Obwohl nur wenige Gehminuten von Wien Mitte entfernt, wo U3, U4, Schnellbahnen – nicht zuletzt zum und vom Flughafen zusammenkommen, ein großes Einkaufszentrum auf der einen, ein Kino-Center auf der anderen Seite thronen, ist der Abschnitt der erste Abschnitt der Landstraßer Hauptstraße irgendwie kein leichtes Pflaster. So manche der Geschäftslokale überleben nicht lange, werden von (häufig) wechselnden Betreiber:innen geführt. Auf Nummer 6 versucht es nach einem kleinen Café und einem koreanischem Streetfood-Take-away seit nicht ganz einem Jahr ein neues Lokal – mit einem Mix aus gesund, gut und schnell – zum Mitnehmen aber auch zum Verweilen: Vi & Vie (Vital und Vienna). Zu Letzterem lädt neben den Imbissen und Getränken – spannende Kaffee- und Tee-Mixes sowie selbstgemachte Limonaden – vor allem die internationale, familiäre Atmosphäre ein. Freundliches, ehrliches Lächeln und offene Arme, aber ohne je auch nur ansatzweise aufdringlich zu werden oder gespielt gekünstelt zu grinsen.
Claudia und Vedran Kordić – sie mit Tiroler und serbischen, er mit kroatischen Wurzeln – kamen bei ihrem mehrjährigen Aufenthalt in der britischen Hauptstadt auf diese Idee. „Als wir nach New York für einige Jahre in London gelebt haben, sind wir an vielen Ecken auf solche Lokale gestoßen: Schnelles, gutes und noch dazu gesundes Essen – für Leute, die wenig bis gar keine Zeit haben, um selber zu kochen bzw. die Zeit für anderes nutzen wollen, ganz ideal“, schildert die studierte Juristin und leidenschaftliche Köchin Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… den Grundgedanken von Vi&Vie in der Küche in Wien Favoriten in der Nähe des Arthaberparks. Schmackhafte Sandwiches mit viel Gemüse, aber nicht nur statt Leberkäs-Semmeln sozusagen.
Bevor das Paar – mit einem elfjährigen Sohn, der in Wien eine internationale Schule besucht – das Lokal mit internationalem Flair, das zählte neben Gut, gesund und schnell zum Konzept, eröffnete, wurde die Küche etabliert. Und ein Profi engagiert. Hubert (52) hat 35 Jahre in der kulinarischen Highlight-Gastro gearbeitet. „Das war dann aber auch genug, ich wollte nicht mehr 14 bis 16 Stunden am Tag in der Küche stehen“, verrät er den Beweggrund für seinen Wechsel. „Die Idee, Take-away auf High-Qualitiy-Level hat mir sehr gefallen.“ Und hier hat er geregelte Arbeitszeiten – meist 6 bis 13 Uhr und eine Fünf-Tage-Woche.
Und so bereitet er – nicht selten auch gemeinsam mit Claudia – in Favoriten die Dinge – von Sandwiches über Suppen über Bowls bis zu Erdäpfelgulasch im Einrex-Glas samt selbst zubereiteten Soßen frisch zu. „Wir arbeiten nicht mit Konservierungsstoffen. Unser Motto ist: Ehrliches Essen oder auch Essen ohne Kompromisse!“
Und so achten Claudia und Hubert auch darauf, wo sie ihre Zutaten einkaufen – möglichst regional bzw. nicht allzu weit weg. „In Sizilien haben wir sozusagen einen Zitronenbauer adoptiert“, schmunzelt Claudia.
