Eine wenig bekannte Erzählung Herzmanovsky Orlandos mit Gesang und Live-Musik im Theater Arche (Wien).
Ziemlich schräg wirkt diese ziemlich unbekannte Geschichte von Herzmanovsky-Orlando über diesen Herrn von Yb. Ein Trio aus Erzähler, Sängerin und Live-Musiker lässt die Haupt- und einige andere Figuren, denen er in seinem Leben und vor allem auf seiner Reise begegnet, lebendig werden – „Cavaliere Huscher oder Herr von Ybs verhängnisvolle Meerfahrt“ bis 16. März 2022 – im Theater Arche (Wien, Details inkl. Trailer siehe Info-Block unten).
Vor Wasser und Mist müsse er sich hüten, warnt eine Wahrsagerin die Mutter des neugeborenen Achaz von Yb. Und so, so der Autor, wären zumindest Karrieren als Marine-Admiral oder Großgrundbesitzer ausgeschlossen. Relativ zurückgezogen – als hätte er sich 100 Jahre vor der Corona-Pandemie schon sehr selbst isoliert – wird er zum Privatgelehrten. Und doch will er irgendwann raus, will das Meer wenigstens sehen, vielleicht auch riechen oder gar spüren. Spüren vielleicht auch anderes wie Kontakt zu Frauen – auch wenn ihm das bei Antritt seiner Zugfahrt in den Süden noch gar nicht bewusst zu sein scheint. Wie dieser feine Herr dann beiden – Meer und Frauen – näher, vermeintlich in den Himmel und über diesen in die Hölle kommt, diese Odyssee hören die Besucher:innen.
Diesen seltsamen Herrn gibt Nikolaus Kinsky in der Inszenierung von Karl Baratta als würde der Mann aus der Vergangenheit am Theaterabend leibhaftig auf der Bühne erscheinen – und doch stets zwischen sich und seinen Gefühlen recht viel Distanz legen, sich nicht erlauben, sie zu spüren.
Für Gefühle sorgen die Gegenspielerinnen des Herrn Yb, in Gestalt der wunderbaren Sängerin Manami Okazaki. Zart steht, sitzt oder geht sie vorsichtig und erfüllt den Raum mit ihrer kräftigen, klaren Stimme mit einer schier unendlichen Energie. Als dritter im Bunde sorgt Diego Marcelo Collatti ein wenig abseits am Klavier sowie am Akkordeon für mehr als musikalische Untermalung. Seine Musik, die der Instrumentalist auch komponiert hat, lässt handelnde Personen, vor allem aber auch immer wieder schrille Stimmungen unsichtbare Gestalt annehmen.
Die fast eineinhalb Stunden vergehen wie im Flug – und am Ende erklärt sich auch der neue Spitzname Cavaliere Huscher für Herrn Yb – aber da die Geschichte recht wenig bekannt ist und auch kaum Details im Netz zu finden sind, sei hier davon rein gar nichts verraten.
Bleibt leider eine unbedingt notwendige kritische Anmerkung. Auch wenn früher das Z-Wort durchaus üblich war, stellt sich die Frage, weshalb – immerhin musste für die Inszenierung ohnehin am Originaltext gekürzt werden – nicht nur dieses, sondern als „Draufgabe“ weitere rassistische Äußerungen des Dichters über die Wahrsagerin sowie einen Mitreisenden, der genau gar nichts zur Sache tut, belassen wurden.
Musikalisches Imaginarium nach einer Erzählung von Fritz von Herzmanovsky-Orlando
Inszenierung: Karl Baratta
Ein Erzähler/Sänger: Nikolaus Kinsky
Eine Sängerin: Manami Okazaki
Musik und ein Multiinstrumentalist: Diego Marcelo Collatti
Ausstattung: Clarisse Maylunas
Produktion: Bruno Liberda
5., 6., 14. und 16. März 2022
jeweils 19.30 Uhr
Theater Arche: 1060, Münzwardeingasse 2A
Reservierung: manami.okazaki@theaterarche.at
theaterarche -> cavaliere-huscher