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Doppelseite aus "Pantalu sucht das Glück"

Clowneske Figur sucht Glück und erlebt erst viele Enttäuschungen

Breite, wild abstehende dunkelrote Haare, große karierte Hose. Auch ohne rote Nase erinnert so eine Figur an Clown. Sein Name Pantalu klingt – vielleicht nicht zufällig – nach Pantalone, einer Figur aus der italienischen komödiantischen Theatergattung Commedia dell’arte (abgeleitet vom Wort für Hose – pantaloni).

Dieses Bilderbuch hat sich die Illustratorin Uta Polster – und nicht wie ursprünglich hier gestanden ist, die Autorin Julia Dorothea Gaidt – ausgedacht. Pantalu wird auf eine fast fünf Dutzend Seiten lange Reise geschickt, das Glück zu suchen.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Pantalu sucht das Glück“

Wie gepflückt, so…

Die erste Station seiner Suche bringt ihn auf eine Blumenwiese, wo ihm Gänseblümchen zuflüstern „Pflück uns!“ Das lässt sich Pantalu – offenbar ein Kind, da die Autorin aus Pronomen immer es verwendet – nicht zwei Mal sagen. Gepflückt in einen der großen Hosensäcke gestopft. Und, was wohl (fast) jedes Kind weiß, nach ein paar Stunden schauen die Blütenblätter eher verwelkt aus.

Dass sich Seifenblasen – auf einer der folgenden Doppelseiten – so gar nicht einfangen lassen… eh kloar. Und so geht es Station für Station ähnlich erst freudig und dann sehr enttäuscht weiter.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Pantalu sucht das Glück“

Überraschung…

Aber, natürlich bleibt es nicht dabei, und Panatalu findet wohl anderes, das glücklich macht. Was das ist und wie es dazu kommt und dass Glück auch zu jenen Dingen gehört, die durchaus mehr werden (können), wenn sie geteilt werden… – nein das Glück, das du vielleicht empfindest, wenn du die überraschende Wendung liest und siehst, soll hier nicht zerstört werden 😉

PS: Wie – nun, einen halben Tag nach der Erstveröffentlichung dieser Buchbesprechung – schon oben erwähnt geht die Geschichte auf die Illustratorin zurück. Die ursprüngliche Vermutung, dass sie von der Autorin stammt, war eben nur eine solche. Nach der Veröffentlichung meldete sich die Illustratorin und schrieb, dass eben sie Pantalu erfunden hat. „Sie ist entstanden für ein Buch, das noch nicht veröffentlicht und noch in Arbeit ist. Dieses Buch hat die Autorin Julia Dorothea Gaidt zu der Story mit dem Glück veranlasst und mir zukommen lassen. Daraus habe ich dann das Buch Pantalu sucht das Glück entwickelt, gezeichnet und den Satz für die Druckerei gemacht.“

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Titelseite des Bilderbuchs
Titelseite des Bilderbuchs „Pantalu sucht das Glück“
Szenenfoto aus "Lagerkollaps!"

Geistreiches Stationen-Theater teils in Geisterwelten

Unter Geisterwelten stellen sich die meisten wohl eher düstere Spukschlösser vor, oder unheimliche Keller vor. Gespenstisch auf eigene Art sind zumindest zwei der Spielorte im Stationentheater „Lagerkollaps!“ des „Vereins für vorübergehende Kunst Tempora“, das sich bis Mitte Oktober in Wien-Ottakring abspielt.

Vier Schauspieler:innen spielen an vier verschiedenen Orten inszenierte poetisch-philosophisch-sprachspielerische Monologe mit weitschweifenden, teils tiefgründigen Gedanken. Alle vier Orte sind Lagerräumlichkeiten, zwei ebenerdig und zwei in einem von Wiens Mega-„Self-Storage“-Etablissements. Ein paar Gehminuten vom Treffpunkt (Kulturverein ADA – artistic dynamic assosiation) entfernt befindet sich MyPlace – mit 1.600 Blech-Container-Boxen zwischen 1 und 50 m². Gänge, Blechtür an Blechtür. Jede nur unter ihrer Nummer zu finden. Würden die papierenen Schilder mit Pfeil zu Lift oder Treppenhaus abmontiert, du könntest wahrscheinlich stundenlang herumirren bis du einen Ausgang findest.

