Inspiriert vom Besuch eines Kinofilms liefern Künstler:innen nach dem Film live und analog Zeichen-Anleitungen.
„Als erstes zeichnet ihr zwei Eier – einen für den Kopf und einen für den Körper“, beginnt die Profi-Manga-Zeichnerin Melanie Schober ihre Anleitung. Sie sitzt mit einem Tablet vor der Kinoleinwand im kleinen, feinen Filmhaus Spittelberggasse. Das Publikum – vorwiegend Kinder und Jugendliche, aber nicht nur – hatte zuvor mit ihr den Anime-Film „Miss Hokusai“ angesehen.
Bevor sie mit dem animierenden Zeichen-Unterricht beginnt, erläutert Schober noch so manches zum Film (aus 2014/15), das abseits der interessanten Hauptgeschichte doch einigermaßen irritierende sein konnte. Die Grundstory: Diese Miss heißt O-Ei und ist die Tochter des berühmten japanischen Malers Katsushika Hokusai (1760 bis 1849). Aus ihrer Sicht wird die Geschichte erzählt. Sie hat ihrem Vater nicht nur geholfen, so manche Bilder, die sie gemalt hat, sind unter seinem Namen bekannt geworden. Streckenweise geht’s recht düster zu, O-Seis kleine Schwester O-Nao ist blind – und lebt nicht bei der Familie.
Dieses eineinhalbstündige Anime war Teil der Veranstaltungsreihe „Film + Zeichnen“, die in unregelmäßigen Abständen in diesem kleinen Kino gemeinsam mit dem nahegelegenen Zeichenstudio linea stattfindet. Ausgestattet mit einem Sackerl hochwertiger Zeichen- und Malstifte sowie Papier und Klemmbrettern, die die Besucher:innen bekommen, machen sie sich ans Werk, um Schritt für Schritt – in diesem Fall die Hauptfigur O-Ei – zeichnen zu können. Da kommen zu den beiden Eiern noch zwei Knödel für die Augen, zwei dreieckige Dächer für die Augenlider…
Neben den leicht nachvollziehbaren Strichen und Linien – erst mit Bleistift und dann nachgezogen mit Finelinern – vermittelt die Künstlerin einen ganz wichtigen Grundsatz: „Wir sind keine Kopiermaschinen, ihr macht’s das bitte in eurem eigenen Stil!“ Und sie gibt eine Weisheit zum Besten: Bevor du eine gute Zeichnerin/ein guter Zeichner wirst, musst du erst 10.000 schlechte Zeichnungen gemacht haben 😉
Aber nicht nur Anime- und Manga-Fans waren für die spannende BE-Stunde nach dem Film gekommen. Anna und Paula, die noch etliche Zeit nach der Veranstaltung im Kinofoyer an einem der runden Tische weiterzeichnen, erzählen Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…, „dass wir zwar schon das ganze Leben zeichnen, aber Manga erst seit Kurzem“. Anna lobte den Kurs mit Melanie Schober: „Sie hat das sehr gut ge-guidet“ und schätzt vor allem deren Gedanken, nicht zu kopieren, sondern den eigenen Stil zu finden. „Obwohl ich in der Oberstufe in ein Gymnasium mit künstlerischem Schwerpunkt gegangen bin, war das in der Schule nicht immer so.“
Die gelobte „Lehrerin“, die jahrelang beim führenden Comics-Verlag im deutschsprachigen Raum unter Vertrag war – als es einen Manga-Boom gab – und nun wieder freischaffend vor allem via Internet ihre Arbeiten verkauft, „wollte schon mit elf Jahren Comic-Zeichnerin werden. Sogar schon mit sechs hab ich gewusst, ich brauch einen Beruf, um leben zu können“, vertraut sie KiJuKU an.
„Ich wollte einerseits zeichnen und andererseits Geschichten schreiben und bin damals draufgekommen, dass ich bei Comics beides gut verbinden kann.“ Als Kind hab sie ihre eigenen Figuren – und Welten – erschaffen. „Tillis waren eine Art Außerirdische in Tropfenform. Die hab ich alles mögliche erleben lassen, das mir untergekommen ist; unter anderem den Untergang der Titanic und vieles andere. Da hab ich zehn dicke Hefte voll gezeichnet und geschrieben.“
Mit „Sailor Moon“ sei sie dann erstmals auf Mangas gestoßen „und das wurde dann mein’s!“ Und damit kam auch die intensive Beschäftigung mit japanischer Kultur, „obwohl für asiatische Kultur hab ich mich schon vorher interessiert“.
Dass sie ihre professionelle Fertigkeit auch anderen, vor allem Kindern, vermitteln kann, „da bin ich erst viel später draufgekommen“, antwortet sie auf die entsprechende Frage. Übrigens hatte sie bei der Anleitung im Kino an einem Punkt gesagt: „Manga-Zeichnen ist wie ein bissl anspruchsvolleres Strich-Mandl-Malen.“
Beim nächsten Mal, wenn „Ponyo“, ein Anime-Film von Hayao Miyazaki zu sehen ist (siehe Info-Box), wird Payam Borumand Strich für Strich das Zeichnen vermitteln. Er zeichnet und malt in verschiedensten Stilen hat auch klassische Malerei – in Teheran – studiert, „aber mit Comics kann ich meine eigenen Geschichten kreativ und fantasievoll in Bildern erzählen“, sagt er Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr…
Filmhaus Spittelberg in Kooperation mit Zeichenstudio linea
Ponyo
Anime von Hayao Miyazaki
Das Goldfischmädchen Ponyo träumt davon, ein Mensch zu werden – sehr zum Missfallen seines Vaters, einem Unterwasserzauberer. Mit Hilfe magischer Kräfte gelingt es Ponyo tatsächlich, aus der bunten Wasserwelt auszubüchsen. …
101 Minuten
Anschließend Zeichnen mit Anleitung von Payam Borumand
3. Dezember 2023
10 Uhr
Filmhaus Spittelberg: 1070, Spittelberggasse 3
Eintritt: 42,50 € (Kinoeintritt, Getränk und Zeichen- und Malstifte von Faber Castell)
filmhaus.at -> ponyo