Musik-Performance „Respekt!“ – eine der Theater-Werkstatt-Aufführungen im Dschungel Wien.
Eine Spielerin sitzt inmitten eines Kreises von Papierschnipsel wenn das Publikum den Saal 2 im Theaterhaus für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier betritt. Sie zerreißt weiter Blatt für Blatt. Es ist der Einstieg zur ersten von vier Episoden der Konzert-Performance „Respekt!“, einer der Theater-Werkstätten im Dschungel Wien, die das entsprechende Festival am Tag des Kinder-Kultur-Parcours im MQ eröffnen. „Zeugnis“ nennen die Beteiligten dieser Episode.
Einige der Kinder und Jugendlichen der Werkstatt schlüpfen in die Rollen von Lehrer:innen, die über ihre Schüler:innen jammern, sich so gar nicht respektvoll über diese äußern. „Dumm wie Holz“ und Ähnliches fällt samt der Strafandrohung des „Tages der Wahrheit“, der Zeugnisverteilung.
„Bloß ‘n Zettel aber irgendwie ‘n Zettel mit Gewicht
Irgendwie auch bloß ein Blatt Papier
Mit Zahlen drauf 123 oder 4
Oder 5 halt ‘ne Zahl, aber Zahlen mit Gewicht
Wieviel wiegt deine Leistung: Versager oder nicht…
… Zeugnis. Was is ein Zeugnis
Wer du wirklich bist, wozu du wirklich das Zeug hast
Steht auf keinem Zeugnis
Das steht auf einem ander‘n Blatt“
Mit diesen gesungenen Zeilen – in dieser Performance spielen Musik, Gesang, Rap und Hip*Hop eine große Rolle – relativieren die Teilnehmer:innen der Werkstatt – Emilia Beer-Gschweitl, Selina Berger, Lotte Burger, Elinka Glazkov, Ona Kasebacher, Matteo Lusher, Pauline Meitz, Alea Neuwirth, Šarlota Pokorna, Emilia Reisinger-Bosse, Hannah Stangl, Sophie Szakastis – die wahre Bedeutung solcher Papiere. Auch wenn von diesen – noch immer und wahrscheinlich noch lange – so manche Weiche fürs künftige Leben gestellt wird.
Allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz. Schon vor vielen Jahren kam der damalige Universitätsprofessor Rupert Vierlinger (1932 – 2019), der jahrzehntelang an verschiedenen Universitäten zum Thema Leistungsbeurteilungen geforscht hatte aufgrund empirischer Untersuchungen drauf, dass selbst ein und die selbe Mathe-Schularbeit verschieden benotet wurde. Zusammenfassend stellte er in einem Beitrag für „erziehung heute“ fest: „Die Schüler werden nicht ermuntert, um der Sache willen zu lernen, sondern um der Note willen. Außerdem erfüllt die ständige Sorge um den Rangplatz den Schüler mit Angst, die zu psychosomatischen Störungen und im Extremfall sogar zum Selbstmord führen kann. Darüber hinaus lässt die für die Notenfindung unabdingbare ständige Beobachtung die forschende Grundhaltung verkümmern.“ Daraus schlussfolgerte er pointiert, Ziffernnoten sind „feindliche Agenten im Reich des Lernens“. (Zitat aus Kinder-KURIER, 2018)
Doch halt, nicht alle Pädagog:innen sind so, leiten die Performer:innen, die in der Werkstatt unter der Leitung von Sylvi Kretzschmar (Hospitanz: Stefan Rudigier) monatelange gearbeitet haben, einen neuen Wendepunkt ein: Jene, die anders agieren, Schüler:innen mit Respekt begegnen, haben ebenfalls solchen verdient. Und nicht nur solche, sondern auch Krankenpflegepersonal und, und, und … verdienten mehr Respekt.
Nicht nur das, in einer weiteren Episode, in der es um Denkmäler geht – für wen es welche gibt und vor allem für wen (noch?) nicht, spielen die Gedanken und Wünsche der Kinder und Jugendlichen selbst und von Menschen, die sie auf der Straße interviewt haben, eine zentrale Rolle. Denkmal für die Alleinerzieherin, Krankenpfleger:innen, ja, und warum nicht auch eines, das an die Zukunft des Planeten erinnert
Wem diese Passage vielleicht bekannt vorkommt – sie kam in der Beriichterstattung über eine szenische Protestaktion am Welttag des Theaters für junges Publikum im März hier schon vor; wobei sich die klischeehafte Szene übers Denkmal für eine Oma von der dargestellten gebrechlichen Frau weiterentwickelt hatte: Im nächsten Moment richtet sie sich auf, setzt sich ein Strickhauberl auf und wird damit zu einer der Omas gegen Rechts!
Apropos Protest. In der Episode über Medaillen stellen der Darsteller:innen jene berühmte Siegerehrung des olympischen 200 Meter-Laufes in Mexico-City (1968) nach, bei der Sieger Tommi Smith, der auch Weltrekord aufstellte und sein afroamerikanischer Landsmann John Carlos (Bronzemedaille) in Socken mit Schuh in der Hand (als Symbol für Armut ihrer Landsleute in den USA) und mit schwarz-behandschuhter erhobener Faust bei der Hymne „Black-Power“-Widerstand zeigten (You-Tube-Video davon am Ende des Beitrages).
Nicht ganz stellten die Performer:innen die Szene nach, denn im Original rechte zwar Smith die rechte, aber Carlos die linke Hand empor. Dafür erhoben hier alle Mit-Performer:innen ihre Faust zum Protest
https://kurier.at/meinung/blogs/kiku-on-the-blog/wenig-zu-lachen-in-oesterreichs-schulen/400303872
Konzert-Performance
Ab 11 Jahren, 50 Minuten
Künstlerische Leitung und Komposition: Sylvi Kretzschmar
Stückentwicklung und Performance: Emilia Beer-Gschweitl, Selina Berger, Lotte Burger, Elinka Glazkov, Ona Kasebacher, Matteo Lusher, Pauline Meitz, Alea Neuwirth, Šarlota Pokorna, Emilia Reisinger-Bosse, Hannah Stangl, Sophie Szakastis
Hospitanz: Stefan Rudigier
Bis 13. Mai 2025
Dschungel Wien: 1070, MuseumsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
dschungelwien -> respekt
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