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Montage aus vier Fotos vom Theaterwild-Festival + Schild vom Festival
Montage aus vier Fotos vom Theaterwild-Festival + Schild vom Festival
18.05.2021

Kinder und Jugendliche erarbeiteten eigene Theaterstücke

Für den Dschungel Wien, das Theaterhaus im Wiener MuseumsQuartier, eröffnen Kinder und Jugendliche mit dem erstmöglichen Tag nach der Pandemie die Rumpf-Saison am 19. Mai 2021. In vier Theaterwild-Werkstätten (vier Altersgruppen) haben sie – mit Hilfe von Profis – eigene Stücke und Performances erarbeitet. Gespräche mit einigen Beteiligten.

Ein Zaun trennt Publikum von Schauspieler*innen. Corona-Maßnahme? Kaum. Das Gitter würde Aerosole ja nicht aufhalten. Kommt ein Spiel über Tiergarten? Immerhin heißt das Stück „Blackbirds“ (Amseln – und der Titel eines Beatles-Song gegen Diskriminierung Schwarzer). Aber dann würd ein Zaun, der oben offen ist, auch keinen Sinn machen. Und irgendwie erinnert das Geschehen dann doch an eine Tiergarten-Situation. Bestaunen einer Art neuer Spezies: Menschen, die sich aus dem (vor-)herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem verabschiedet haben und neue Lebensformen aufzubauen begonnen haben.

„Eine andere Welt ist möglich“ ist der Untertitel dieses Ergebnisses einer der vier langfristigen Workshops des Dschungel Wien, des Theaterhauses für junges Publikum. Drei davon eröffnen die Rumpf-Saison nach dem laaaaaangen Lockdown. Ursprünglich zufällig für diese Mai-Woche geplant, wurden sie nun – als programmatisches Statement – genau auf den ersten Öffnungstag auch der Kultur – gebündelt verlegt. Das Ergebnis einer vierten der Theaterwild: Werkstätten wird am selben Nachmittag auch noch gestreamt (Genaueres unten in der Info-Box).

Arbeit an
Arbeit an „Blackbirds“: Jugendliche sitzen auf dem boden, einige halten Megaphone

Insel der Alternative

Sollte wem die Geschichte von „Blackbirds“ ein bisschen bekannt vorkommen – es war auch der Titel der Werkstatt der Jugendlichen im Vorjahr. Die Grundgeschichte war ebenfalls die gleiche: 2. Und 20. Bezirk Wiens haben sich vom Rest der Staat abgespalten und begonnen aus dem kapitalistischen System auszusteigen. Das war’s aber auch schon mit der Gemeinsamkeit. Die neuen Spieler*innen haben sich ihre eigenen Szenen erarbeitet und „viel selber eingebracht, das uns wichtig war“ – und zwar jeder und jedem Einzelnen, wie sie am Rande einer Probe Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … anvertrauen.

Interviews

Jojo (gespielt von Josefine Berger) flüchtete vor allem vor erlebter Gewalt auf diese Insel (2. und 20. Bezirk bilden in Wien eine Insel zwischen Donau und Donaukanal). Solche hat sie „selbst viel erlebt, deswegen ist es mir so wichtig, sie im Stück anzusprechen“, sagt sie. „Trotzdem fällt es mir noch nicht leichter, damit umzugehen, vielleicht dann, wenn wir’s vor Publikum spielen dürfen.“ Sie spielt „schon immer Theater.

Katharina Gabriel, im Stück Kathi, hat schon oft in Theaterstücken mitgespielt, aber immer in schon fertigen und sie „findet’s spannend, dass wir hier selber mitreden und das Stück erarbeiten. Die Welt, so wie sie ist mit ihren Problemen gefällt mir nicht, da muss was geändert werden“.

Greti (Margarete Plass-Willensdorfer) outet sich als vorbelastet „meine Eltern sind im Theater-Business“. Bis jetzt hat sie meist in fertigen Stücken gespielt, „aber beim Schultheater haben wir schon fast alles selber geschrieben“. Ihr Anliegen, das sie stark in „Blackbird“ einbringt: „Schule, so wie sie jetzt ist, ist blöd“ – und das wird im Stück dann mehrfach thematisiert.

Emma Penev (Emma) ist es wichtig, verstanden zu werden. In einem kleineren Monolog schildert sie „Ich hab schon immer zwei Seiten in mir… ich hab so was Lustiges, Verrücktes, aber auch nerviges in mir und dann aber auch so was Leises und Ruhiges“ Und weil damit andere nicht klar kamen/kommen, fühlte sie sich immer in die lustige Rolle gedrängt. Dem entfloh sie in der „anderen Welt“.

Theater gespielt hat auch sie schon vorher, auch in Sommerferienkursen, „aber nie bei so was Langem wie dieser Werkstatt“.

