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Szenenfoto aus "Heidi" im St. Pöltner Landestheater: Heidi (Caroline Baas) mit den beiden Ziegen Bärli (Annette Holzmann) und Schwänli (Katharina Rose) sowie dem Ziegenpter Eren Kavukoğlu
Szenenfoto aus "Heidi" im St. Pöltner Landestheater: Heidi (Caroline Baas) mit den beiden Ziegen Bärli (Annette Holzmann) und Schwänli (Katharina Rose) sowie dem Ziegenpter Eren Kavukoğlu
14.11.2022

Heidi auf der bunten Alm und in der grauen Großstadt

Johanna Spyris Kinderbuchklassiker auf der Bühne des St. Pöltner Landestheaters.

Farbenfroh ist die Welt auf der Alm – wie aus von Kinderzimmern bekannten Bausteinen errichtete. Da blüht sogar der wortkarge Alm Öhi, Heidis Großvater auf. Zwar geräumig, aber eher zwischen weiß und grau gehalten hingegen das „Glashaus“ der Frankfurter Wohnung von Klara, die von Heidi aufgemuntert werden soll. (Bühne und Kostüme: Bettina Kirmair)

Behindert werden

So weit, kürzest gefasst, die Bühnenfassung des in vielen Teilen der Welt bekannten Stoffs der Bücher von Johanna Spyri über „Heidi“ im St. Pöltner Landestheater – seit Mitte November als knapp mehr als 1 ½-stündiges Stück – mit einer langen Pause (Regie: Aslı Kışlal). Vielleicht bemerkenswerteste Änderung im Vergleich zum Original: Klara, das Mädchen aus der Stadt (gespielt von Katharina Rose, die auch in die Rollen von Peters Großmutter sowie der Ziege Schwänli schlüpft), ist hier nicht gelähmt. Sie wird in ihrer Bewegungsfreiheit stark behindert – von der auch im Original unerträglichen Rottenmeier, ihres Kindermädchens mit dem „Vornamen“ Fräulein. Nichts darf das Mädchen, alles könnte sie zu sehr anstrengen, belasten oder was auch immer. Eine wunderbare Idee Behinderung auf das zu fokussieren, was sie oft ist: Von anderen errichtete Hindernisse für Menschen, die entweder einen Rollstuhl brauchen, um sich fortzubewegen oder einfach Berücksichtigung bei (gebauter) Umgebung und ähnlichem mehr benötigen würden, um trotz Handicaps selbstbestimmt leben zu können.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Heidi“ im St. Pöltner Landestheater: Heidi (Caroline Baas) in der Mitte mit den beiden Ziegen Schwänli (Katharina Rose) und Bärli (Annette Holzmann)

Nicht ganz erschließt sich, weshalb der Tisch in Klaras Wohnung derart schräg ist und sie so hoch sitzt, wo doch angeblich alles für sie zu gefährlich und anstrengend ist, wie sie’s immer wieder zu hören kriegt von der Rottenmeier (Annette Holzmann tobt sich hier als wirklich nicht auszuhaltende Gouvernante aus, während sie als Heidis Tante Dete, die das zur Waisin gewordene Kind auf die Alm bringt, wie ein bisschen neben der Spur agiert; darüber hinaus spielt sie die zweite Ziege Bärli).

Eingehen

Wie Blumen ohne Wasser und Sonnenlicht geht Heidi (Caroline Baas) in der Frankfurter Wohnung ein, in der sie angehalten wird, nicht einmal ein Fenster zu öffnen, weil sonst die Klimaanlage nicht richtig funktioniert. Dafür schafft sie’s mit der selbstbewussten, frechen Art von Anfang an Klara so aufzuheitern, wie es ihr ab der ersten Begegnung mit dem von allem im Dörfli missgünstig betrachteten Alm Öhi (Sven Kaschte, der kurz auch als Klaras Vater, Herr Sesemann auftritt) passiert. Schritt für Schritt lebt Klara auf. Dafür lässt sich Heidi von dieser dazu bewegen, lesen zu lernen. Aus den fliegenden Buchstaben und Wörtern liest sie Passagen aus Spyris Werk – aus einem überdimensionalen Buch, das auch zum Bett und damit auch ein bisschen Trampolin wird. Und später die Aussicht auf eine Rückkehr Heidis auf die Alm – und zumindest einem Ausflug Klaras in diese belebte und belebende Welt ihrer (neuen) Freundin.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Heidi“ im St. Pöltner Landestheater: Alm Öhi (Sven Kaschte), Ziege Schwänli (Katharina Rose) und heidi (Caroline Baas)

Schade …

Last but not least ist natürlich Heidis herzensguter Freund und Lehrer im Umgang mit der Natur und den Tieren, der Ziegenpeter, zu nennen, sehr überzeugend verkörpert von Eren Kavukoğlu. Schade nur, dass die ursprüngliche Regie-Idee verworfen worden ist. Nach der hätte er auch eine von drei ständig wechselnden Rottenmeiers spielen sollen. Der Gedanke einer „Vervielfältigung“ der erwachsenen Erzieherin, die exemplarisch ein Kind sehr behindert und einschränkt, hätte das Stück bereichert. Und nebenbei noch die ansonsten eher schwarz-weiß-Zeichnung der Figuren durchbrochen.

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Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Heidi“ im St. Pöltner Landestheater: Heidi (Caroline Baas) und Sven Kaschte als Alm Öhi
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Heidi

nach Johanna Spyri
ca. 1 ½ Stunden; ab

Regie: Aslı Kışlal

Heidi: Caroline Baas
Ziegenpeter: Eren Kavukoğlu
Klara/ Peters Großmutter/ Ziege Schwänli: Katharina Rose
Alm Öhi/ Klaras Vater Herr Sesemann: Sven Kaschte
Tante Dete/ Ziege Bärli/ Fräulein Rottenmeier: Annette Holzmann

Bühne und Kostüme: Bettina Kirmair
Musik: Uwe Felchle
Dramaturgie: Thorben Meißner

Wann & wo?

Öffentliche Vorstellungen: Bis 14. April 2023
Schulvorstellungen: Bis 5. Mai 2023

Landestheater Niederösterreich
3100 St. Pölten, Rathausplatz 19
Telefon: 02742/ 90 80 80 600
karten@landestheater.net

landestheater -> heidi