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Kabarettistinnen Isabel Meili, Malarina und Elli Bauer (mit Gitarre) auf der Bühne im Schwechater Felmayergarten
Kabarettistinnen Isabel Meili, Malarina und Elli Bauer (mit Gitarre) auf der Bühne im Schwechater Felmayergarten
24.07.2021

Weite sprachliche, kulturelle und lustige Reise mit drei Kabarettistinnen

Wunderbarer Abschluss des Schwechater Satirefestivals – mit weiser Entscheidung des geplanten Wettbewerbs.

Mit einer ungewöhnlichen und weisen Entscheidung ging das Schwechater Satirefestival zu Ende. Aus bekannten Gründen, die mit C beginnen und orona aufhören, war die Veranstaltungsreihe vom Anfang des Jahres in den Sommerbeginn und von in- auf outdoor verlegt worden. Am letzten Abend stand Frauenpower auf dem Programm – geplante vier – aus Krankheitsgründen dann nur drei relative Newcomerinnen – Elli Bauer, Malarina und Isabel Meili begeisterten das Publikum im Felmayergarten gleichermaßen. Und zwar so, dass das Konzept, jene mit dem meisten Applaus bekommt beim nächsten Festival einen ganzen Abend, über den Haufen geworfen wurde. Alle drei – und dann noch die vierte, Miriam Hie, bekommen einen gemeinsamen Abend.

Weite Reise

Die Programmierung mit diesen drei, aber auch bei allen vier, Künstlerinnen verschafft neben viele Lachen auch eine kulturelle und gedankliche Reise. Alle vier in Österreich beheimatet bringen viel Lokalkolorit aus ihrer Herkunftskultur mit. Und da spannt sich der Bogen von zwei gegensätzlichen Grazer Bezirken (Jakomini und Uni) über Serbien, den Balkan und Tirol bis zu Schweiz, Tschechien, Russland und Wien. Als vierte im Bunde könnte/wird Miriam Hie dann noch Asien, speziell Indonesien miteinbringen.

Stoffsackerl-Spruch

Die Steirerin Elli Bauer eröffnete – Reihenfolge alphabetisch mit Auszügen aus ihrem Programm „Stoffsackerlspruch“. Und solche bringt sie nicht nur ein, sondern versucht sie auch aus dem Publikum zu sammeln, oder wenigstens fortsetzen zu lassen wie „Träume nicht … – dann kommt schon aus dem Auditorium „dein Leben, sondern lebe deine Träume“. Und schon fallen ihr dazu die unmöglichsten Träume ein, die sie angeblich gehabt hat – und die zu leben, na Bumm?!

So wie sie sich in ihrer Heimatstadt zwischen den zwei sozial ziemlich gegensätzlichen Bezirken hin und hergerissen fühlt, so greift sie die Widersprüche auch innerhalb der Bezirke, des Lebens im Allgemeinen und eben diverser Sinn- und Weisheitssprüche auf, um sie dann oft nur leicht auf die Spitze zu treiben, womit sie Lachen erzeugt. Beim Auftritt in Schwechat hatte sie „nur“ ihre Gitarre dabei, oft greift sie zu weiteren Instrumenten – von Ukulele über Cachon bis zum Klavier.

Mit 16 Lieder geschrieben

Begonnen hatte bei der bilingual – steirisch gefärbtes Deutsch und schottisch gefärbtes Englisch – aufgewachsenen Elli Bauer die künstlerische Laufbahn „mit Liedern, die ich mit 16 geschrieben habe im Stile einer englischen Singer-Songwriterin“, erzählt sie nach den Auftritten Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr …

Als Betreuerin auf Kinder-Sommercamps „hab ich dann zur Gitarre lustige Lieder getextet und gesungen und dabei gemerkt, ich kann Witziges schreiben.“ Daraus ist dann letztlich ihr erstes Programm „Stoffsackerlspruch“ entstanden. Viel (Auto-)Biographisches, eigene Erlebnisse und solche aus ihrer unmittelbaren Umgebung – „natürlich immer überhöht, zugespitzt und in künstlerischer Freiheit verändert“ – floss ins Programm ein – und wird es wahrscheinlich in Folgeprogrammen auch tun.

Imageproblem

Mit dem Imageproblem ihrer Herkunftskultur vor allem in Österreich spielt die 31-jährige Maria Lacković, die unter ihrem Künstlerinnennamen Malarina auftritt. Ihr erstes Programm: „Serben sterben langsam“.