Thaddaeus Tirone (Teddy) hat ebenfalls schon viel Theatererfahrung – von der Volksschule bis zu Kursen, „aber ich wollte einmal wo mitmachen, wo wir selber bestimmen können, was wir spielen“. Sein Thema ganz klar: „Schule – das Lernen für gute Noten bringt fix nichts fürs Leben. Wir sollten lieber lernen, was wir selber lieben, wie wir Ideen entwickeln und umsetzen.“

Elli (Katharina Zöchmann) tanzt seit ihrem 4. Lebensjahr Ballett und begann ungefähr 1 ½ Jahre später mit TaeKwonDo – „damit hab ich aber mit ungefähr 12 Jahren aufgehört, Ballett mach ich weiter“. Ihr ist der Klimawandle – bzw. dessen Eindämmung – das wichtigste Anliegen, „ich war auch schon öfter auf den Freitags-Demos“.

Stella Draub (im Stück – wie die meisten mit dem eigenen Vornamen in Aktion, weil’s ja auch ihre eigenen Themen sind) hält Schule so wie sie ist, schwer aus. „So viel Pflicht und lernen für Ziele, die mich nicht interessieren. Ich will reisen, immer was Neues kennenlernen, die ganze Welt sehen.“ Mit dem Theater verbindet sie vor allem, „dass da auf einmal so mit ungefähr 6 oder 7 Jahren plötzlich der Wunsch da war, Schauspielerin zu werden“.

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Mehr Informationen

Draußen/drinnen

Immer wieder spielen die sieben Jugendlichen das Publikum – das ja zum Glück jetzt da sein kann, gerade das würde im Stream – der als Plan B ja vorbereitet war – nicht so wirklich klappen. Vor allem die wechselseitigen Reaktionen sind nun möglich. In der Tat ergibt sich so eine Art „Tiergarten“-Situation. Nur mit der Frage: Wer ist draußen und wer drinnen. Immerhin probieren die einen – auch wenn’s nur ein Theaterstück ist – Alternativen zum (vor-)herrschenden System anzuspielen, während die anderen im „Hamsterrad“ laufen 😉

KiKu-Story übers vorjährige „Blackbird“-Stück

Echtes/unechtes Leben

Ein weiterer Aspekt kommt gegen Ende so „nebenbei“ zur Sprache, wenn Stella sagt: „Es gibt nicht mehr diesen Drang, alles sofort zu posten und zu sharen“ und Kathi ergänzt: „Bei euch ist das Leben auf Social Media, wir leben unser Leben für uns!“

Generationen Z vs. α

Diese Zitate zeigen, dass es nicht nur eine Frage von Generationen ist, wie oft behauptet wird. Ältere, die darüber jammern, dass die Jungen immer nur am Handy sind. Dazu gab’s am Sonntag eine krass anmutende Situation. Es war der zweite Tag des Theaterwild-Festivals – wo einige der von Profis gemeinsam mit Kindern bzw. Jugendlichen erarbeiteten Stücke und Performances gestreamt wurden. Danach fand eine Diskussion mit einigen der Teilnehmer*innen der Werkstätten, aber auch von zwei älteren Frauen aus der Performance „Wir sehen rot! Der Age Company (in Kooperation mit der MUK – Musik- und KunstUniversität Wien) statt. Das diesjährige Theaterwild-Festival hatte das Thema Generationen. Und da meinte die 12-jährige Amelia – sie als Angehörige der Generation Z, nerve es, dass ihr kleiner Bruder (8, Generation α – Alpha), „ständig am Handy und Computerspielen ist. Nur, wenn ich meine Ruhe in meinem Zimmer haben will, dann kommt er und will mit mir was spielen“.

Und die 13-jährige Helene erzählte schon zuvor dem Reporter, dass sie kein Handy oder SmartPhone habe, „nicht einmal eine Armbanduhr, ich will auch kein Handy haben, ich lese lieber Bücher“. Auf die Nachfrage, ob sie sich dann nicht manches Mal ausgeschlossen fühle, meinte sie: „nein, im Gegenteil, ich find’s blöd, wenn wir zusammensitzen und alle für sich jede und jeder am eigenen Handy ist.“

„Alpha Gen“: Was machen die Überlebenden

Die beiden spielen im knapp mehr als einstündigen Stück „Alpha Gen“, das von der Theaterwild:Werkstatt „Wildwuchs“ erarbeitet worden ist. Flugzeugabsturz auf einer Insel. Im Flieger außer dem Piloten lauter Kinder/Jugendliche. Flugzeugabsturz, Überleben, aber was passiert dann. Erinnert ein bisschen an die Ausgangssituation des Klassikers „Herr der Fliegen“ (William Golding, 1954), wobei die berühmte österreichischen Kinderbuchautorin Mira Lobe schon 1948 mit „Insu-Pu“ ein solches Ausgangs-Szenario beschrieben hatte (neu aufgelegt vor ca. 10 Jahren vom Verlag Jungbrunnen).„Es ist ein bisschen unlogisch, aber ganz in Ordnung“, meinen die beiden über „Alpha Gen“. Vorgegeben war die Ausgangslage – Flug zu einer Geburtstagsparty. Die hat der Pilot für seine beiden Töchter, Zwillinge, organisiert. Neben eingeladenen Partygäste, schmuggeln sich auch andere in den Flieger. Weitere Vorgabe: Große mit grauem Stoff überzogene Styroporteile.

