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Szenenfoto aus "Ćelava pevačica" (Die kahle Sängerin) vom „Jugendtheater Stanislavski“
Szenenfoto aus "Ćelava pevačica" (Die kahle Sängerin) vom „Jugendtheater Stanislavski“
24.09.2022

Theater vom leidenschaftlichen Hobby bis zum „Leben“

Interviews mit den sieben Schauspieler:innen von „Ćelava pevačica“ (Die kahle Sängerin) vom „Jugendtheater Stanislavski“.

Während einer Probe bzw. kurz vor der Aufführung beim Birdie 15-Festival – Link siehe unten am Ende des Beitrages – führte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … mit allen sieben Darsteller:innen kurze Interviews. Die Leidenschaft für Theater war für manche früh, für andere erst viel später da. Und sie spielen alle in der Freizeit, üben ganz andere Jobs aus oder studieren.

Wollte mein Serbisch verbessern

Larisa Černe, Germanistik-Studentin in Wien, spielt witzig-frech die Haushälterin beim gastgebenden Ehepaar Smith. „Ich hab schon als Kind und als Jugendliche Theater gespielt. Ich kann mich erinnern in der Volksschule waren wir die einzige Klasse, die Theater gespielt hat. Mit einer Klassenkollegin hab ich mich um die Rolle der Julia in „Romeo und Julia“ duelliert. Und gewonnen. Romeo wurde übrigens auch von einem Mädchen gespielt, weil kein Bub das wollte“, erinnert sich die Mary-Darstellerin im Gespräch mit Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … – die übrigens schon zwei Mal bei – deutschsprachigen – Literaturbewerben (texte.wien bzw. exil-Literaturpreise) im Kinder-KURIER vorgekommen war, dem Vorläufer von kijuku.at

Szenenfoto aus
Larisa Černe als Mary, Haushälterin beim Ehepaar Smith

„Mit 13 in ich dann zum Jugendtheater Stanislavski gekommen, weil ich mein Serbisch verbessern wollte“, erzählt sie weiter. „Dort war ich dann drei Jahre, dann hatte keine Zeit mehr – in der Schule war mehr zu tun und auch anderes. Als Erwachsene hat man oft weniger Hobbys und ich wollte endlich auch wieder mein Serbisch weiter verbessern. Den Stücktext lesen und lernen. Das hat mich weiter gebracht“, freut sie sich. Auch wenn der Vater (Kenner der Weltliteratur und in beiden Sprachen perfekt zu Hause), der sich im Publikum immer wieder köstlich amüsiert, als erstes nach der Vorstellung zur Tochter mit einem Grinser sagt: „Wir müssen noch ein bisschen am Aorist arbeiten“ und dem daneben stehenden Journalisten erklärt, dass es sich dabei um eine ansonsten nur im Griechischen auch bekannte spezielle Form der Vergangenheit – eben abgeschlossen – handelt. Die Wörter sind gleich wie in der Vergangenheit, aber die Betonung ist eine andere“.

Szenenfoto aus
Lana Grčak spielt Geige und schlüpft in viele Rollen – in einer Szene liest sie die selbe Zeitung wie eingangs Mr. Smith – nur verkehrt herum 😉

Geigerin und wortlose Kommentatorin

Lana Grčak, die ganz ohne Worte, nur mit ihrer Mimik, ihrem Körper – und in einer Szene auch dem Geigenspiel – eher im Hintergrund eine starke Bühnenpräsenz ausstrahlt, studiert ihr Streichinstrument an der Linzer Bruckner-Universität. In Wien hat sie am Konservatorium begonnen, aber ihr Geigenlehrer wechselte nach China. „So konnte ich mich zwischen China und Linz entscheiden. In China war ich auf einer Konzert-Tournee, das war sehr interessant und gut – für ein paar Tage. Aber dort leben? Ich weiß nicht, da hab ich Linz vorgezogen.

Mit fünf Jahren hat sie mit dem Geige-spielen begonnen. „Für mich und meinen Bruder war das nicht schwierig, für die Eltern manchmal schon anstrengend“, erinnert sie sich im Interview an die Anfänge. Daneben spielt sie noch ein bisschen Gitarre, Ukulele und Klavier, Fußball und schwimmt gerne.

Aber wenn sie zur Geige greift – ob üben oder vor Publikum spielen -, „dann geht’s mir sehr gut. Wenn ich vorher oder rundum Probleme hab, wird in diesen Momenten alles viel besser. Ich bin dann voll da in der Gegenwart.“

Theater sei für sie „eine große Liebe, auch wenn bisher immer nur als Musikerin. Hier darf ich zum ersten Mal auch schauspielen“, freut sie sich über die vielen kleinen Rollen.

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Jovana Smiljanić spielt den Feuerwehrhauptmann

Warum nicht?!

