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Szenenfoto aus "Bradley - letzte Reihe, letzter Platz" im Theater im Zentrum, 2022
Szenenfoto aus "Bradley - letzte Reihe, letzter Platz" im Theater im Zentrum, 2022
22.10.2022

Und er ist doch kein Monster …

„Bradley – letzte Reihe, letzter Platz“ von Louis Sachar im kleinen Haus des Theaters der Jugend (Wien).

Keine und keiner mag ihn. Und das scheint mehr als verständlich, denn Bradley Chalker ist ekelhaft zu allen. Außer zu seinen Kuscheltieren. Mit denen unterhält er sich – und sie sich mit ihm, wenn sie‘s nicht untereinander tun. Er sitzt in der letzten Reihe am letzten Platz – was auch den deutschen Titel des Jugendromans ergab, den Louis Sachar vor fast 20 Jahren unter „There’s a Boy in the Girl’s Bathroom“ (Da ist ein Bub am Mädchen-Klo) veröffentlichte. Wie auch seine anderen flott zu lesenden Jugendbüchern geht’s um an den Rand gedrängte Jugendliche. Und hoffnungs-gebende Wandlungen. Natürlich bleibt Bradley nicht das böse „Monster“.

Veränderung nachvollziehbar

Übersetzt vom Chef-Dramaturgen des Theaters der Jugend in Wien, Gerald Maria Bauer, neu inszeniert von Nicole Claudia Weber, spielt das Ensemble derzeit (bis 6. Dezember 2022) im Theater im Zentrum eine sehr lebhafte, abwechslungsreiche, spannende Dramatisierung. Robin Jentys lässt sowohl den bösartigen als auch den liebevoll mit seinen Kuscheltieren redenden Bradley, vor allem aber dessen schrittweise Wandlung zum netten Klassenkollegen glaubhaft und nachvollziehbar lebendig werden. Hauptverantwortlich für die Veränderung ist die neu an die Schule gekommene Psychologin Carla Davis (Ursula Anna Baumgartner). Sie ist die zweite Person, die Chalker völlig vorurteilslos begegnet, ihn freundlich begrüßt und auch nicht auszuckt oder abwehrend auf seine Aggression reagiert. Was er – voll in seinem Verhalten eintrainiert – erst gar nicht wirklich wahrhaben will.

Sie glaubt an die Jugendlichen

Der erste, der‘s probiert hat, der neue Mitschüler Jeff Fishkin (Stefan Rosenthal), scheiterte. Obwohl er sagt, dass es ihm gar nichts ausmache, neben Bradley gesetzt zu werden, fordert der von ihm einen Dollar, ansonsten würde er ihn anspucken. Würde er allerdings sein Freund werden wollen, würde er ihm das Geld wieder geben. Macht der – nicht gern, aber doch. Jeff, verprügelt von Melinda Birch (Christine Garbe, die auch Bradleys Mutter spielt), beschuldigt jedoch Bradley, dass der ihm das blaue Auge verpasst hätte. Natürlich versöhnen sich auch die beiden Jungs und sie werden sogar beide zur Geburtstagsparty von Colleen Verigold (Victoria Hauer) aus der Mädchen-Crew eingeladen.

Wandelbar auch das Bühnenbild

Gespielt wird in einem fast ständig sich wandelnden Bühnenbild aus verschiebbaren Wänden von Klassenzimmertüren. Vier der Schauspieler:innen – Jan Walter, Thomas Kolle, Shirina Granmayeh und Uwe Achilles – stellen nicht nur verschiedene Personen dar, sondern spielen auch fast „blind“ – hinter Wänden – die großen Kuscheltiere – Gans, Hund, Zwergkaninchen Kim und Bär Bartholomew. Herausfordernd auch für den Bradley-Darsteller, wenn er mit ihnen redet.

Auch wenn sie für etliche Lacher sorgt, ist fraglich, weshalb die Lehrerin Mrs. Ebbel und Colleesn Mutter, die sich massiv über die Schulpsychologin aufregt und letztlich für deren Rauswurf verantwortlich zeichnet, (beide von Karoline-Anni Reingraber gespielt) derart karikaturhaft angelegt sein müssen.

Mantra

Skeptisch fand ich, dass ihr Satz „Danke, dass du so viel mit mir geteilt hast“ fast zur Phrase verkommt. Das mantra-artige Wiederholen soll aber bewirken, dass dies – insbesondere bei Bradley, der bisher praktisch nur Ablehnung oder Unverständnis – auch im Elternhaus weicht man ihm eher aus – sich bei den Jugendlichen tief im Innersten einbrennt. Lange und intensiv sei an den Szenen bei der Schulpsychologin gearbeitet worden, sagt die Regisseurin nach der Premiere zu Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… In die Arbeit an diesen Szenen habe sie auch ihre Erfahrungen mit Jugendlichen in Theaterspiel-Clubs in Deutschland, der Schweiz und Österreich eingebracht.

Follow@kiJuKUheinz

Titelseite des Jugendbuches - Basis des derzeit im Wiener Theater der Jugend laufenden gleichnamigen Stücks
Titelseite des Jugendbuches – Basis des derzeit im Wiener Theater der Jugend laufenden gleichnamigen Stücks
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Bradley – letzte Reihe, letzter Platz

von Louis Sachar
Deutsch von Gerald Maria Bauer
Ab 11 Jahren; 2 Stunden

Regie: Nicole Claudia Weber

Bradley Chalkers: Robin Jentys
Jeff Fishkin: Stefan Rosenthal
Brian / Die Gans (Puppe): Jan Walter
Robbie / Ronnie, der Hund (Puppe) / Schulwart: Thomas Kolle
Colleen Verigold: Victoria Hauer
Melinda Birch / Mrs. Chalkers: Christine Garbe
Lori Westin / Kim, ein Zwergkaninchen (Puppe): Shirina Granmayeh
Carla Davis: Ursula Anna Baumgartner
Mrs. Ebbel (Lehrerin) / Colleens Mutter: Karoline-Anni Reingraber
Mr. Chalkers / Colleens Vater: Valentin Späth
Bartholomew, der Bär (Puppe) / Schuldirektor: Uwe Achilles

Bühnenbild: Gerald Maria Bauer / Nicole Claudia Weber
Kostümbild: Katharina Kappert
Licht: Fritz Gmoser
Puppenbau: Julia Elisabeth Beyer

Dramaturgie: Gerald Maria Bauer
Regieassistenz und Inspizienz: Eva Maria Gsöllpointner
Hospitanz: Louis Marley Crowfoot Schropp

Aufführungsrechte: Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co. G.m.b.H., Wien

Wann & wo?

Bis 6. Dezember 2022
Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3
Telefon: 01 52110-0
tdj -> bradley-letzte-reihe-letzter-platz

Buch-Infos

Buchinfos

Text: Louis Sachar
Übersetzung: Klaus Fritz
Bradley letzte Reihe, letzter Platz
211 Seiten
Ab 10 Jahren
dtv/Reihe Hanser
9,20 €
Zu einer Leseprobe (rund 20 Seiten) geht es hier