Im Labyrinth der Boxen

Bei Station 1 triffst du auf Philipp Laabmayr, den du im Vorraum vom Lift möglicherweise zunächst für einen Mitarbeiter halten könntest. Er entpuppt sich als ein wenig nerdiger, zwanglerischer Nutzer eines solchen Lagerraums, in den er das Publikum dann auch mitnimmt. Sein Text „Übergang“ (geschrieben von Gregor Guth) webt eine Art textlichen Boden auf dem solche Lagerboxen für Phasen des Übergangs gebraucht und genutzt werden. Offenbar Unmengen, denn allein dieses eine – seit rund zwei Jahrzehnten bestehende -„Lagerhaus“ umfasst ja – wie schon geschrieben – mehr als eineinhalb Tausend Boxen. Und das obwohl Pi mal Daumen ein 20 m² hier in Wien-Ottakring (da auf der Homepage übrigens verwirrenderweise und Hernals, dem Nachbarbezirk, firmiert) 600 Euro pro Monat kostet.

Das Abstellen, Wegbringen, Lagern, aus dem Blickfeld bringen ist ein lukratives Geschäft – und erfüllt offenbar das Bedürfnis von immer mehr Menschen bzw. Unternehmen, die „auslagern“.

Neben den großen internationalen Konzernen (My Place hat mittlerweile 62 Standorte in Österreich, Deutschland und der Schweiz) schießen sozusagen wie Schwammerln aus dem Boden kleinere Store-Boxen in vormaligen Erdgeschoß-Lokalen. „Das ist mir beim Radfahren in der Stadt aufgefallen“, nennt Veronika Glatzner, die „Lagerkollaps!“ konzipiert und inszeniert hat, nach der Generalprobe Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… als Ausgangspunkt für dieses Stationentheater im urbanen Raum. Der Verein Tempora nennt sich auch „für vorübergehende Kunst“ und spezialisiert sich auf sogenannte Zwischennutzungs-Lokalitäten.

Das Blaue vom Himmel

So wie durch die zunehmenden Lagerräume Flächen für Begegnungen von Menschen in Erdgeschoßlokalen oder auch Wohnen in Häusern verloren gehen, so philosophiert Julia Schranz im Monolog „Obwohl es vom Himmel verschwindet“ (von Magdalena Schrefel) über den Verlust des „Blauen vom Himmel“. Immer grauer werde dieser, verliere seine vielfältigen Blau-Töne und -Schattierungen, deshalb müsse sie diese einsammeln, um sie zu retten bevor sie ganz verschwinden. …

Storebox-Mom

Die Reihenfolge der Stationen ist natürlich nicht für alle gleich. Alle gehen gleichzeitig los, steuern in kleinen Gruppen die vier Stationen an, wo zeitgleich gespielt und dann weitergezogen wird, was auch heißt, dass die Künstler:innen ihre Auftritte vier Mal hintereinander spielen. Der – den Rezensenten – am meisten beeindruckend findet im Erdgeschoß des Kulturvereins statt, einer ehemaligen Pizzeria. Hier lümmelt wie hingemalt, fein gekleidet Grischka Voss als „Storebox-Mom“. In dem von ihr selbst geschriebenen Text outet sie sich als Verwalter der Überreste zerbrochener Beziehungen – mit subtilem bis bitterbösem Humor. Nur Kinder und Haustiere nehme sie nicht mehr an, dafür zählt sie angebliche skurrile Überbleibsel wie abgegebenen Brustimplantate auf. Und sie habe ihr Angebot erweitert auf Lagerräumlichkeiten für nicht verwirklichte Wünsche und Träume.

Übrigens, einer der Werbeslogans des oben genannten Lagerraum-Konzerns lautet: „Damit Träume Wirklichkeit werden, muss man manchmal ein paar Dinge aus dem Weg räumen!“

Morbide

Last but not least – für andere ja sogar die erste oder jedenfalls eine frühere Station – startet und endet im Freien vor einem solch temporären Erdgeschoß-Lagerraum, in dem dazwischen auch drinnen Valentin Postlmayr seinen eigenen Monolog „Wastl die Leich“ spielt. Vier Pressspanplatten-Pfeile sind sein Ausgangspunkt für die morbiden Gedanken, von dieser Form der Holzleichen zu Maden, die sich durch das Gehirn eines Menschen fressen und so Räume für deren Kinder öffnen, zu spintisieren und über die Konkurrenz von Leben und Dingen…

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