Ein Helm mit Lampe und ein langer Schnurrbart sowie vor allem manspreadinges Sitzen – Beine breit auseinander, die beiden daneben sitzenden Frauen auf engem Raum zusammenquetschen verwandeln Jovana Smiljanić in den Feuerwehrhauptmann, der zu Besuch kommt und viel und gern redet und Gschichtln erzählt. Sie ist mit 19 Jahren die Jüngste im Ensemble von „Ćelava pevačica“ (Die kahle Sängerin). Die Schulabbrecherin, die nun selbstständig für die letzten Prüfungen bis zur Matura lernt und nebenbei im Kundenservice arbeitet, hatte vorher in Serbien nicht so viel mit Theater am Hut, pardon Helm, hatte sie am Rande eines Probenbesuchs von Kinder I Jugend I Kultur I und mehr … in den Räumlichkeiten des Jugendtheaters Stanislavski erzählt.

In Wien sei sie vor vier oder fünf Jahren gefragt worden, ob sie nicht an Theaterkursen teilnehmen möchte. Ihre Reaktion sei gewesen: „Warum nicht?! Ich hab da Leute getroffen, mit denen ich mich gut verstehe, die ähnlich sind. Ja, und Schauspiel hat mir Spaß gemacht, meine jetzige Rolle sogar sehr. Ich find die ganz lustig.“

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Jovana Kopanja eine „alte“ Mrs. Smith

Kann jedes Alter spielen

Vornamens-Cousine Jovana Kopanja spielt die Figur der Mrs. Smith, eine Dauerquasslerin, eher kaltherzig mit einem Schuss Zynismus. Nicht nur die graue Perücke, sondern das ganze Schauspiel Kopanjas verleiht ihr das entsprechende Alter. „Sie kann jedes Alter spielen“, zollt die Regisseurin Lob für deren Verwandlungsfähigkeit. Die ausgebildete Lehrerin arbeitet in Österreich als Kindergartenassistentin. „Als kleines Kind hab ich nur einmal in einem Theaterstück gespielt und da nur eine Blume, die mit anderen das Bühnenbild war. So wirklich angefangen hab ich erst in Wien mit Kursen im unserem Theater.“

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Nikola Prerad in der Rolle des Mr. Smith

Schon auf Latein gespielt

Ihren Ehemann spielt Nikola Prerad, der in der Verwandtschaft eine kreisrunde Brille mit dunklem Rand aufgetrieben hat – eine wie sie Stansilavski auf den meisten Bildern trägt, dessen Porträt riesig an einer Wand des Theaters am Wiener Rennweg klebt. Er ist von Beruf Jurist – in dritter Generation. „Es gab aber keinen Druck der Familie, für mich war Jus (das er in Wien studierte) so etwas wie Liebe auf den ersten Paragraphen.“

Mindestens genauso groß ist seine Liebe zum Theater. „Schon als Kind bin ich oft auf der Bühne gestanden. Und als Jugendlicher in dem, was hier Oberstufe ist, haben wir ein eigenes Theaterstück auf Latein geschrieben und gespielt. Wir haben Stoff aus dem Unterricht, wie die alten Römer gelebt haben, zu einem Stück gemacht. Außerdem spiele ich Ziehharmonika und mit der war ich auch oft auf der Bühne und als 17-Jähriger hab ich in Bosnien auch Gedichte vorgetragen.“

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Enisa Maca Čućić spielt Mrs Martin

Selber einiges reinbringen

Enisa Maca Čućić legt ihre Rolle als Mrs. Martin eher kokett an – wobei sie auch abseits der Bühne nicht unähnlich agiert. Die gelernte Krankenschwester (seinerzeit in Kroatien) arbeitet als Orthopädin an der Anfertigung von Maßschuhen. Auch sie hat schon recht früh – in der Grundschule – Theater gespielt, später in der Mittelschule auf Bühnen vor allem gesungen. „Das ist ein großes Hobby von mir, das mich das ganze Leben begleitet. Dieses Stück find ich sehr interessant und ich durfte in meine Rolle auch selber einiges reinbringen.

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Dejan Knežević als Mr. Martin

In meiner Sprache

In die Rolle des „Fremden“, der sich als ihr – in dieser Version stark turtelnder – Ehemann herausstellt, schlüpft Dejan Knežević. Der studierte Tierarzt machte in Österreich einen Kurs zum Schweißer, um schnell zu einem Job zu kommen. „In Bosnien hab ich nur einmal Theater gespielt, aber nichts richtiges“, erzählt er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … Als er nach fünf Jahren von Linz nach Wien übersiedelte fand er hier auf Social Media das Stanislavski-Theater, meldete sich, „Und das ist jetzt meine vierte Rolle im dritten Stück in den letzten zwei Jahren“, freut er sich über den Charme, den er in seinen Mr. Martin legen kann. „Theaterspielen ist für mich Leben, noch dazu in meiner Sprache. Deutsch hab ich bisher nicht sehr viel gesprochen, auf der Baustelle sind die Sprachen Jugoslawisch, Türkisch und Ungarisch.“

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