Unicef schlägt Alarm: Gesundheit von Millionen Menschen in dem Nahost-Land ist stark gefährdet.
Die Stromknappheit macht es unmöglich, ausreichend Wasser zu pumpen, und führt in einigen Fällen dazu, dass der Pumpbetrieb komplett eingestellt wird. In einem neuen Bericht – „Struggling to keep the taps on“ – warnt UNICEF für den Libanon, dass die Aussichten auf eine Lösung düster bleiben, solange die Stromkrise anhält. Genannte Bericht des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen beleuchtet die Entwicklungen, seit UNICEF vor einem Jahr davor gewarnt hat, das Wassersystem im Libanon stehe am Rande des Zusammenbruchs.
„Ein völliger Zusammenbruch der öffentlichen Wasserversorgungsnetze konnte bisher zwar abgewendet werden, aber die Krise ist noch nicht überwunden und Millionen Menschen sind von der begrenzten Verfügbarkeit von sauberem und sicherem Wasser betroffen“, sagt Edouard Beigbeder, UNICEF-Vertreter im Libanon. „Die Lösung dieses Problems ist für die Gesundheit der Kinder und Familien im Libanon von größter Bedeutung.“ Die unzureichende Versorgung mit sauberem Wasser stellt ein großes Risiko für Säuglinge und Kleinkinder dar, die besonders anfällig für wasser- und abwasserbedingte Krankheiten sind, die eine der häufigsten Todesursachen bei Kindern unter 5 Jahren darstellen.
Seit Beginn der Krise in Folge Putins Krieg in der Ukraine sind die Wasserlieferungen der vier Wasserversorgungsunternehmen drastisch zurückgegangen und liegen oft unter den 35 Litern pro Kopf und Tag, die als akzeptable Mindestmenge gelten. Viele Haushalte sind auf teure Wassertransporte und private Anbieter angewiesen, die keine Garantie für die Wasserqualität bieten.
Die durchschnittlichen Kosten für 1.000 Liter per Lastwagen angeliefertes Wasser beliefen sich im April 2022 auf 145.000 libanesische Pfund (LBP)1, ein Anstieg um fast 50 Prozent gegenüber demselben Monat im Jahr 2021 und eine Versechsfachung gegenüber 2019.
Darüber hinaus sind die meisten libanesischen Haushalte bei der Deckung ihres Trinkwasserbedarfs auf Flaschenwasser angewiesen – zum Teil wegen der Bedenken hinsichtlich der Qualität des Leitungswassers. Im April 2022 war der Preis für abgefülltes Wasser drei- bis fünfmal so hoch wie ein Jahr zuvor. Eine fünfköpfige Familie, die insgesamt 10 Liter pro Tag trinkt, müsste jährlich etwa 6,5 Millionen LBP (261 US-Dollar) ausgeben, zusätzlich zu den Kosten für Wasser, das sie zum Kochen und für die Hygiene benötigt.
Vor allem Krankenhäuser und andere Gesundheitszentren sowie Schulen sind von der Wasserkrise betroffen.
UNICEF betont, dass die Wasserversorgung durch öffentliche Betreiber nach wie vor die beste und kostengünstigste Lösung ist. Es sollten unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um die Stromkrise zu lösen und die Dienstleistungen zu unterstützen, während gleichzeitig erhebliche Investitionen dringend erforderlich sind, damit die öffentlichen Versorgungsnetze wieder rentabel arbeiten können.
Während die Regierung an der Lösung der Krise arbeitet, muss sie unbedingt sicherstellen, dass sich jede Familie, insbesondere die finanziell schwächsten, Wasser leisten kann. „Der Zugang zu Wasser ist nicht nur ein Grundbedürfnis, sondern ein Grundrecht. Ausreichend, erschwingliches und sicheres Wasser zu haben, rettet Leben und hält Kinder gesund“, sagt Beigbeder.
UNICEF hat die Unterstützung für die Wasserversorgung im Libanon seit dem Ausbruch der Krise erheblich aufgestockt, unter anderem durch die Bereitstellung von Vorräten, Verbrauchsgütern und Schnellreparaturen, um sicherzustellen, dass alle Menschen im Land Zugang zu sicherem Wasser haben. UNICEF benötigt jährlich 75 Millionen US-Dollar, um die kritischen Systeme in Betrieb zu halten und die Wasserversorgung von mehr als vier Millionen Menschen im ganzen Land zu gewährleisten sowie den Zugang und den Betrieb der öffentlichen Wassersysteme sicherzustellen.
Um den vollständigen Zusammenbruch der Wasserversorgungseinrichtungen aufgrund der Wirtschaftskrise zu verhindern, unterstützt UNICEF seit Juli 2020 die Wasserversorgung im Libanon mit Lieferungen, Verbrauchsmaterialien („WASH” – Wasser, Sanitär und Hygiene) und schnellen Reparaturen, um sicherzustellen, dass alle Menschen im Land Zugang zu sauberem Wasser haben. UNICEF hat die kritischsten Standorte priorisiert und zu 830 Reparaturen an Wassersystemen beigetragen. Dadurch konnte die Wasserversorgung für 500.000 Menschen umgerechnet ein bis zwei Stunden pro Tag aufrechterhalten werden. Die Organisation stellt auch Material wie Rohre und Armaturen zur Verfügung, damit die vier Wasserwerke dringende kleinere Reparaturen am Netz durchführen konnten. Außerdem wurden 20 Chlorierungssysteme repariert und 143 Tonnen Chlor und 50 Tonnen Eisenchlorid geliefert, damit rund 260.000 Kubikmeter Wasser pro Tag aufbereitet werden konnten, was etwa zwei Millionen Menschen direkt zugutekam.