Forderungen von Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien und Netzwerk Kinderrechte Österreich zum internationalen Tag der Kinderrechte am 20. November.
Was braucht es, damit Kinder und Jugendliche in Österreich Familie, Kindergarten und Schule, Lehre, Umwelt, Freizeit als gute Lebensräume erfahren? Dies ist der Ausgangspunkt, unter dem die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft sowie das Netzwerk Kinderrechte, dem 55 Organisationen angehören, am Dienstag Forderungen an die Politik zum internationalen Tag der Kinderrechte präsentierten. Am Mittwoch jährt sich die Beschlussfassung der Kinderrechtskonvention durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen zum 35. Mal.
Mit einem Gedanken- und Wortspiel begann die Koordinatorin des Netzwerks Kinderrechte, Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez: „Angesichts der tristen Lage von Kindern und Jugendlichen zeigte sich am Dienstag das Netzwerk Kinderrechte höchst alarmiert und fordert einen „positiven Reformschock“ von der nächsten Bundesregierung. „Es ist Feuer am Dach“, sagte Netzwerk Kinderrechte-Koordinatorin. Das Feuer müsse durch das Beschreiten neuer Wege gelöscht werden: „Es kann nicht wie bisher vorangehen“, sagte sie und warnte vor einer weiter sinkenden Wettbewerbsfähigkeit, schwindendem Wohlstand und Problemen bei den Staatsfinanzen. Das Netzwerk Kinderrechte werde sich „intensiv in den Prozess der Koalitionsverhandlungen einbringen“, kündigte Schaffelhofer-Garcia Marquez an.
Dabei hatte sie „nur“ das Wort „Wirtschaft“ in einem vor rund einer Woche veröffentlichten Statement des Industriellenvereinigungs-Chefs Georg Knill durch „Kinder und Jugendliche“ ersetzt.
Gewalterfahrungen, Kinderarmut, Ausgrenzung – all das sind keine „Einzelfälle“, sondern von (zu) vielen Kindern und Jugendlichen erlebte Wirklichkeit auch in Österreich. Unter anderem verlangt das Netzwerk, dass umfassende Kinderschutzrichtlinien Bedingung für öffentliche Förderungen sein müssen.
Ohne wirklichen Zugang zu Rechten bleiben diese oft unerreichbar – das ist der Hintergrund für die Tagung „Zugang zum Recht verbessern: junge Menschen in ihren Rechten stärken“ der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien rund um den 35. Geburtstag der UNO-Kinderrechtskonvention.
Wird der Zugang zu den dort verbrieften Rechten nicht – ausreichend – gewährt, sind Rechtsverletzungen in allen Bereichen des Lebens junger Menschen möglich: Vom Gewaltschutz in der Familie über den Diskriminierungsschutz im Bildungssystem bis hin zum Recht auf Klimaschutz. Gleichzeitig geht kein Mensch gerne vor Gericht. Ein guter Zugang zum Recht für Kinder heißt also, auch außergerichtliche Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung zu stärken.
Der Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen verleiht der Verpflichtung auf die Kinderrechtskonvention Nachdruck. Und er gibt Anleitungen zur konkreten Umsetzung des Zugangs zum Recht. Kinder und Kinderrechtsexpert:innen auf der ganzen Welt beschäftigen sich deshalb gerade intensiv mit dem Zugang zum Recht. Und es ist höchste Zeit.
Die Tagung – am 21. November 2024 (10 bis 16 Uhr) im Wiener Rathaus – richtet sich an junge Menschen, Praktiker:innen, Wissenschafter:innen und Kinderrechtsinteressierte, die den Zugang von Kindern zu ihren Rechten verbessern wollen. Gemeinsam mit einem hochkarätigen Expert:innenteam sollen Wege erarbeitet werden, um den Zugang von Kindern zum Recht zu stärken. Schwerpunkte sind Bildung, Inklusion, Kinder- und Jugendhilfe und Kindergrundrechte.
Die Koordinatorin des netzwerks Kinderrechte gewährte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… auch einen kleinen Überblick über einige der Aktivitäten und Stellungnahmen so mancher der Mitgleidsorganisationen des Netzwerks:
* Volkshilfe und Kinderfreunde planen für den Tag der Kinderrechte selbst, also den 20. November, eine Aktion vor dem Parlament, bei der vor allem gefordert wird, dass die Kindergrundsicherung, mit der Kinderarmut bis 2030 halbiert werden kann, Teil der Koalitionsverhandlungen sein muss
* Die österreichischen Kinder- und Jugendanwält*innen appellieren mit einem 10-Punkte-Paket an die zukünftige Bundesregierung
* Die Liga für Kinder- und Jugendgesundheit fordert umfassende Maßnahmen für die Gesundheit und das Wohl von Kindern und Jugendlichen in Österreich und Tagung „Kindergesundheit im Aufbruch“
* Die Katholische Jungschar sieht „Keine Zeit mehr für heiße Luft – ökologische Kinderrechte jetzt!“
* UNICEF verlangt – anlässlich der Klimakonferenz COP29, Kinder in den Mittelpunkt des Klimaschutzes zu stellen.
* SOS-Kinderdorf will Demokratie stärken durch ein „freiwilliges Demokratiejahr“ ähnlich dem freiwilligen sozialen Jahr.
* Jugend Eine Welt meint, „alle Kinder haben Rechte, aber nicht alle werden eingehalten“ und verlangt vor allem, Kinderarbeit weltweit zu stoppen.
* Die Caritas stellt ihre Forderungen unter das: „Wir können uns keine verlorene Generation leisten“.
* Die Volkshilfe veranstalte ein Symposium zu Partizipation von armutsgefährdeten Kindern & Jugendlichen
* Benefizkonzert der Wiener Chormädchen- und des Alumni-Chors (Wiener Sängerknaben) Mittwochabend zugunsten der Kinderschutzorganisation Möwe im MuTh (MusikTheater am Augartenspitz).
* Tagung der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien am Donnerstag im Wiener Rathaus: „Zugang zum Recht verbessern: junge Menschen in ihren Rechten stärken“
Am 20. November 1989 beschloss die Generalversammlung der Uno die Kinderrechtskonvention – nach jahrzehntelangen Diskussionen, bei denen es vor allem darum gegangen war, dass Kinder nicht nur Schutz vor Hunger, Gewalt usw. sowie Recht auf Bildung u.a. brauchen, sondern sie auch selber mitreden und -bestimmen können.
In Österreich ist die UN-Kinderrechtskonvention am 5. September 1992 als einfaches Bundesgesetzes in Kraft getreten. Fast 20 Jahre später wurden einige ausgewählte Artikel der Konvention in Verfassungsrang erhoben – gültig ab 16. Februar 2011.
Zur gesamten – deutschsprachigen Übersetzung – der Kinderrechtskonvention geht es hier
Zur Website des Netzwerks Kinderrechte, dem 55 österreichische Organisationen angehören, geht es hier
Zur Website der österreichischen Kinder- und Jugendanwaltschaften geht es hier