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ArbeitsMarktService - hier kommen Kinder in ihrer Stadt zu Jobs
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06.09.2024

4 Lasuten Netto-Stundenlohn in KleinFeldkirch

Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… besuchte die Kinderstadt in der Vorarlberger Stadt, die vor 31 Jahren zum ersten Mal stattgefunden hat und viele Kreativ-Stationen hat.

Melisa zieht vorsichtig und konzentriert den Hebel des für sie ziemlich großen Dings zu ihr runter und betätigt damit die senkrecht eingespannte Bohrmaschine, um in das glänzende kupferfarbige Metall ein Loch zu kriegen. Unterstützt von einem ehrenamtlichen echten (ehemaligen) Metallarbeiter, fertigt die 7-Jährige eine „Kerzen-Rose“ an. Jetzt hat sie die Halterung für das spätere Teelicht gebohrt, später kommen – ebenfalls aus Metall – ausgeschnittene „Blütenblätter“ hinzu. „Wenn es dunkel ist stellen wir zu Hause gerne Kerzen auf“, erzählt sie Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… und fügt hinzu, „ich arbeite da jetzt eine halbe Stunde.“ Dafür kriegt sie bei der Bank letztlich zwei Lasuten.

Wir befinden uns in der Kinderstadt KleinFeldkirch. Im Alten Hallenbad in jenem Ortsteil namens Reichenfeld am Rande des Waldes dieser Vorarlberger Stadt heißt die Währung seit 31 Jahren Lasuten. Wie damals die Kinder auf diesen Namen gekommen sind – diese Frage des Journalisten kann heute niemand (mehr) beantworten. Alle zwei Jahre spielen, arbeiten und regieren jeweils 7- bis 12-Jährige diese ihre Klein-Stadt, heuer damit zum 15. Mal. KiJuKU nutzte die Einladung des Theaterfestivals für junges Publikum „Luaga & Losna“, um in einer Theaterpause die Kinderstadt zu besuchen. Erwachsene dürfen – mit einem Visum – höchstens eine Stunde den Aktivitäten der jungen Bürgerinnen und Bürger zuschauen, sie befragen – und diese auch höchstens von hinten oder nicht erkennbar fotografieren.

30 Stationen

„Im Moment gibt es 22 freie Jobs“, erfährt der Reporter von einer Mitarbeiterin im KleinFeldkircher ArbeitsMarktService nachdem diese die verfügbaren Arbeitsplatz-Karten durchgezählt hat. 250 Kinder kommen im Durchschnitt täglich ((viele natürlich an mehreren tagen, insgesamt aber bisher mehr als 1.100 Kinder in diesem Jahr), um hier zu arbeiten – von der Anmeldung über die schon genannte Spenglerei, eine Bäckerei, zu tischlern, Kerzen zu machen, zu nähen und vieles mehr, nicht zuletzt auch Müll zu sammeln – und zu trennen. In Summe gibt es 30 verschiedene Stationen – zum Arbeiten und zum Lernen.

Wie auch in anderen Kinderstädten wird Studieren genauso bezahlt wie arbeiten. Fünf Lasuten beträgt der Stundenlohn (brutto), eine Lasute geht als Steuer ans Rathaus der Kinderstadt, bleiben also vier netto. Besonderheit hier, es gibt sogar einen 33,5-Lasuten-Schein.

Viel Kreatives

Viele der Stationen widmen sich kreativer Betätigung. Mia, Taia, Emily wickeln Wolle um Kunststoffgriffe, Giulia hat schon aus ihrer gewickelten, verknüpften und dann aufgeschnittenen Wolle einen kunterbunten Bommel gemacht, den sie gerade noch zurecht schneidet. Die Erstgenannte sprudelt nur so drauflos, welche anderen Kunsthandwerksachen sie schon angefertig hat – „aus Salzteig, Kerzen – das ist gar nicht so schwer: Du musst nur einen Faden in das flüssige Wachs halten, das kannst du auch färben und dann in kaltes Wasser und wieder Wachs und wieder kaltes Wasser – da wird das Wachs schnell hart“.