Aber … Auf der Absturz-Insel teilen sich alle in drei Gruppen – beim Flugzeug, zum Strand und in den Wald… Ein, nein DAS Generationenthema hier: „Der Pilot als Erwachsener hat gemeint, als Erwachsener hätte er mehr Rechte. Das ließen ihm die Kinder aber nicht durchgehen.“

Amelia und Helena „lieben es, zu improvisieren“, was sie beide – sowohl für Theateraufführungen als auch privat oft pflegen.

TickTack – Zeit

Die Jüngsten produzierten in der Theaterwild:Werkstatt „Wildfang“ eine zehnminütige Performance, die als Stream zu sehen ist. „Am Anfang war – NICHTS!“, beginnt die Show. Erst vereinzelt und zaghaft und dann immer mehr und turbulenter die Szenerie. Und vor allem „Ältere“ – als solche verkleidet – jammern: „Keine Zeit!“ zu haben. Am Ende eine Demo der Kinder mit selbst geschriebenen Tafeln. Unterschiedlichste Anliegen – aber immer dabei „mehr Zeit“ für diese zu haben – und stellen aber auch die Frage, kann man Zeit überhaupt besitzen.

Follow@kiJuKUheinz

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Theaterwild-Festival/Dschungel (Wieder-)Eröffnung

Ticktack
Showing der Theaterwild:Werkstatt „Wildfang“

Leitung: Kirin España
Darsteller*innen: Naomi Brauer-Kvam, Moussa Chamsi, Frederick Deutschländer, Lea Gesell, Saya Mory-Lamprecht, Emil Schaffer, Emina Schwab, Marie Senoner, Franka Throm, Leonardo Vita, Franz-Friedrich Waldhäusl, Nicola Wazola, Delia Weber, Alma Wieser-Dittel
Hospitanz: Jasmina Alam

Alpha Gen
Happy Birthday am Rande des Abgrunds
Theaterwild:Werkstatt „Wildwuchs“Schauspiel, 70 Minunten, ab 10 Jahren

Regie: Charly Vozenilek
Darsteller*innen: Thomas Akinmuko, Anna Decker, Moritz Durst, Lena Göschelbauer, Valentina Hergge, Valentin Huhle, Helene Anna Franziska Janda, Amelia Laa, Alma Moschen, Enya Neumayer, Matilda Plank, Yannic Schober, Philomena Soukup, Moritz Streimelweger, Mimoe Vozenilek
Mentaltrainerin: Alina Forstner; Hospitanz: Laura Mitterer; Support: Max Glatz
Wann?
19. Mai 2020
17.30 Uhr

Ja, ich will …!?
Theaterwild:Werkstatt „Wildwasser“
Empowerment zwischen Hollywood-Kitsch und Science-Fiction
Bewegungstheater, ¾ Stunde; ab 9 Jahren

Leitung: Christina Rauchbauer
Darstellerinnen: Marie-Christine Ablöscher, Lilia Beer, Anna Frühwirth, Amrita Kumar, Letizia Lanzas Zilahi, Anesa Lulaj, Noreja Posch, Frida Romen, Sofia Rovan, Matilda Rudigier, Mouna Sekkal, Pauline Wessely
Hospitanz: Stella Radovan
Wann?
19./20./21. Mai 2021
18 Uhr

Blackbirds
Eine andere Welt ist möglichTheater:Wildwerkstatt „Wildwechsel“Schauspiel, eine Stunde; ab 13 Jahren

Künstlerische Leitung, Regie: Klaus Huhle
Darsteller*innen: Josefine Berger (Jojo), Stella Draub (Stella), Katharina Gabriel (Kathi), Emma Penev (Emma), Margarete Plass-Willensdorfer (Greti), Thaddaeus Tirone (Teddy) Katharina Zöchmann (Elli)
Regieassistenz, Choreografie: Naima Rabinowich, Lea Sumey; Kostüm: Barca Baxant
Wann?
19. bis 21. Mai 2021
19.30 Uhr
16. bis 18. Juni 20201

Alle im oder via Dschungel Wien
1070, MuseumsQuartier
015220720-20
dschungelwien.at