Auftakt zum 25. „Visual“-Festival von ARBOS im Theater Spielraum (Wien-Neubau; 7. Bezirk).
Die 718.373 Einwohner:innen des Großherzogtums Hessen mussten insgesamt 6 Millionen und 363.363 Gulden an direkten und indirekten Steuern, Strafen und anderem zahlen. Und wurden mit einem Gutteil dieses Geldes unterdrückt. Das und so manch anderes in Sachen Herr-schaft der Fürsten über das Volk prangerte der berühmte Dichter Georg Büchner (1813 – 1837; u.a. „Leonce und Lena“, „Woyzeck“; „Dantons Tod“) in seiner „Flugschrift „Der Hesssiche Landbote“ an.
In der Kampfschrift rief er die Bürger:innen dazu auf, sich gegen Ungerechtigkeiten aufzulehnen und für Demokratie zu kämpfen. Daraufhin wurde er steckbrieflich gesucht und musste aus dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt flüchten – nach Straßburg.
Der bekannteste Spruch aus diesen rund zehn Seiten hat sich bald danach verselbstständigt, kaum wer weiß, dass „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ aus diesem kurzen Werk Büchners stammt. Und obwohl fast 200 Jahre alt finden sich so manch aktuelle Anklänge. Fällt einem beim Satz „Ihr seid wie die Heiden, die das Krokodil anbeten, von dem sie zerrissen werden“ nicht ein, wie es sein kann, dass Massen rechtsextreme Populisten wählen, die mindestens einen Tag Diktator sein wollen?
„ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater“ machte aus dem gesamten „Landboten“-Text eine rund eineinhalbstündige visuelle, musikalische Performance mit der das aktuelle, 25. Visual-Festival am Wochenende im Wiener Theater Spielraum eröffnet wurde.
In der hintersten Bühnenreihe sitzen die Musiker:innen Thomas Trsek (Violine), Gregor Narnhofer (Klarinette, Saxophon, Bassklarinette), Bojana Foinidis (Akkordeon) und Adi Schober (Schlagwerk). Sie entlocken ihren Instrumenten nicht nur bekannte Töne. Auch Winseln, Wehklagen oder Schnaufen erzeugen die Musiker:innen.
Vor ihnen warten vier Schauspieler:innen – Markus Rupert, Werner Mössler, Markus Pol, Rita Luksch – auf ihre Einsätze. Dazu erheben sie sich und treten an das Notenpult im Vordergrund. Georg Büchners Text sagen sie in Österreichischer Gebärdensprache. Abschnittsweise wiederholt Alfred Aichholzer die jeweiligen Textpassagen in deutscher Lautsprache, wobei er jeweils zu Beginn und am Ende auf eine Riesentrommel schlägt.
Komponiert haben die Musik, die nicht nur zu hören, sondern auch stark zu sehen ist, Werner Raditschnig und Herbert Gantschacher, der auch Regie führte. Und der „Vater“ von Arbos ist, das „Visual“ veranstaltet, das in den ersten Jahren noch Gehörlosentheaterfestival hieß.
Das Festival – mit Vormittagsvorstellungen für Schüler:innen und Abendvorstellungen – läuft noch bis 17. Mai 2024 – Details zu allen Aufführungen, Performances und einer Stationenwanderung in der Infobox unten.
25. europäisches und internationales visuelles theater festival 2024
Vorstellungen im Theater Spielraum
1070, Kaiserstraße 46
Friede den Hütten! Krieg den Palästen
Georg Büchners „Der Hessische Landbote (Flugschrift 1834)“
Mit visueller Musik von Werner Raditschnig und Herbert Gantschacher (auch Regie)
„arbos-ensemble“: Thomas Trsek (Violine), Gregor Narnhofer (Klarinette, Saxophon, Bassklarinette), Bojana Foinidis (Akkordeon) und Adi Schober (Schlagwerk)
Schauspiel in österreichischer Gebärdensprache: Werner Mössler, Markus Pol, Rita Luksch, Markus Rupert
Deutsche Lautsprache und Riesentrommel: Alfred Aichholzer
Noch am 12. Mai 2024; 20 Uhr
„Make Vienna Great Again!“
Stationentheater durch die Stadt Wien vom Rathaus über Burgtheater, Parlament, Hofburg, Staatsoper bis zum Stephansdom mit Rätselspiel zum Gewinnen mit Schülerinnen und Schülern der
MS 5 Wölfnitz Klagenfurt und dem Bundesinstitut für Gehörlosenbildung Wien
gespielt von Margot Wutte in Österreichischer Gebärdensprache und Rita Luksch in
Deutscher Lautsprache koproduziert mit „Ensemble 21“ und dem Schule-JugendTheater-Projekt des Landes Kärnten
Gebärdensprach-Coach: Werner Mössler.