Weltküche ist übrigens ein weiteres Motto, das zum internationalen Flair des Lokals unerlässlich dazugehört. Und so wird in der Küche in Favoriten immer wieder auch experimentiert, mal mit violettem Reis, dann wieder mit eingelegten Rettichen, gespickten Zitronen, Humus sowieso, einem Mix aus Klassischem und doch irgendwie Neuem, beispielsweise einem Tafelspitz-Salat, Süßkartoffel-Püree, derzeit etwa mit Sushi-Sandwiches. „Wie groß können die sein, um gut unterwegs essbar zu sein?“, fragen sich Claudia und Hubert. Mit Geschmack muss sowieso immer probiert werden. „Fad darf’s auf keinen Fall schmecken, aber was kommt bei Kundinnen und Kunden an?!“ Und recht preiswert sollen die Speisen trotz hochwertiger Zutaten dennoch bleiben, sind sie doch meist wirklich nur für Zwischendurch.
Die Küche ist hochtechnisch ausgestattet, u.a. mit einem Spezialgerät, bei dem Temperatur, Zeit und alles Mögliche sonst noch einstellbar ist, so dass auch jemand schnell angelernt werden kann. Den beiden geht die Ukrainerin Antonia als „gute Fee“ zur Hand.
Claudia ist in Hall in Tirol geboren, wuchs die ersten 13 Jahre ihres Lebens im serbischen Kragujevac auf, studierte Jus in Wien, wo sie Vedran kennenlernte. Der gebürtige Kroate aus Rijeka, promovierte in Wien an der Technischen Uni für Maschinenbau – und Fertigungstechnik, arbeitete danach wissenschaftlich am Institut für Automatisierungs- und Regelungstechnik. Bald verließ er die Uni, um einen Verlag für wissenschaftliche Publikationen zu gründen.
In Wien wurde auch Sohn Philipp vor mehr als zehn Jahren geboren. Zu dritte machten sich Familie Kordić erst nach Riejka , dann New York auf, um bald danach nach London zu ziehen, wo sie einige Jahre lebten. Doch Brexit einer- und Corona andererseits ließ das Trio nach EUropa und da nach Wien übersiedeln. Deutlich kleiner als London, weniger Entrepreneuer-Spirit, aber dennoch international, dafür vielleicht auch ein bisschen familiärer. Hier wollten sie ihre Business-Idee umsetzen – und tun dies – eben als Mix aus Welt- und österreichischer Küche. Und mit internationaler Belegschaft. Englisch als Lingua franca – mit Spanisch, Arabisch, Rumänisch sprechenden Mitarbeiter:innen. Wertschätzung für die Mitarbeiter:innen schlägt sich nicht zuletzt auch in der Benennung von Speisen nieder. So heißt ein Sandwich (gegrillter Halloumi-Käse, frischer Rucula, hausgemachte Salzzitrone, Paprika-Aufstrich und knusprige Walnüsse): Nibals Halloumi nach einer Mitarbeiterin der ersten Stunde im Lokal in Wien-Landstraße und das Erdäpfel-Gulasch trägt Koch Huberts Namen.
KiJuKU: Wie bist du auf die Idee zu dieser Serie gekommen?
Catharina Kleber: Vor vielen Jahren hab ich eine Ausgabe des Magazins fool.se (seit 2011) des schwedischen Paares Lotta Jorgensen und Per-Anders Jörgensen gelesen, das sich immer einem Thema rund um Essen und Ernährung widmet. Eine Ausgabe hat sich mit Religion beschäftigt. Aber meine, unsere Serie ist ganz anders. Das erste Konzept von mir war aus 2018, begonnen haben wir dann gegen Ende 2019.
KiJuKU: Da kam doch ein paar Monate später Corona und die weltweiten Lockdowns?
Catharina Kleber: Das hat einiges durcheinandergebracht. Wir mussten Reisebeschränkungen und Quarantäne-Vorschriften stets im Auge haben, um Drehs zu verschieben. März 2020 wollten wir in Spanien beginnen, Mai 2020 war geplant, in Iran zu drehen, weil wir den Ramadan drinnen haben wollten. Das mussten wir verschieben, haben aber dann dennoch darauf geachtet, dass wir religiöse Feiertage drinnen haben.
