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Die Schauspieler:innen mit dem Regisseur und einigen der viiiielen Ordnern
Die Schauspieler:innen mit dem Regisseur und einigen der viiiielen Ordnern
06.01.2024

Versuch, „kafkaesk“ spür- und erlebbar zu machen

Probenbesuch bei „Im Panoptikum des Franz K.“ im kleineren Haus des Theaters der Jugend in Wien, im Theater im Zentrum.

„Unspielbares“ auf die Bühne zu bringen, die Zweite. Nach der gelungenen Dramatisierungen von Teilen aus den autobiographischen Texten Thomas Bernhards vor einem Jahr, steht nun Verdichtetes aus den Tagebüchern von Franz Kafka (sein Todestag jährt sich heuer zum 100. Mal), angereichert um Kürzest-Auszüge aus einigen seiner Werke sowie aus Briefen auf dem Spielplan des Theaters der Jugend in Wien, Titel „Im Panoptikum des Franz K.“. Im kleineren Haus, dem Theater im Zentrum, stehen die letzten Tage der siebenwöchigen höchst intensiven Proben auf dem Programm.

Geprobt wird beim Lokalaugenschein von Kinder I Jugend I Kultur I und mehr… am Vorabend des Drei-Königs-Feiertags eine Szene nach Kafkas Blutsturz im Spätsommer 1917, deren Aufzeichnung er in den Tagebüchern mit Szenen aus seinem Prosatext „Der Landarzt“ verknüpft. Und die nicht zuletzt auch jenen Teil seiner vielen Tagebucheintragungen widerspiegelt, in denen ihm gar nicht so viel am eigenen Leben liegt.

Grotesker „Chor“

Die Groteske, die sich in dem geflügelten – längst weit, weit von Kafkas Literatur entfernten Begriff kafkaesk materialisiert, bringt hier der Auftritt von Sophie Aujesky als „Schulchor“ ins Spiel „und heilt er nicht, so tötet ihn!  ‘S ist nur ein Arzt, ‘s ist nur ein Arzt.“

Wie soll Jasper Engelhardt als Franz K. hinfallen, wie David Fuchs (er spielt unter anderem den Vater Hermann) in der Pose eines Arztes dem Todkranken zur Seite eilen, wie ihm später Todesflügel umhängen… Annäherung von verschiedenen Richtungen, umkippen mal da, dann dort hin. Während die Schauspieler szenisch üben, wie sich’s am besten auch mit dem Text ausgeht, wandert Regisseur Gerald Maria Bauer im Publikumsraum von einer Position zur anderen – mal ganz vorne nah dran, dann prüft er, wie schaut’s von weiter hinten aus – wie von links, rechts oder aus der Mitte. Selten bei Proben noch so gesehen, dass so viele unterschiedliche Publikums-Blickwinkel ausgetestet wurden/werden. Nach etlichen Ver-Rückungen wird aus der Szene eine runde Sache.

Lässt Gelingen stark erahnen

Vierter im Bunde auf der Bühne ist Valentin Späth, der in dieser sowie der folgenden Szene eines Traums auf dem Friedhof als „Der K.“ nicht so sehr im Zentrum steht. Dafür hat er – dem Stücktext zufolge zumindest in jener Szene mit heftigen Anklängen an Kafkas berühmtes Stück „Die Verwandlung“ als Gregor Samsa einen „gewaltigen“ Auftritt.

Die beiden Szenen beim Probenbesuch lassen ahnen, es könnte mit diesem Kafka-Stück ähnlich gelingen wie die eingangs genannten autobiographischen Skizzen von Thomas Bernhard – und darüber hinaus ebenfalls wieder Themen heutiger Jugendlicher ansprechen. Waren’s bei Ersterem die Gefühle als Kind und Jugendlicher oft nicht gemocht, abgeschoben zu werden, Außenseiter-Dasein, autoritäre Erziehungsmethoden, so sind es nun – wieder – Außenseiter – aber auch Pendeln zwischen Genie und (fast) ständiger Unzufriedenheit mit der eigenen Arbeit (Texten), sowie dem Körper, und Dauer-Beziehungsprobleme.

Der Hammer

Trotz all der angesprochenen ernsten, existenziellen Fragen, Nöte und Themen, gelingt es auch den teils absurden Humor des Schriftstellers in Szenen einzubetten.

Vor allem aber muss – eben für einen Probenbesuch, bei dem nur zwei Szenen zu erleben waren – die optisch ins Auge springende Bühne genannt werden. Die ist – im zweiten Teil – ein Hammer (Ausstattung und Licht: Friedrich Eggert). Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… wurde nur eindringlich gebeten, vor der Premiere keinesfalls Fotos dieses Aktenordner-Labyrinths zu veröffentlichten. Nur so viel: Spontan erinnert der Aufbau dieser rund 2.700 Aktenordner – mit Aufschrift im Stil der damals üblichen Kurrentschrift an unmögliche Konstruktionen in den Bildern von Maurits Cornelius Escher. Und damit gleichzeitig Symbol für Kafkas Kritik am Kampf gegen übermächtige Bürokratie.

Die Konstruktion auf der Theaterbühne ist natürlich schon möglich, wenngleich für die Schauspieler:innen nicht immer eine Leichtigkeit überall durch oder drumherum zu kommen. (Premiere, die gleichzeitig eine Uraufführung ist: 12. Jänner 2024 – siehe Info-Block.)

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Interview mit dem Regisseur

Sujetfoto zu
Sujetfoto zu „Im Panoptikum des Franz K.“
INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Im Panoptikum des Franz K.

Aus den Tagebüchern Franz Kafkas
für die Bühne eingerichtet von Gerald Maria Bauer
Mitarbeit Sebastian von Lagiewski

Franz K.: Jasper Engelhardt
Der K. / Gregor Samsa: Valentin Späth
Hermann K. / Maler Titorelli / Der Landarzt/ Anton Kuh: David Fuchs
Felice / Milena Jesenská: Sophie Aujesky
in weiteren Rollen: Ensemble

Regie: Gerald Maria Bauer
Ausstattung und Licht: Friedrich Eggert
Dramaturgie: Sebastian von Lagiewski
Assistenz und Inspizienz: Eva Maria Gsöllpointner
Hospitanz: Lukas Spring

Wann & wo?

12. Jänner bis 20. März 2024
Theater im Zentrum (kleineres Haus des Theaters der Jugend): 1010, Liliengasse 3
Telefon: 01 521 10-0
tdj.at -> im-panoptikum-des-franz-k

Buch

Text: Franz Kafka
Tagebücher 1910 – 1923
verschiedene Verlage, verschiedene Seitenanzahl zwischen 461 und 550
Taschenbuch: Ab 15,90 €
eBook: Ab 0,79 €