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Szenenfoto aus "Pantoffelhelden"
Szenenfoto aus "Pantoffelhelden"
15.09.2021

Lach-Feuerwerk bei Lustspiel mit Tiefgang

„Pantoffelhelden“ – eine weitere köstliche Komödie mit Tiefgang von Miro Gavran im Wiener Theater Center Forum.

Wenngleich der deutschsprachige Titel ein wenig verwirrt, andere Erwartungen weckt bzw. so manche potenziellen Besucher:innen vielleicht eher abschreckt: „Pantoffelhelden“ im kleinen Theater Center Forum in Wien-Alsergrund ist eine mehr als empfehlenswerte Komödie. Wirklich sehr witzig mit sehr vielen Momenten, die einfach zum Lachen fast zwingen, weist es doch stets Tiefgang – im Umgang zwischen Frau und Mann, aber auch allgemein zwischen Menschen auf, demaskiert so „nebenbei“ Vorurteile und Ängste davor, „was könnten die Leute denken und sagen“.

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Genau dafür bürgt vor allem der Autor, der zwar in weiten Teilen der Welt, in Österreich aber (kaum – noch?) bekannt ist: Miro Gavran. In der kroatischen Hauptstadt hat er ein eigenes Theater gegründet, in allen Ecken und Enden der Welt werden Stücke des 60-Jährigen gespielt. Seine Werke sind in mehr als drei Dutzend Sprachen übersetzt. Seine Stücke feierten schon 350 Premieren – von Buenos Aires, Rio de Janeiro, New York, Los Angeles und Washington über Paris, Prag, Wien, Bratislava, Riga, Vilnius und Krakau bis Moskau und Mumbai (Indien) und Sydney (Australien).

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Sein voriges ebenfalls von „Die Theaterküche“ (Produktion & Kostüme/Maske: Carmen Wagner) im selben Theater produziertes Stück „Die Puppe“ (auch unter der Regie des Theaterbesessenen Hubsi Kramar) hatte Premiere kurz vor Lockdown 1 – und wird in dieser Saison – mit anderer Besetzung – wieder aufgenommen.

So, jetzt aber zu „Papučari“, das vor 13 Jahren im Theater Akzent, damals in kroatischer Originalsprache gespielt wurde und nun – erstmals auf Deutsch – läuft. Wobei der Originaltitel, der Männer bezeichnet, die alles für eine Frau tun, nicht den negativen Beigeschmack wie „Pantoffelhelden“ hat.

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Alsdann: Ana und Marko sind an ihrem ersten Hochzeitstag „glücklich, glücklich, glücklich ….“ Natürlich muss dieses Glück in Frage gestellt, ja (fast?) zum Platzen gebracht werden, sonst wär’s ja kein Stück. Dieser Störfaktor taucht in Form von Ivo Preradović auf, seines Zeichens Ex-Ehemann von Ana und frisch aus dem Gefängnis entlasse, wo sie und Marko ihn für die nächsten Jahre wähnten. Doch er war/ist unschuldig, andere hatte lange erfolgreich versucht, ihm die Schuld anzuhängen. Die Wohnung hatte er seinerzeit gemeinsam mit Ana gekauft, also ein Anrecht auf eine Hälfte. Und jetzt nach dem Gefängnis braucht er sie als Bleibe.

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Zu dritt auf engem Raum. Streit, Chaos und alles was dazu gehört vorprogrammiert. Wechselnde Bündnisse, Misstrauen, Situationskomik, Wortspiele, Gefühls-Achterbahnen – und selbst in extrem angespannten Momenten ironische Sager, Blicke, Bewegungen. Schließlich gesellt sich noch als vierte im Bunde Ennikö hinzu, Gefängnis-Zahnärztin, in die sich Ivo verliebt hat und mit der er die Wohnung gern für die eine oder andere Nacht hätte. Worauf die Eheleute in der Schule in der sie Geografie unterrichtet, er Sport und obendrein Direktor ist, übernachten. Und dann doch alte Gefühle, denn .. na mehr soll nicht verraten werden. Schon gar nicht das Ende.

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Nur so viel: Sehr köstlich agiert Manuel Dragan als Ivo mit einem spanischen Akzent und so manchen scheinbaren sprachlichen Missverständnissen. „Was machen meine Kartoffeln auf deinen Füßen?“ Ach Pantoffeln 😉

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Eszter Hollósi spielt nicht nur die Gefühls-Hochschaubahn glaubwürdig, sondern switcht derart überzeugend von der Ana in die Ennikö, dass in der Publikumsreihe hinter dem Rezensenten ein Besucher die Darstelllerin mit ungarischem Akzent bei der Verbeugung beim Applaus vermisste.

Anatol Rieger als immer wieder in die Rolle des Loosers gedrängte Marko nimmt auch diese gelassen hin.

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Trotz der abstrus erscheinenden Ausgangssituation finden sich die drei in der engen Bühne (Markus Liszt) des kleinen Theaters zunehmend einigermaßen zurecht. Bald geht es gar nicht um die vordergründige 3er-Konstellation, sondern um Ehrlichkeit, Vertrauen oder das Gegenteil, Eifersucht, Besitzdenken, Spielen mit den Gefühlen anderer, durchaus auch das Hinterfragen von Rollen-Zuschreibungen. In das Black nach jeder Szene hinein spielt Musik, meist mit Balkan-Touch.

Letzteres ist noch stärker in „Die Puppe“, über das der Rezensent nach der Premiere im März des Vorjahrs, wenige Tage vor dem ersten Lockdown gesprochen hat (damals noch für den Kinder-KURIER): „Durch die Puppe wird gezeigt, wo die Hauptfigur Fehler im Umgang mit Frauen gemacht hat und macht. Immerhin lebt er mit der „Puppe“ ja schon sechs Monate zusammen. Die Androidin ist dazu da, zu zeigen wo wir Männer Fehler machen, die Puppe steht stellvertretend für alle Frauen“, sagte Miro Gavran damals. Der bei der aktuellen Premiere verhindert war, weil er am selben Abend in Kroatien einen großen Kulturpreis bekam.

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KiKu – über „Die Puppe“

KiKu-Interview mit Miro Gavran

INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Pantoffelhelden

von Miro Gavran
Übersetzung ins Deutsche: Übersetzung: Tihomir Glowatzky
Eine Produktion der Theatercompany „Die Theaterküche“

Regie: Hubsi Kramar
Es spielen
Ana und Ennikö: Eszter Hollósi
Ivo Preradović: Manuel Dragan
Marko: Anatol Rieger

Bühne: Markus Liszt
Produktion & Kostüme/Maske: Carmen Wagner

Wann & wo?

WIEN
Bis 9. Oktober 2021
Theater Center Forum/Forum II
1090, Porzellangasse 50
Telefon: 01 310 46 46

www.theatercenterforum.com/pantoffelhelden/

NIEDERÖSTERREICH
14. bis 23. Oktober 2021
Gläserne Burg – Kuchlerhaus/Glasmuseum
A-2483 Ebreichsdorf-Weigelsdorf (Niederösterreich)
Pottendorfer Straße 24 – 26

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