wiener Schubert Theater

Was macht uns zu Menschen?

Welchen Wert haben Erinnerungen? Was macht uns zu Menschen? Mit Fragen wie diesen ist das Publikum von Anfang bis zum Ende des Stücks konfrontiert. Als Phil (Angelo Konzett, der auch die Bühne gestaltete), ein Tyrell-Angestellter, mit einem verletzten elektronischen Hund namens Buster vor Jane steht, nehmen diese Fragen jedoch zu.

Phil wurde von Tyrell beauftragt, die vom Staat verordneten Tests an die neuen Andy-Modelle anzupassen. Diese gleichen den Menschen nicht nur in ihrem Aussehen, sondern auch in ihrem Denken und ihren Gefühlen. Buster bestätigt dies. Während Jane sich um seine Beschwerden kümmert und ihn repariert, stöhnt er tierisch echt vor Schmerzen und winselt laut vor sich hin, bis ihn Jane ausschaltet, um seine Persönlichkeitssoftware zu reparieren.

Weshalb überträgt man Schmerz und Krankheit an Androiden weiter?  Wenn es eine Sache gibt, die vielen von uns missfällt, ist es die Tatsache, dass wir als Menschen über vieles keine 100 %-ige Kontrolle haben. Auch wenn wir zum Beispiel zur Vorbereitung auf den Winter tagtäglich Immun-Shots trinken, erkranken wir. Einige von uns gesunden in wenigen Tagen, andere hingegen erst nach einigen Wochen. Auch geschehen oft Dinge, die uns mehr mitnehmen, als es uns lieb wäre. So zeigt sich uns der Schmerz seit unserem Lebensbeginn in seinen vielen unterschiedlichen Facetten. Oft überkommt er uns auch aus dem Nichts. Faktum ist jedoch: Er ist ein grundlegender Teil unseres Menschen-Seins und universell in unserer Spezies vertreten.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Bladerunner“ im Wiener Schubert Theater

Grenzen zwischen Mensch und Maschine

Im Laufe der Handlung muss sich Jane als Mensch beweisen, denn Phillip zweifelt an ihrer Menschlichkeit. Selbst als sie ihm von Ihrer Kindheit erzählt und diese mit Fotos belegt. Um sicherzustellen, dass ihre Emotionen, Gedanken und Gemütszustände, die eines Menschen sind, wird sie einer Befragung unterzogen. Jede von Phil gestellte Frage sorgt jedoch für noch mehr Verwirrung. 

Was oder wer kann überhaupt versichern, dass Phil kein Andy ist? Wenn sowohl Mensch als auch Android Schmerzen spüren, Erinnerungen nachtrauern und träumen, ist es überhaupt noch moralisch vertretbar, die Echtheit der Menschen zu überprüfen oder Maschinen zu eliminieren, wenn sie uns so sehr ähneln?

Mit überzeugenden Mitteln des Figurentheaters, digitalen Tools wie Live-Avataren, einem herausragenden Bühnenbild sowie hervorragendem Schauspiel laden uns Regisseur Meusburger gemeinsam mit Puppenbildnerin und -spielerin Soffi Povo und Kollegen Angelo Konzett ein, die mit der Zeit immer mehr verschwimmendere Grenze zwischen Mensch und Android zu erforschen. Außerdem werden Zuschauer: innen im Rahmen der Vorführung an ihre Verantwortung gegenüber ihrem/unserem Lebensraum erinnert. Es ist kein Geheimnis mehr, dass unser Planet Auszeit von uns und unseren Bedürfnissen benötigt.  Ist eine Zukunft, in der sich die Welt trotz unserer Anwesenheit erholt, möglich? Fragen, die sich gerade angesichts der aktuell stattfindenden Klimakonferenz Cop27 in Ägypten praktisch weltweit in allen Medien stellen.

Fatima Kandil
@fatimemoires

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Blade Runner
Das Märchen Mensch

70 Minuten

Regie, Musik: Simon Meusburger
Spiel: Soffi Povo und Angelo Konzett
Puppenbildnerin: Soffi Povo
Bühne: Angelo Konzett

Kostüm: Lisa Zingerle
Ausstattung: Soffi Povo, Lisa Zingerle, Angelo Konzett
VR-Design: Mathias Hradescni & Olya Toltinova
Lichtdesign: Simon Meusburger & Marvin Schriebl
Produktionsleitung: Marvin Schriebl

Wann & wo?

1., 2. Dezember 2022
Schubert Theater: 1090, Währinger Straße 46
Telefon: 0 676 443 48 60
info@schuberttheater.at

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