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Szenenfoto aus "Die Düntzer Rhapsodie"
Szenenfoto aus "Die Düntzer Rhapsodie"
23.01.2025

Zwischen Dorf und Stadt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

„Die Düntzer Rhapsodie“ gewann im Vorjahr den Publikumspreis im Nachwuchsbewerb und ist nun als Vollversion im Theater Drachengasse (Wien) zu erleben.

Kuhglocken läuten. Eher werden diese Töne aus dem Off eingespielt. Die Bühne ist leer. Noch ziemlich lange. Während das Publikum schön langsam die Sessel im Bar & Co, dem zweiten Spielraum des Theaters Drachengasse in der Wiener Innenstadt besetzt, vermittelt das Geräusch den einen Spielort von „Die Düntzer-Rhapsodie“. Die 20-Minuten-Version gewann im Vorjahr den Publikumspreis beim 16. Nachwuchsbewerb dieses Theaters.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Düntzer Rhapsodie“

Auf in die Stadt

Düntz – ein fiktives „Kaff“ mit 733 Einwohner:innen. Eine davon, Martha, macht sich auf in die Großstadt, nach Wien. Alle anderen Bewohner:innen sowie mindestens eine Kuh ist bei der Busstation angetanzt, um die Ausreisewillige zu verabschieden. „Claudi“, eine davon, heult rotz und Wasser. Für sie war / ist Martha seelische und moralische Stütze im geistig und gefühlsmäßig rückständigen Düntz. Außerdem liebt sie die Abreisende, ohne es dieser je gestanden zu haben.

Das ist die Ausgangslage für die knapp mehr als 1¼ Stunden voller Auf und Abs, meist humorvollem Schauspiel rund um überhöhte Klischees aus Land und Stadt, Sehnsuchtsträume nach Freiheit, (Geschlechter-)Gerechtigkeit, Demokratie, nachhaltigem Umgang mit Ressourcen und so weiter. Und der Umkehr von Rollen (Text, Choreografie: Bianca Anne Braunesberger; Regie, Text: Ivan Strelkin).

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Düntzer Rhapsodie“

Rollen-Umkehr

Ist Barbara Maria Angermaier, die zunächst mit Blockflöten-Spiel auftritt die Claudia, die so gern auch nach „Wean“ wollen würde und ihre Schwester Daniela (Marika Rainer) die Bodenständige am Land Verwurzelte, so kehren sich Jahre später – oder sind es nur Tage?! – diese Rollen um. Nun will Erstere die Zweitgenannte aus der Stadt zurückholen. Habe sie doch versprochen dort Demokratie zu studieren und diese daheim zu vermitteln. Aber die erscheint ihr nun beim Wien-Besuch mehr als abgehoben…

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Die Düntzer Rhapsodie“

Musikalische Bandbreite – gekonnt gesungen

Die Szenen sind voll schräg, die Spielerinnen agieren höchst körperlich und zusätzlich mit Puppen und Objekten, richten scheinbares Chaos auf der Bühne (Kasija Vrbanac Strelkin) an, nutzen zeitweise den Gang zwischen den Publikumsreihen um von oben herab nach unten zu debattieren. Und sie schlüpfen auch in Rollen anderer Dorfbewohner:innen, insbesondere der Eltern.

Neben (selbst-)ironischem Spiel – oft ansatzlos pendelnd zwischen Hochsprache und Dialekt – überzeugen die beiden obendrein mit gekonntem Gesang. Wobei die Bandbreite der Lieder (die Texte stammen auch von ihnen) von volkstümlich, Rap, Beatboxing bis zu Opernarien reicht.

„Zeitreisen“

Eine kulturproduzierende Städterin meinte spontan nach der Vorstellung: Das ist wirklich so, ich komm auch aus einem kleinen Dorf, da glaubst du wirklich, wenn du auf Besuch bist, du reist Jahrzehnte zurück.

Oder ist es nur so, dass in der Großstadt genauso rückständige Ansichten und Verhaltensweisen da sind, nur vielleicht in anderen „Blasen“, in denen sich die aus Dörfern „Geflüchteten“ gar nicht aufhalten (wollen)?

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Die Düntzer-Rhapsodie

Publikumspreis des Nachwuchsbewerbs im Theater Drachengasse 2024; Koproduktion mit Flirty House Art Collective
Ca. 1¼ Stunden

Schauspiel, Gesang, Liedtexte, musikalische Leitung: von Barbara Maria Angermaier
Schauspiel, Gesang, Liedtexte: Marika Rainer
Text, Choreografie: Bianca Anne Braunesberger
Regie, Text: Ivan Strelkin
Bühnenbild: Kasija Vrbanac Strelkin

Wann & wo?

Bis 1. Februar 2025
Theater Drachengasse
1010, Fleischmarkt 22 / Eingang Drachengasse 2
Karten-Telefon: 01 513 14 14
drachengasse -> Duentzer Rhapsodie