Kunsthandwerk, beispielsweise auch gebastelte Kunstwerke wie große Rasseln aus Altkarton-Röhren im Musik-Labor können auch für den Verkaufsladen der Wirtschaftskammer angefertigt werden. Bei diesen Dingen, so hört KiJUKU dort, „können die Kinder selber den Preis festlegen, bei den Gebäcken aus der Bäckerei bestimmen wir, was die Weckerl kosten“.

Inklusion

Neu in KleinFeldkirch ist heuer ein eigener Raum, der mit „Inklusion“ angeschrieben ist. Das soll nicht ausschließen, sondern ist ein Raum zum Rückzug, so Kinder mit besonderen Bedürfnissen dies brauchen. Natürlich stehen alle Stationen auch diesen Kindern offen. Aber von hier aus geht auch die Initiative, dass Kinder ohne Behinderung, die vielleicht weder in Schule noch sonst irgendwo mit diesem Thema in Berührung kommen, sich informieren können. Unter anderem kurven drei Mädchen, die dies nicht brauchen würden, in Rollstühlen herum. „So können wir uns reinfühlen. Es ist ganz schön anstrengend für die Arme, die Räder zu drehen“, verrät eine des Trios.

Medien

Natürlich gibt es auch in dieser Kinderstadt Medien. Die „KleinFeldkircher Nachrichten“ erscheinen täglich. Nele schreibt beim Lokalaugenschein von KiJuKu (übrigens regelmäßiger Partner der Wiener Kinderstadt „Rein ins Rathaus“, um mit Kindern dort Tageszeitungen zu produzieren) fantasievolle ausgedachte Horoskope. Saira hat eine Umfrage über die beliebtesten Eissorten nicht nur der Kinder, sondern auch von erwachsenen Besucher:innen, gemacht und tippt die Ergebnisse in einen Beitrag für die nächste Ausgabe. Und Wolfgang arbeitet an einem Beitrag über die Musikstation.

Stadt-TV

Ständig ist auch ein Kamera-Team unterwegs für die tägliche „KleinFeldkirch heute“-Sendung. Während die Reporter:innen und Kameraleute herumschwirren, sitzt der elfjährige Tobias am Computer, um schon gefilmtes Material zu schneiden. „Das ist meine Lieblingsbeschäftigung, weil ich mir schon zu Hause so mit sechs, sieben Jahren das selber beigebracht habe – mit einem anderen Programm, aber so schwer war das nicht, auf dieses umzulernen. Aber wenn ein anderes Kind auch einmal diese Arbeit machen möchte, gebe ich den Platz schon gerne frei!“ Hier sind die KleinFeldkircher mehr in die Produktion eingebunden – Schnitt erledigen in Wien etwa die erwachsenen Betreuer:innen.

Mia ist mit der Kamera auf Motivsuche im Freien zwischen Sport- und Bewegungsbereich der Kinderstadt, der im Moment gerade frei ist, und dem nahegelegenen Spielplatz. Die beiden Tage zuvor standen dazwischen metallene, bespielbare Riesen, eine interaktive Installation des Theaterfestivals „Luaga & Losna“. Da hatte Julian für die TV-Nachrichten mit seinem Handy gedreht, „weil die große Kamera gerade wer anderer hatte“.

Uni

Im Raum, auf dem „Universität“ steht, arbeiten drei Student:innen mit Betreuerin Ilayda an Mindmaps zu ihren Lieblingsthemen – von einer argentinischen Sängerin bis zur Katze eines Geschwisterpaares. Themen sind jeweils das, was sich die Student:innen wünschen.

Vizebürgermeister im Gespräch mit KiJuKU - dank der ins Gesicht gerückten Kappe durfte er auch von vorne fotografiert werden
Vizebürgermeister im Gespräch mit KiJuKU – dank der ins Gesicht gerückten Kappe durfte er auch von vorne fotografiert werden

Wahlen

Knapp nach dem Besuch in der Redaktion der Kinderzeitung am Rand des ehemaligen Schwimmbeckens, kommt Wolfgang (der über die Musikstation geschrieben hat) auf Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zu. Er trägt nun eine regenbogenbunte Schärpe. Diese sind das Zeichen der Regierungsmitglieder dieser Kinderstadt. Er ist der aktuell gewählte Vizebürgermeister von KleinFeldkirch.