13. Mai 2024; 10 Uhr
„Die 5 Sinne“
Visuelles Theater zum Begreifen, Erriechen, Erschmecken, Hören und Sehen als Theater in 5 Stationen vom Studio des Theater Spielraums bis zum Theater Spielraum mit Musik der taubblinden Laura Bridgman
gespielt von Florian Pichler, Markus Pol, Markus Rupert und Rita Luksch
inszeniert von Herbert Gantschacher als Stationentheater
im Studio und Theater Spielraum mit Schülerinnen und Schülern der MS 5 Wölfnitz Klagenfurt und dem Bundesinstitut für Gehörlosenbildung Wien
14. Mai 2024; 10 Uhr
„Die Bienen“
Visuelles Theater in Österreichischer Gebärdensprache und Deutscher Lautsprache nach einer Bildergeschichte aus Ostjerusalem
gespielt von Schülerinnen und Schülern der MS 5 Wölfnitz im Bühnenbild von Schülerinnen und Schülern der VS 20 Viktring (beide Klagenfurt) für Schüler:innen des Bundesinstituts für Gehörlosenbildung Wien mit
Markus Rupert (Stimme), Werner Mössler und Adi Schober (Schlagwerk) in einer Inszenierung von Herbert Gantschacher; Gebärdensprach-Coach: Werner Mössler.
15. Mai 2024; 10 Uhr
„Kurze Stücke“
Visuelles Theater in Österreichischer Gebärdensprache
von Hugo Ball und Fabian Hafner gespielt von Schülerinnen und Schülern der MS 5 Wölfnitz Klagenfurt und dem Bundesinstitut für Gehörlosenbildung Wien
mit Markus Rupert; Gebärdensprach-Coach: Werner Mössler.
16. Mai 2024; 10 Uhr
„Der Rhythmus des Lebens“
ein Stück Visuelles Theater mit Musik in Bewegung nach Gustav Mahlers vierter Symphonie bearbeitet für Kammerensemble, Stimme und Gebärdensprach-Chor
gespielt von Margot Wutte, Rita Luksch und Markus Rupert mit Schülerinnen und Schülern der MS 5 Wölfnitz Klagenfurt für Schülerinnen und Schüler des Bundesinstituts für Gehörlosenbildung Wien inszeniert von Herbert Gantschacher.
Gebärdensprach-Coach: Werner Mössler.
17. Mai 2024; 10 Uhr
„Antigone“
Klassische Tragödie von Sophokles als präsentation der Vorstellung des Algerischen Nationaltheaters Algier in Koproduktion mit dem Theater von Sidi Bel Abbes
Produziert von Lalla Moulati aus Algier; inszeniert von Saddek el Kebir
13. Mai 2024; 20 Uhr
„Die 5 Sinne“
Visuelles Theater zum Begreifen, Erriechen, Erschmecken, Hören und Sehen als Theater in 5 Stationen vom Studio des Theater Spielraums bis zum Theater Spielraum mit Musik der taubblinden Laura Bridgman
gespielt von Florian Pichler, Markus Pol, Markus Rupert und Rita Luksch
inszeniert von Herbert Gantschacher als Stationentheater im Studio und Theater Spielraum
14. Mai 2024; 20 Uhr
„Ursonate 2. Satz“ von Kurt Schwitters
Visuelles Theater in Gebärdensprache
gespielt von Margot Wutte, Markus Pol, Markus Rupert und Rita Luksch
inszeniert von Markus Pol
Gebärdensprach-Coach: Werner Mössler.
15. Mai 2024; 20 Uhr
„Bildergeschichten“ mit LES SINGULIERS LIMOGES (Frankreich)
Visuelles Theater als Geschichte in Bildern anhand der Gebärdensprache der Gehörlosen in französischer Gebärdensprache und französischer Lautsprache
gespielt von Vasily Bubnov und Sylvie Audureau
inszeniert von Philippe Demoulins.
16. Mai 2024; 20 Uhr
„Der Rhythmus des Lebens“
ein Stück Visuelles Theater mit Musik in Bewegung nach Gustav Mahlers vierter Symphonie bearbeitet für Kammerensemble, Stimme und Gebärdensprach-Chor
gespielt von Margot Wutte, Rita Luksch und Markus Rupert
inszeniert von Herbert Gantschacher
Gebärdensprach-Coach: Werner Mössler.
17. Mai 2024; 20 Uhr
Programm-Infos
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