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Ein Koffer mit Materialen für Workshops zum Thema Kinderrechte (im Vordergrund) und die vier Kinder- und Jugendanwält:innen: Kinder- und Jugendanwält:innen: Aus Oberösterreich Christine Winkler-Kirchberger, Wien: Sebastian Öhner, Salzburg: Johanna Fellinger und aus Tirol: Lukas Trentini

Vorsichtig optimistisch, aber es bleibt viel zu tun

Vorsichtig positiv und leicht optimistisch was Umsetzung der Kinderrechte in Österreich betrifft, zeigten sich vier Kinder- und Jugendanwält:innen (KiJA) – stellvertretend für alle neun (eine Person pro Bundesland) – bei einem Mediengespräch in der Wiener Einrichtung. Zwar stehe im Regierungsprogramm vieles auch Kinder und Jugendliche Betreffende unter Budgetvorbehalt, doch einiges aus dem 10-Punkte-Paket, das die schon im November den damaligen Regierungsverhandler:innen von ÖVP, SPÖ und NEOS übermittelt haben, findet sich nun im Programm der 3er-Koaltion. Allerdings brauche es zur Umsetzung eben wirklich entsprechende Ressourcen, einige „Baustellen“, wo noch viel zu tun ist, orten die KiJa ebenso. Und auf Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… zum aktuell von der Bundesregierung beschlossenen Stopp von Familiennachzug wurde vor allem darauf verweisen, dass die Kinderrechtskonvention das Recht von Kindern auf Familie verankert – siehe azu einen eigenen Beitrag – Link am Ende dieses Beitrages.

Gruppenfoto der neun Kinder- und Jugendanwält:innen - aus allen Bundesländern - anlässlich der diesjährigen StänKo (ständige Konferenz)
Gruppenfoto der neun Kinder- und Jugendanwält:innen – aus allen Bundesländern – anlässlich der diesjährigen StänKo (ständige Konferenz)

Bundeseinheitliche Regelungen

Der Wiener Vertreter, Sebastian Öhner: „Welchen Zugang ein Kind zu seinen Kinderrechten hat, darf nicht von der Postleitzahl des Wohnortes abhängen.“ Verlangt werden „einheitliche Vorgehensweise auf Bundesebene, damit Kinderrechte flächendeckend gefördert und geschützt werden können.“

Wesentliche kinderrechtliche Baustellen orten alle neun Kinder- und Jugendanwält:innen vor allem in den Bereichen Kinderschutz, Lebensraum Schule sowie effektives Kinderrechtemonitoring. Alle neun KiJA-Vertreter:innen fordern gemeinsam nach einem eineinhalbtägigen Treffen in ihrer regelmäßigen StänKo (ständige Konferenz) „die neue Bundesregierung auf, hier wirksame Maßnahmen zu setzen.“

Kinderschutzkonzepte

Kinderschutzkonzepte sind ein wirksames Mittel, um Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorzubeugen. Dies sei, so die KiJA-Vertreter:innen, mittlerweile im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen. „Zusätzlich braucht es aber auch ausreichende finanzielle Ressourcen für die Entwicklung von Kinderschutzkonzepten, um diese nachhaltig zu implementieren. Kinderrechte und Schutzkonzepte haben eines gemeinsam: Wir alle müssen diese auch mit Leben füllen, damit junge Menschen davon profitieren können und diese nicht nur am Papier existieren,“ sagt dazu Tirols Kinder- und Jugendanwalt Lukas Trentini.

Schulsuspendierungen

Alarmiert sind die Kinder- und Jugendanwält:innen über die steigende Anzahl von Schulsuspendierungen in Österreichs Schulen: Im Schuljahr 2023/2024 wurden österreichweit 2.013 Schulsuspendierungen ausgesprochen, eine Steigerung von 100 Fällen im Vergleich zum Vorjahr. Suspendierungen dürften aber keine Strafmaßnahme sein, sondern nur bei Gefahr in Verzug zum Schutz von Schüler:innen und Lehrpersonen. Außerdem würde ein Ausschluss von Kindern oder Jugendlichen allein „selten eine nachhaltige Verhaltensstabilisation bewirken“. Pädagogische bzw. therapeutische Begleitung gäbe es derzeit allerdings zu selten. Salzburgs Kinder- und Jugendanwältin Johanna Fellinger dazu: „Wir begrüßen die Pläne der neuen Bundesregierung, hier österreichweite Standards und Angebote für Suspendierungsbegleitung zu etablieren. Dafür werden die Schulen aber zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen benötigen. Das neue Angebot der Suspendierungsbegleitung darf nicht zu Lasten der sonstigen Aufgaben, beispielsweise von Schulpsycholog:innen und -sozialarbeiter:innen, gehen.“

(Cyber-)Mobbing

Zu wenige Ressourcen sowie zu wenig Prävention im Rahmen digitaler Grundbildung ortet Christine Winkler-Kirchberger (Oberösterreich) in Sachen Mobbing und Cybermobbing. Außerdem würde externe Expertise, u.a. Kinder- und Jugendanwaltscahften, häufig erst „zu spät ins Boot geholt. Dann ist die Situation oft schon so verfahren, dass nur noch wenig für die Betroffenen getan werden kann. Cybermobbing ist besonders heimtückisch, da es rund um die Uhr stattfinden kann und die Betroffenen oft keine Möglichkeit haben, dem zu entkommen. Es ist daher unerlässlich, dass sowohl präventive als auch intervenierende Angebote in den Bundesländern zur Verfügung stehen, um die psychische Gesundheit der jungen Menschen zu schützen.“

Hoffen auf Stärkung der Kinderrechte trotz leerer Kassen

Von der Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS erhoffen sich die Kinder- und Jugendanwaltschaften insgesamt eine Stärkung der Kinderrechte. Im Regierungsprogramm fänden sich einige Forderungen der KIJA, so der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner. Eine bundesweite Stärkung der Kinderrechte könne auch trotz des klammen Budgets gelingen, glaubt er. „Man braucht nicht immer mehr Geld, manchmal braucht man ein Umdenken.“ Oft seien es Fragen der Verwaltung, der gesetzlichen Bestimmungen oder des Dienstrechts. Als Beispiel nannte er die vorgesehenen einheitlicheren Standards in der Kinder- und Jugendhilfe.

Wiens Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner
Wiens Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner

Partizipation

Viel stärker noch als bisher müsste in allen Bereichen eine Säule der Kinderrechtskonvention, die Partizipation also die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen beachtet, wahrgenommen und verankert werden, meinte vor allem Sebastian Öhner. Insofern sehen es die Kinder- und Jugendanwält:innen auch – auf Frage von Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… als demokratispolitisch und kinderrechtlich problematisch an, dass junge Menschen, die einen Großteil oder ihr ganzes Leben in Österreich verbringen, nicht wählen dürfen, wenn sie eine andere Staatsbürgerschaft haben.

Monitoring

Im Übrigen wird eine „große kinderrechtliche Lücke“ im „Fehlen eines systematischen Kinderrechtemonitorings, bei dem die Überprüfung und Bewertung der Umsetzung von Kinderrechten bundesweit sichergestellt wird“ geortet. „Nur durch regelmäßige und systematische Überprüfungen können wir Missstände frühzeitig erkennen und strategisch gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Und nur so können wir sicherstellen, dass die Rechte von jungen Menschen auch in der Praxis umgesetzt werden,“ verlangte Sebastian Öhner ein regelmäßiges innerstaatliches Monitoring. Die Kinderrechtskonvention selber sieht einen Prozess der Evaluierung vor und international wird das auch gemacht.

kijuku_heinz

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