Die Wahlen finden immer donnerstags statt – aber nur in der ersten und zweiten der drei Wochen, denn die letzte endet schon am Freitag. „Ich hab schon vorher zwei Mal (auch vor zwei Jahren schon) kandidiert, einmal bin ich dann Stadtrat geworden und vorige Woche Vizebürgermeister. Ich hab viele Wahlversprechen gehabt, die wichtigsten sind: Mehr Gehalt und weniger Bankraube. Jetzt muss ich schauen, dass die ganze Regierung dafür ist.“

Ach ja, Regierungsmitglieder verdienen 28 Lasuten am Tag – weil sie ja sieben Stunden im Amt sind. Für andere Jobs – Wolfgang haben wir ja zuvor beim Verfassen eines Zeitungsbeitrages gesehen – gibt’s für sie natürlich kein Geld.

Enges Wahlrecht

Um kandidieren zu können müssen Kinder die Stadtbürger:innenschaft erlangen – das heißt hier vier Mal gearbeitet und ebenso oft studiert zu haben. Dieses passive

Wahlrecht ist in praktisch allen Kinderstädten daran geknüpft, dass eben schon Erfahrungen an verschiedenen Stationen gemacht worden sind. In den meisten Kinderstädte dürfen allerdings alle Kinder an Wahlen teilnehmen, nicht so in KleinFeldkirch. Hier ist auch das aktive Wahlrecht an dieselbe Bedingung geknüpft wie für eine Regierungsfunktion kandidieren zu dürfen, also ähnlich eingeschränkt wie das Wahlrecht in Österreich, wo bei der kommenden Nationalratswahl 1,5 Millionen Menschen, die im Land leben, Steuern zahlen… nicht wählen dürfen – fast ein Viertel der 6,3 Millionen wahlberechtigten Österreicher:innen.

Feldkircher Kinderstadt-Zeitungen und Mitspielheft, sozusagen der Pass
Feldkircher Kinderstadt-Zeitungen und Mitspielheft, sozusagen der Pass

Vernetzung könnte besser sein

Obwohl KleinFeldkirch damit die längste Geschichte einer Kinderstadt in Österreich hat, gibt es keine Vernetzung mit Mini-Salzburg und „Rein ins Rathaus“ (auch schon mehr als 20 Jahre – und übrigens gratis im Gegensatz zu KleinFeldkirch, wo es Eintritt kostet – siehe Infos) oder zu den steirischen Kolleg:innen von Bibongo (Graz), Dolbu (Spielberg) und Freitopia (Kapfenberg). Mini-Salzburg ist hingegen sogar international vernetzt. In der zweiten Augustwoche fand in der „Mutter“ zumindest der mitteleuropäischen Kinderstädte (Mini-München seit Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts) die 1. Internationale Konferenz statt, bei der 13 Kinder und Jugendliche aus Salzburg auf die Münchner Kinder sowie ihre Kolleg:innen aus Mini-Regensburg, FEZ-City Berlin und Mini-Bozen trafen – im Rathaus der bayrischen Metropole trafen und sich austauschen konnten – wird fortgesetzt, heißt es auf der Homepage von Mini-Salzburg.

Follow@KiJuKUheinz

Früherer Bericht über KleinFeldkirch <- damals noch im Kinder-KURIER

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INFOS: WAS? WER? WANN? WO?

Kinder-Stadt „KleinFeldkirch“

für alle Kinder von 7 bis 12 Jahren

Bis 6. September
9 bis 16 Uhr
Altes Hallenbad und Reichenfeld
6800 Feldkirch
Eintritt: pro Tag 3,50 €
kinder-stadt-kleinfeldkirch

minisalzburg

Mini-München