„Wimmeln“ – umgesetzter Nachwuchsförderungspreis als weitere Premiere bei der Eröffnung der neuen Saison im Dschungel Wien im MuseumsQuartier.
Ein überdimensional großer hölzernen Sessel auf der einen sowie ein stilisierter Baum auf der anderen Seite dominieren auf den ersten Blick die Bühne. Rundum und dazwischen ist noch so viel zu sehen – das Bühnenbild (Bühne, Kostüm: Hansi Wimmer, Nike Hartmond) stimmt schon optisch auf die Geschichte von „Wimmeln“ ein und stellt die spontane Verbindung zur Gattung der gleichnamigen Bücher. Viel zu entdecken, nicht selten immer wieder Neues, vorher Übersehenes.
Schauspielerin Tamira Kalmbach tritt von der Seite auf, nennt ihren Vornamen – und nicht den der Figur im Stück, weil… ach das kommt noch. Sogleich tritt sie in Dialog mit dem Publikum und stellt die Fragen, wer (im Theater) lieber, vorne, hinten oder in der Mitte sitzt. Sie selber – nicht in echt, aber als Figur, würde sich am liebsten in der Mitte, in der Menge, verstecken. Auch auf dem Schulhof traut sie sich nicht mit den einen oder anderen zu spielen, am liebsten würde sie die ganze Pause allein am Klo verbringen.
Ihr Zuhause – in einer kleinen Wohnung (der ganz oben beschriebene Sessel ist auch ihr Bett und alles, praktisch das ganze Zimmer) – mit ihrer, spät von der Arbeit kommenden Mutter (Sebastian Egger, später noch in weiteren Rollen) UND ihr sprechender Bauch (Jasmin Shahali). Ansonsten alleine, aber hier wenigstens nicht irgendwer, sondern Bo, so ihr Name.
Allein sein kann ganz schön sein. Aber immer? Irgendwie geht ihr das schon ab. „Warum sagst du nie was? Warum stehst du immer alleine?“ bringt „Bauch“ ihre innersten Gefühle fürs Publikum, aber auch für Bo zu Gehör. Aber so einfach ist das nicht, wenn du dich nirgends dazugehörig fühlst, am Rand stehst, von anderen – vielleicht auch nicht sicht-, aber spürbar – dorthin gedrängt wirst…
Selbst zu ihrem Geburtstag kommen keine Kinder, sondern nur Freundinnen ihrer Mutter. Und erst das Geschenk: Ein Wimmelbuch. „Ich bin doch nicht vier geworden!“
Und doch, das lässt schon der Titel vermuten – und tut’s dann „natürlich“ – setzt mit dem Wimmelbuch eine Veränderung ein. Das Objekt entspricht übrigens zur großen Überraschung nicht dem, was du wahrscheinlich als solches kennst; da sei aber die Spannung nicht weg-gespoilert. In Szenen, die teilweise an Alice im Wunderland und an einen der Planeten im Kleinen Prinzen erinnern, erlebt Bo nun in der aus dem Buch aufsteigenden Fantasiereisen Begegnungen, die sie als Person wahrnehmen. Und sie traut sich mit ihnen zu sprechen.
Das macht Bo nun Mut, auch in Szenen, die nicht aus dem Wimmelbuch stammen, sondern in ihrer Wirklichkeit auf dem Weg zur und in der Schule spielen, Schritte auf andere zu zu machen, mit ihnen zu reden, da oder dort sich angenommen fühlen zu können.
Am meisten holt sie „Kopfüber“ (Jasmin Shahali) aus der Reserve. Sie betrachtet die Welt aus eben wie der Name der Figur sagt, anderer Perspektive. Und dies schlägt sich auch in ihrer Sprache nieder, wo sie Wechstaben verbuchselt, also Buchstaben von Wörtern miteinander vertauscht: „Mommst du kit“ zum Beispiel oder „Gernfläser“. Letztere – in Form von Kartons aus Klopapierrollen – kriegt nicht nur Bo, sondern aus einem Rollkoffer auch das Publikum, schließlich soll auch Zuschauer:innen die Möglichkeit zum Beitwlick, pardon Weitblick eröffnet werden. Und die Verteilung an dich und dich und ich… auf der Tribüne lässt dich auch unmittelbarer dazugehören als „nur“ vom Rande aus das Geschehen zu betrachten. Und als Symbol für suchende Blicke.
„Wimmeln“ (Text: Leah Luna Winzely, Regie: Julian Gutmann; Regie, Licht: Clara Caroline Siewering; Regieassistenz, Sound: Paul Schliermann) ist die Umsetzung einer Idee, die den Nachwuchsförderungspreis MAGMA – von Drama Forum und Dschungel Wien – gewonnen hatte. Und wurde realisiert von dem sich dabei gebildeten „Meeer Kollektiv“.
Meeer Kollektiv
Text: Leah Luna Winzely
Regie: Julian Gutmann
Regie, Licht: Clara Caroline Siewering
Schauspiel
Bos sprechender Bauch, Kopfsteinpflaster-Zählerin, „Kopfüber“ und andere: Jasmin Shahali
Bo: Tamira Kalmbach
Mutter, Mann mit Besen, Schulwart und andere: Sebastian Egger
Bühne, Kostüm: Hansi Wimmer, Nike Hartmond
Regieassistenz, Sound: Paul Schliermann
Textrechte: Felix Bloch Erben
Bis 23. September 2025
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
dschungelwien -> wimmeln
„Wimmeln“ ist das Gewinnerstück der Nachwuchsförderung MAGMA, einer Kooperation zwischen Drama Forum und Dschungel Wien
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