Junge Schauspieler:innen entwickelten und spielen im Grazer taO! (Theater am Ortweinplatz) „Die Abklärung“ – inspiriert von sexueller und geistiger Aufklärung.
Abklärung als Titel, da drängt sich Aufklärung fast zwangsläufig auf. Und da wiederum – gerade wenn sich’s um ein Jugendtheater handelt – jene in Sachen Sexualität. Trotz sexueller Revolution vor mehr als einem halben Jahrhundert nicht selten noch immer mit mehr als einem Hauch Scham, kichern…
Diese spielt durchaus eine atmosphärische (Hintergrund-)Rolle in diesem gemeinsam von Jugendlichen gemeinsam mit dem Regisseur (Simon Windisch) entwickelten und von diesen gespielten Stück im Grazer TaO! (Theater am Ortweinplatz). Zentraler allerdings ist die so benannte Epoche der geistigen, kulturellen, gesellschaftlichen Erleuchtung in Europa ab dem 18. Jahrhundert, die oft mit Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ verknüpft wird.
Valentina Erler, Emma Moser, Adriel Ondas, Mo Roth, Elena Trantow und Greta Zaar treten abwechselnd – manchmal einzeln, oft gemeinsam – aus dem Schatten ins Licht: Vor projizierte Theatervorhänge, um dann hinter mit schwarzen Vorhängen drapierte Boxen zwischen den sechs erleuchteten Stellen der halbrund angeordneten Bühne zu verschwinden und dann wieder, mitunter überraschend, aufzutauchen.
Anfangs ein wenig verschüchtert, sprechen sie – mehr oder minder als eine Person – die Zuschauer:innen direkt an – aber auch diese als eine Person und in Du-Form. Irgendwann ein überfallsartiges Vorspringen, recht nahe ans Publikum herankommen. Als würden die Spieler:innen darüber selber erschrecken, vollführen sie postwendend einen kräftigen Schritt zurück.
„Dich würde ich gern kennenlernen, mit dir in Kontakt kommen.“ – „Ich finde dich interessant.“ Recht häufig schwingt eine erotische Komponente mit, die hin und wieder direkt geäußert wird. „Mit dir spazieren gehen und noch viel mehr…“ bis hin zu Plänen für die Zukunft schmieden. Oder würde das eher – so früh in einer möglichen Beziehung sogar eher ab-turnen. Wald, Strand, Straßencafé, Museum, Disco, Büro, Bibliothek… – verschiedene Settings für gemeinsame Orte erscheinen als Projektionen statt der roten Vorhänge.
Je länger die insgesamt rund 1-¼-stündige intensive, dichte Performance dauert, desto mehr werden Themen angesprochen wie Werte und Grundhaltungen. Wäre Übereinstimmung in zentralen Grundfragen Voraussetzung für eine mögliche Beziehung? Aber auch persönliche Verhaltensweisen werden thematisiert und actionreich in einer Szene angespielt: Tischmanieren – von äußerst feiner Nahrungsaufnahme einzelner Weintrauben mit Besteck bis zum wilden Reinbeißen in einen Kopfsalat.
Eine große Rolle spielen Bücher in unterschiedlicher Form – samt fake-mäßiger Interaktion und – ohne es zu spoilern – heftiger Aktion, die das Gegenteil von geistiger Aufklärung mit finsterem historischem Bezug symbolisiert. Immer wieder stellen Menschen Errungenschaften der Aufklärung – wissenschaftliche Erkenntnisse, Überwindung von Aberglauben, Trennung von Kirche und Staat, Schicksale nicht als gott-gegeben hinnehmen, sondern Kampf für Gerechtigkeit und Solidarität wie sie in der französischen Revolution (1789) in der Losung „Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit“ gipfelten -, in Frage. Erleben wir nicht aktuell in verschiedensten Ländern, wie hart erkämpfte Fortschritte in Gesellschaft und im menschlichen Umgang miteinander gekübelt und über Bord geworfen werden?
In einem Gespräch mit jungen Zuschauer:innen, dem Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… beiwohnen durfte, erzählen die jugendlichen Schauspieler:innen, dass und wie sie intensiv und ausführlich erst viel diskutierten, recherchierten und improvisierten, bevor es an die eigentliche Entwicklung dieses spürbar aufklärerischen Stücks gegangen ist. Unter anderem beobachteten sie in der Vor-Phase in verschiedensten Settings, wie Menschen miteinander umgehen, diskutierten tiefgründig über wichtige Themen und wollten „nebenbei“ auch das Miteinander reden trotz gegenteiliger Meinungen anspielen, um Positionen abzuklären. Obwohl der Titel „Die Abklärung“ angesichts aktueller Entwicklungen (fast) weltweit eher wie eine Art Gegenteil von „Aufklärung“ wirkt.
Vom Denken, Glauben und Wissen
Von: Simon Windisch und Ensemble
Ab 16 Jahren; 70 Minuten;
Von und mit: Valentina Erler, Emma Moser, Adriel Ondas, Mo Roth, Elena Trantow, Greta Zaar
Regie: Simon Windisch
Regie- und Produktionsassistenz: Carmen Schabler
Musik: Raphael Meinhart
Bühne, Kostüm und Ausstattung: Lätizia Stuhlbacher
Bühne, Kostüm und Ausstattung Assistenz: Maria Lienbacher
Technik: Sebastian Schweighart
Bis 6. Februar 2025 und
24. bis 30. Juni 2025
taO! Theater am Ortweinplatz
8010, Ortweinplatz 1
Telefon: 0316 846094
tao-graz -> die-abklaerung
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