Zum einen nimmt die Künstlerin, die in Tirol aufgewachsen ist, sich selbst und Klischees über Serb:innen auf die Schaufel, um fast chirurgisch fein die gar nicht so anders gestrickten Muster der Österreicher:innen heraus zu operieren. Der Wundschmerz ist nicht zu vermeiden: Nationalismus als gemeinsames bösartiges Geschwür. „Im Grunde sind wir Schwabos plus Zwiebel minus Umlaute!“

Schon als Kind gern geschrieben

Zum Studium der Komparatistik kam Malarina nach Wien. „Geschrieben hab ich schon immer gern, auch als Kind und Jugendliche“, vertraut sie dem Journalisten an, „auch lustige Texte. Eigentlich wollte ich Gag-Schreiberin werden und dachte, das wäre ein gut bezahlter Job.“

Die Wende zur Schreiberin des genannten Programms – sie hat auch andere, kürzere Nummern, eines u.a. darüber, wie Märchen anders laufen würden, hätten sie Frauen geschrieben, ist unten verlinkt – kam mit der verwirrenden Situation, dass die FP unter HC Strache begann die Austro-Serben zu umwerben und viele von ihnen darauf reingefallen sind. „Da musste ich ein Programm dazu machen und von diesem scheinbaren Widerspruch ausgehend kam ich dann erst zur ganzen Geschichte zwischen Österreich und Serbien.“ Da darf natürlich auch nicht das Attentat von Sarajewo fehlen, „aber, dass die Waffe für den serbischen Attentäter auf den Thronfolger der Monarchie ein Kroate besorgt hat, davon redet wieder niemand“, heißt es im Bühnenprogramm.

Die meist lustige Klassenclownin sei sie in der Schule schon oft gewesen, „aber erst später, in der Volksschule als ich noch nicht so gut Deutsch konnte – die ersten Lebensjahre in der Walachei mit Serbisch und Rumänisch aufgewachsen -, war ich ruhiger und habe eben sehr oft Sätze schon gut im Kopf vorgebildet bevor ich sie ausgesprochen habe.“ Das hat ihre Lust am Formulieren geschärft. Heute schießt sie die Sätze in fast atemloser Geschwindigkeit von der Bühne.

Neben ihren witzigen, kabarettistischen Texten, die sie aus Anekdoten aus ihrem Leben und aus aufmerksam-kritischem Medienkonsum bezieht, „verfasse ich auch Lyrik, aber die ist eher düster und tragisch“, also fast klischeehaft balkanmäßig.

Manches geht auf Schwyzer-Dütsch gar nicht

Mit Schwyzerdütschen Sprachspielereien startete Isabel Meili in ihren Part der Dernière des Satirefestivals. Schimpfen oder Dirty-Love-Talk würde in ihrer Sprache einfach nicht wirklich funktionieren, führte sie vor. Alles klingt so niedlich und sanft. Ihre Sprachspielereien ergänzte sie um Deutsch mit russischem bzw. tschechischem (vokallosem) Akzent – großelterlicherseits erlernt.

Ihr Traum, auf der Bühne ihren Beruf ausüben zu können, begann mit rund 8 Jahren. Aber ob so etwas möglich wäre, schien ihr damals noch unrealistisch fern. In den folgenden Jahren erkannte sie, dass es sehr wohl dafür sogar Ausbildungen gibt, dachte jedoch, in der Schweiz gäbe es solche kaum und es zog sie nach Österreich zu einer Musical-Ausbildung. „Comedy hat mich aber schon als Mädchen interessiert.“ Als sie plötzlich ein Stimmband-Ödem erlitt und tagelang gar nichts reden durfte, dann erst wenig und leise „da hab ich mir immer überlegen müssen, ist es dieser Satz Wert gesprochen zu werden … daraus ist dann mein erstes Programm „Schlapfen halten“ entstanden.“

Berühren, belustigen, aufregen

Das Ödem hat sie hinter sich, und Meili blieb beim Kabarett, in das sie immer wieder Songs einbaut – die professionelle Ausbildung ist zu hören. Neben dem Spiel mit der Herkunft und der anderen deutschen Sprache, eben jener Schweizerisch gefärbten, spricht sie eine Vielzahl von Themen an. „Es sind immer dinge, die mich entweder berühren, belustigen oder aufregen“, sagt sie und ihre beiden Kolleginnen stimmen voll zu, „besonders wenn mich was aufregt!“, verstärkt Malarina.

Zwei der Aufreger-Erlebnisse beim Auftritt am Ende des Schwechater Satirefestivals seien hier noch erwähnt: Als sie selber mit 30 Jahren versuchte, den Führerschein zu machen, stieß sie auf unterschiedlichste Fahrlehrer*innen, die sie aufregten. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie sie sich gefühlt haben muss, als sie eine breite Palette von sexueller Belästigung bis zu rassistischen Ausfällen gegenüber Passant:innen erleben musste, die sie humorvoll aufs Korn nimmt. Die noch-immer-Tabuisierung von Menstruation verpackte sie in einen wundervollen musical-artigen Song.

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