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Szenenfoto aus "Der Schöne und die Biest" vom Puppentheater "Das Helmi" (Berlin) beim Gastspiel im Dschungel Wien

Die Schönheit von Upcyling-Fetzenpuppen

Das, nein in dem Fall die, Biest ist leicht – sind doch alle Puppen und Figuren des Berliner Theaters „Das Helmi“ eher, sagen wir es zurückhaltend, nicht die allerschönsten. Dennoch zeichnen sie sich in ihrer Trash-Art der zusammengeflickten Puppen aus Schaumstoff und Stofffetzen durch Charme aus. Diesen gewinnen sie vor allem durch das Spiel des Trios Brian Morrow, Emir Tebatebai, Florian Loycke. Da machen sogar die Stoff-Pferdeäpfel, die den Zuschauer:innen zum Durchgeben überreicht werden, Spaß 😉

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Schöne und die Biest“ vom Puppentheater „Das Helmi“ (Berlin) beim Gastspiel im Dschungel Wien

(Ur-)altes Volksmärchen

Wie der Titel „Der Schöne und die Biest“ naheliegt, rankt sich das knapp mehr als ½-stündige Stück (ab 4 Jahren) entlang etlicher der Motive des – vor allem durch die Zeichentrick- und Real-Verfilmungen sowie Musicalversionen bekannt gewordenen – (ur-)alten französischen Volksmärchens „Die Schöne und das Biest“ (La Belle et la Bête). Wegen des Fluchs im Märchens der aufgrund der Arroganz gegenüber einer scheinbar hässlichen Frau alle in eher unschöne Wesen und Dinge verwandelt, sind auch hier alle hybride Charaktere. Dennis, die Hauptfigur ist sowohl Pferd (als Puppe)  als auch Mensch (Emir Tebatebai, der ersterem Stimme und Bewegungen verleiht). Der Stich an den Rosenstacheln ist hier der Pieks mit einer riesigen Spritze der Apothekerin – dem anfangs fast alle zum Opfer fallen. Dennis kann mit seinem Vater flüchten, der der Sonnenblume ein rotes Blatt entreißt, die ihm dafür ein Stück Hand abschneidet – Vergeltung sozusagen.

Liebevoll chaotisch

Turbulent, mitunter chaotisch, spielt das Trio die ver-rückte Geschichte mit so mancher Wendungen, die nicht immer leicht nachzuvollziehen ist. Wobei’s um die nicht vordergründig geht, sondern um den Spaß am Spiel – das mitunter düster gerät und einigen der jungen Kinder Angst einjagt(e). Die Spielfreude des Trios, das hin und wieder auch singt – und Gitarre (Florian Loycke) sowie Schlagzeug (Brian Morrow) bedient – überträgt sich schnell und gut auf das Publikum. Da wären die Anklänge an überwutzelte Kasperl-Vorstellungen zu Beginn mit „Seid ihr alle da?“ usw. gar nicht nötig gewesen.

Szenenfoto aus
Szenenfoto aus „Der Schöne und die Biest“ vom Puppentheater „Das Helmi“ (Berlin) beim Gastspiel im Dschungel Wien

Up-Cycling

Ein Gutteil des Charmes ergibt sich neben dem lustvollen Spiel auch aus den gleichsam Müll-Puppen. In Zeiten, wo Nachhaltigkeit, Re- und gar Up-Cycling gar zur (Über-)Lebensfrage, nein nicht des Planeten – der wird auch ohne uns auskommen -, sondern „nur“ der Menschheit geworden ist, steckt da noch dazu so „nebenbei“ eine Botschaft drinnen. Wenngleich die möglicherweise gar nicht beabsichtigt ist, weil „Das Helmi“ so schon seit Jahrzehnten arbeitet, oder wie es auf deren Homepage über den Beginn heißt: „Am Anfang des Berliner Puppentheaters stand zunächst eine alte Matratze. Ein paar Stoffreste und Draht ließen daraus Hänsel und Gretel entstehen. Eine zerschrammte Gitarre ließ die Puppen am Helmholtzplatz in Berlin tanzen. Sie hoben damit DAS HELMI aus der Taufe…“

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Figuren aus "Leon der Profi"

Schräge Story aus wilden Recycling-Schaumstoffpuppen

Witziges zeitliches Zusammenfallen: Zwei – komplett unterschiedliche – Theaterstücke nahmen Anleihe bei hierzulande vor allem durch Filme bekannte Profikillern. Während seit mehr als einer Woche im Theater Forum Schwechat „Die Nervensäge(n)“ läuft, gastiert im Dschungel Wien die Puppentheatergruppe „Das Helmi“ aus Berlin. Neben einem Stück für Kinder, „Der Schöne und die Biest“, spielten Florian Loycke, Brian Morrow und Emir Tebatebai (ab 15 Jahren) auch „Leon, der Profi“.

Leon-Puppe, aus
Leon

Der Plott

Hier ist die Hauptfigur ein sogenannter „Cleaner“ – Wegräumen und Wegputzen per Knarre ist sein Job (der gleichnamige Film von Luc Besson aus 1994). Kaltblütigkeit ist die dafür die Grundeigenschaft. Außer für eine leicht monsterartigen Pflanze zeigt er keine Empathie. Und dann das: Matilda, das 12-jährige Mädchen aus der Nachbarwohnung bewundert ihn – nicht wissend, was sein Job ist -, entwickelt Gefühle für Leon. Mathildas Mutter dürfte in einem ähnlichen Business tätig sein wie Leon. Die ganze Familie wird in einer Art Mafia-Clan-Kampf ausgerottet. Lediglich Mathilda überlebt. Und will Rache an der Bande, angeführt von einem korrupten Oberpolizisten namens Gary Oldman üben. Sie sucht Zuflucht bei Leon, will von dem dessen Handwerk, das sie mittlerweile kennt, erlernen. Im Gegenzug bietet sie ihm an, dem Analphabeten Lesen und Schreiben beizubringen.

Mathilda und DIE Pflanze aus
Mathilda

Fantasievolles Spiel

Viel wichtiger als die Story sind in der Version von „Das Helmi“ einerseits die voll schrägen Puppen aus Schaumstoff und Stoffresten. Sie wirken alle irgendwie zusammengeflickt aus vielleicht achtlos weggeworfenen Resten. Sind mitunter nicht gerade stabil, können den einen oder anderen Körperteil auch schon einmal während des Spiels durchaus unabsichtlich verlieren. Re- und Upcycling – oder wie es so manche Kinder (noch) können – aus allem Möglichen, das sie umgibt, die ver-rücktesten Fantasiefiguren und -geschichten erfinden und spielen. Sofern sie nicht zu früh mit perfekt gestyltem Kunststoffzeugs zugemüllt und ihrer Fantasie beraubt werden.

Eine sehr charmant und immer wieder witzig inszenierte (seit 18 Jahren an die 100 Mal gespielt) – manchmal auch aus überspielten Hoppalas – Performance, die – in dieser Puppenversion – nicht zuletzt davon lebt, dass die 12-jährige Mathilda trotz ihrer Schicksalsschläge nie aufgibt und von Anfang an die treibende Kraft von „Leon, der Profi“ ist.

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