Die Wichtig- und Nützlichkeit von Bäumen und (Ur-)Wäldern – abseits der Verwertung von geschlägertem Holz und gerodeten Flächen – als grüne Lungen für das Weltklima, die Menschheit und beim Eintauchen in einen solchen für einzelne Menschen ist mittlerweile weithin bekannt. Dennoch behalten Wälder noch immer so etwas wie dunkles, fast Unheimliches, was nicht zuletzt aus jahrhundertealten Märchen kommt. Auch wenn das eine oder andere neu erzählt, umgeschrieben, gegen den Strich gebürstet inszeniert wird, kleben uralte Images an der Ansammlung von Bäumen.
Geheimnisvolles und Magisches soll dieser Wald in „Die sieben Wünsche“, das kürzlich vielumjubelte Premiere im großen Haus des Wiener Theaters der Jugend, dem Renaissancetheater hatte, durchaus haben. Das meinte der Autor und Regisseur (Henry Mason) dieses märchenhaften Stücks mit Elementen und Motiven aus gut einem Dutzend verschiedener der Märchen aus der Sammlung der Gebrüder Grimm im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… – Link zu diesem Gespräch, in dem er auch erklärt, wie er auf die Story und die Zahl sieben für die Wünsche – es gibt ja etliche magische Zahlen – kam, am Ende des Beitrages.
Nun hier aber zunächst der Plot dieser knapp mehr als zweistündigen (eine Pause) kurzweiligen, spannenden, manchmal ein bisschen gruseligen, märchenhaften Inszenierung voll so mancher Überraschung: Familie Wunsch lebt in einem großzügigen Haus am Waldrand. Dort steht auch die Grundlage für den Wohlstand: Eine Papierfabrik.
Großmutter Adele Wunsch (Uwe Achilles nicht selten wirklich furchteinflößend in den meisten Auftritten), die eigentlich eine Prinzessin war, und darunter leidet, nicht genug weltweit Beachtung zu finden, hat neue Maschinen angeschafft, die statt grauen nun blütenweißen Papiers herstellen können – aus Holz. Also sollen / Müssen Bäume des Waldes dranglauben.
Enkelsohn Hans (Jonas Graber), ein empathischer Freund der Bäume und der in ihnen lebenden Tiere, möchte das gar nicht, seine Schwester Margarete (Anna Katharina Malli) hingegen sehr, sie glaubt an das, was als „Fortschritt“ verkauft wird und eilt mit Axt in den Wald.
Zwischen der tyrannischen Großmutter, dem ängstlichen Großvater Tilo (Frank Engelhardt), der seine Frau sehr liebt und den genannten Kindern gibt es deren Eltern: Walter (Stefan Rosenthal) den Sohn der Alten, der seine Kinder liebt, aber nix gegen seine Mutter sagen oder gar machen will und seine angeheiratete Frau Roswitha (Violetta Zupančič). Die war offenbar als Kind Rotkäppchen, weil sie immer wieder erzählt, dass sie einst von einem Wolf verschluckt worden war und samt der Großmutter, auf die sie im Wolfsbauch fiel, das Tier von innen aufgeschlitzt und sich so befreit hatte.
Als weitere Figur tritt eine im Wald lebende Frau, von allen als Hexe gefürchtet (Maria Fliri, die auch den Familienfotografen und eine Bedienstete im Hause Wunsch spielt) in Erscheinung. Sie versteht die Bäume, ist dabei ihre Sprache zu lernen. Wie und was sie mit der Familie Wunsch zu tun hat, sei hier nicht gespoilert – nicht nur, weil der Autor und Regisseur im Interview mit Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… gebeten hatte, nicht zu viel zu verraten. Das wäre auch so schon hier nicht passiert. Auch nicht wie die ängstlich gewordene Mutter Roswitha ihren alten Mut (wieder) findet – dies ist übrigens eine wunderbare Szene dank der Kostümverwandlung.
Violetta Zupančič legt hier eine wahrhaft magische Verwandlung hin – nicht zuletzt auch dank einer kostümmäßigen Verwandlung. Kostümbildnerin Anna Katharina Jaritz und die Schneider:innen der Kostümwerkstatt haben hier ein meisterhaftes Kunstwerk aus Stoff geschaffen.
Eine Figur gibt’s darüber hinaus noch: Neben dem Wolf, in dem natürlich ein Schauspieler steckt – über den hier der Mantel des Schweigens gebreitet wird, um die letztlich verblüffende Enthüllung nicht kaputt zu machen, tritt mehrmals ein kleines grünes, wuscheliges Waldwesen, ein Moosmännlein, in Erscheinung – als Puppe, geführt, gespielt und gesprochen von Frank Engelhardt (ansonsten Großvater Tilo Wunsch).
Die Puppe gebaut und das ganze Bühnenbild entworfen hat Rebekah Wild. Die Bäume, die den Wald bilden und von denen die Tyrannin viele schlägern lässt, sind „nur“ stilisiert – als Träger einer Produktionshalle der Papierfabrik. Sie wirken voll als wären sie typische Fabriks-Stahlgerüst-Teile. Sie sind aber in echt aus Holz, vertraute Rebekah Wild dem Reporter an und zeigt sich fasziniert vom Werk der Mitarbeiter:innen der Werkstatt haben dies so perfekt hingekriegt, dass sie, als sie künstliche Blumen befestigen wollte, erst meinte: „Antackern kann ich sie nicht, die Träger sind ja aus Stahl, ach nein, sind ja Holz!“
Natürlich heißen Hans und Margarte nicht zufällig so, manchmal werden sie auch Hänsel und Gretel genannt – und so manche Anspielung ans gleichnamige Märchen kommt vor. Ein anderes – Rotkäppchen – wurde schon genannt. Die Großmutter will – nicht wegen ihres Aussehens, sondern einer besonderen Fähigkeit, die hier sicher nicht verraten wird, sich von einem Spiegel bestätigen lassen, dass sie darin die Beste sei. Zu ihrem Ehemann kam sie, weil dieser sieben Fliegen erschlagen hat und als Held galt. Margarete hilft dem eingeklemmten Moosmännlein nicht, ihr Bruder tut’s schon – ein Motiv, das mindestens an Frau Holle, aber noch etliche andere Märchen erinnert wo solch unterschiedlich empathische Geschwister vorkommen.
Bevor sich alle gegen die Tyrannin zusammenschließen und versuchen den Wald oder viel weniger das, was von ihm noch übrig ist, zu retten, geht die Show noch eine Reihe etlicher Verwicklungen, Windungen und Wendungen. Spannend, manchmal auch reißt’s dich und dann ist wieder etliches zu schmunzeln oder gar lachen dabei. Bei der Premiere gab’s mehrfach Szenen-Applaus im zweiten Teil nach der Pause.
Gedacht und angegeben für Kinder ab sechs Jahren, aber so hin- und mitreißend gespielt und spannend inszeniert, dass „Die sieben Wünsche“ Besucher:innen jedweden Alters darüber anspricht und mitnimmt.
Achja, wie schon einleitend angesprochen, natürlich spielt der Wald als Symbol für die Natur und ihre Schutzwürdigkeit eine zentrale hintergründige Rolle, ohne dies „oberlehrer:innhaft“ mit erhobenem Zeigefinger zu tun.
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