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Szenenfoto aus "Circus Archetypus" im Wiener Schubert Theater
Szenenfoto aus "Circus Archetypus" im Wiener Schubert Theater
28.10.2025

Wenn (Alp-)Träume aus Kisten hüpfen, Seiltanzen, zaubern, kunst- und humorvoll Scheitern zelebrieren

Wien ist derzeit voller Zirkus / Circus – in unterschiedlichsten Variationen; Premiere im Schubert Theater mit Figuren- und Schauspiel sowie Live-Musik.

Es ist Zirkuszeit in Wien. Nach „Cagliostro“ mit Strauss-Musik und einer Story von Thomas Brezina im Zelt von Circus Roncalli und vor dem Halloween-Special „Coulrophobia“ (krankhafte Angst vor Clowns) auf der kleinen Bühne im Wiener Circus- & Clownmuseum hatte im Schubert Theater „Circus Archetypus“ seine Premiere.

Auf einer Bühne, die einem einigermaßen chaotisch mit Schachteln, Kisten und Koffern vollgestellten Abstellraum gleicht, packen Stefanie Elias und André Reitter manche Figuren aus solchen Behältnissen. Durch ihr Spiel erwecken sie diese zum Leben. Figuren (Puppenbau: Soffi Povo und Claudia Six) aus einem Zirkus-Umfeld, das sich erst durch Videoprojektionen auf das geordnete Chaos ergibt (Bühne & Ausstattung: Christoph Steiner; Kostüme: Lisa Zingerle).

Da ist zunächst der gar fürchterlich traurige Clown, der kunstvoll genötigt wird, die anderen zum Lachen zu bringen. Diesen spielen die beiden nicht nur mit der arm-langen Puppe, sondern mit Mütze, Mascherl (Fliege) und roter Nase auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten selbst als Ganzes. Genialer Moment bald nach Beginn als sie verkleidet lächelt, lacht, traurig dreinschaut und er einige Meter dahinter dieselben Grimassen schneidet, ohne ihr Gesicht sehen zu können, das sie natürlich dem Publikum entgegenstreckt.

Szenenfoto aus

Unbewusstes rauskramen

„Im Schatten der Träume“ nennt das Theater den knapp mehr als einstündigen Circus-Abend im Untertitel, für den Co-Direktor Simon Meusburger das Buch geschrieben und Regie geführt hat. „Der Zirkus als Ort der Handlung war für mich schon bald klar“, verrät er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… nach der umjubelten Premiere, auch wenn es keinen Zusammenhang mit dem in der kommenden Woche (4. November 2025) startendem „On the Edge“-Festival für experimentelle Zirkuskunst“ (seit 2020) zu tun hat, das in den beiden Häusern von Theater am Werk (Petersplatz und Kabelwerk) sowie erstmals auch im Dschungel Wien bis 15. November läuft, samt internationaler Vernetzung. Und last but not least nicht zu vergessen, gibt es in Wien seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten das Theater Olé.

Ur-Typen

In der Handlung selbst kramen die Spieler:innen aus den Kisten, Schachteln und Koffern sozusagen Unbewusstes hervor, das sich wie in Träumen in Bilder verwandelt und Grundmuster wie Ängste unter anderem vor Scheitern, Sehnsüchte und andere große Gefühle manifestiert, verkörpert in Figuren wie dem schon erwähnten Clown, einer Seiltänzerin, einer magischen übergroßen Persönlichkeit mit kleinen, sehr bekannten Zaubertricks. Meusburger nahm bei Szenen und vor allem deren Typen, Anleihe bei der „Theorie des kollektiven Unbewussten und der sogenannten Archetypen des Schweizer Psychoanalytikers Carl Gustav Jung (1875–1961)“, wie es in den Informationen zum Stück heißt.

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Eigenleben

Und so machen die Figuren scheinbar nicht immer das, was ihre Spieler:innen wollen, entwickeln eine Art Eigenleben, lassen sich auch hin und wieder nicht so schnell wieder einpacken und verräumen, wie das Bewusstsein gerne hätte 😉

Highlights in der Figurenwelt sind ein tierisches Wesen, irgendwie Hündchen mit Ansätzen zu einem Tausendfüßler, das sich jedenfalls aller Zirkus-Anweisungen widersetzt, sondern artistische Kunststücke „nur“ auf eigenen Antrieb vollführt. Und ein chinesischer Drachenkopf mit langem Stoffkörper, mit dem die Spieler:innen magische Momente auf die Bühne zaubern.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Circus Archetypus“ im Wiener Schubert Theater

Musik!!!

Eine eigene Klasse für sich – und dennoch, obwohl am Bühnenrand sitzend oder stehend – ist die Musikerin Roxanne Szankovich, Selbstbezeichnung „toxic violin“. Mit ihrer E-Geige samt Loop Station und so manch stimmakrobatischer Äußerung, liefert sie einerseits Begleitmusik und andererseits verleiht sie so mancher der Stimmungen des Unbewussten in dem wortlosen Stück gefühlvolle bis heftige Töne und Klänge. André Reitter führt in einer der Szenen das Zwiegespräch mit einer der von Stefanie Elias gespielten Figuren ausschließlich mittels eines Kazoos. Ansonsten kommt der einzige Text im „Circus Archetypus“ von den beiden (Puppen-)Spieler:innen gegen Ende, als sie das weltberühmte, melancholisch-sehnsuchtsvolle „Send in the Clowns“ von Stephen Joshua Sondheim (1930 – 2021) aus dem Musical „A Little Night Music“ (1973) anstimmen, wobei der Komponist und Texter Clowns stellvertretend für „Narren“ verstand. Das hier fast schon wie ein Schlusspunkt wirkt. Aber dann doch noch gebrochen wird, ob Happy oder nicht, das Ende soll offen bleiben…

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Circus Archetypus

Im Schatten der Träume
Ab 12 Jahren; knapp mehr als eine Stunde

Buch & Regie: Simon Meusburger
Puppenbau: Soffi Povo, Claudia Six
Schau- und Puppenspiel: Stefanie Elias & André Reitter
Komposition und Live-Musik: Roxanne Szankovich
Bühne & Ausstattung: Christoph Steiner
Kostüme: Lisa Zingerle
Assistenzen: Julia Braunegger, Pavlína Shaikh Oklešteková

Wann & wo?

28. & 29. Oktober 2025
6., 7. & 8. November 2025
1. & 2. Dezember 2025
jeweils 19.30 Uhr

Weitere Termine folgen

Schubert Theater: 1090, Währinger Straße 46
Telefon: 0676 443 48 60
schuberttheater —> circus-archetypus

 

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