KiJuKU: Die einzelnen Folgen sind zwar knapp, aber so dicht und vielfältig, das hat sicher einiges an Vorarbeiten, Vorbereitungen gebraucht, warst du oder das Team jeweils zwei Mal vor Ort, einmal fürs Organisieren und einmal für die Drehs?
Catharina Kleber: Wir haben das meiste aus der Ferne vorbereitet, hatten aber auch lokale Unterstützung zum Beispiel in Spanien, Japan und Indien. Im Iran hat die Produzentin und Co-Regisseurin Niloufar Taghizadeh über ihre Connection die Vorarbeit geleistet; in New York war ich schon eine Woche vorher da, um Leute zu treffen und Locations ausfindig zu machen, in Deutschland hab ich’s auch selber vorbereitet.
KiJuKU: A propos New York, warum habt ihr über das Judentum dort und nicht in Israel gedreht so wie Islam im Iran?
Catharina Kleber: Das war eine extrem schwierige Entscheidung, eine auch sehr persönliche, die Idee, in New York über das jüdische Leben eine Sendung zu machen, trage ich schon seit Jahren mit mir herum. Für mich ist New York einfach jüdisch, das hab ich gespürt, als ich das erste Mal in dieser Stadt war. Und das war ich viel öfter, in Israel war ich erst mit 18 Jahren das erste Mal. New York ist für mich auch ein bisschen wie Heimat, ich bin die ersten 16 Jahre meines Lebens in Washington D.C. aufgewachsen. Und New York ist nicht nur ein genereller Melting Pot, wo praktisch alle Kulturen zusammenkommen, sondern hat auch in Bezug auf jüdisches Leben eine große Vielfalt – von streng-orthodox Gläubigen bis zu solchen, die koschere Regeln oder die strenge Trennung von Milch- und Fleischprodukten nicht so genau nehmen.
So erleben wir die Drehbuchautorin, Co-Regisseurin und persönlich durch die Folgen führende Kleber in der Backstube von Peter Shelsky, „der die Multikulturalität der Stadt in seine jüdische Küche einfließen lässt. Seine Bagels, die ursprünglich von osteuropäischen Einwanderern mitgebracht wurden, gelten als Klassiker in New York. Heute haben die Einflüsse verschiedener Kulturen im Schmelztiegel New York die kulinarischen Grenzen verschwimmen lassen.“
KiJuKU: Was waren die überraschendsten und was die herausfordernsten Begegenungen mit Menschen, Speisen und Religionen?
Catharina Kleber: Das Herausfordernste war sicher Funa Sushi in Japan, ein fermentierter Fisch. Du kannst ihn lieben oder hassen, da scheiden sich die Geister. Ich fand ihn – naja, die Schwierigkeit ist, wie sagst du das vor den Leuten und in die Kamera halbwegs diplomatisch. Ich fand ja, er schmeckt nach saurem Käse. Und dieser Dreh war noch dazu an meinem Geburtstag.
KiJuKU: Das war das einzig herausfordernde Essen?
Catharina Kleber: Ja, ansonsten habe ich sehr viele sehr gute Dinge gegessen.
KiJuKU: Und das Überraschendste?
Catharina Kleber: Es hat mich Vieles überrascht, aber das Erstaunlichste war für mich, wie gut und viel die Menschen im Iran über ihre Geschichte und Kultur Bescheid wissen – bis zum kleinen Marktstandler. Das hab ich so in den anderen Ländern nicht erlebt. In Japan hat ja sogar ein Mönch nach seiner Hingabe zu Buddha befragt nur gemeint: Ich bete halt.
KiJuKU: Du hast erwähnt, dass du bis 16 in Washington aufgewachsen bist…
Catharina Kleber: Ja, dann wurde mein Vater nach Europa versetzt, ein Jahr war ich dann in London und danach in Deutschland.
KiJuKU: Du bist bilingual aufgewachsen?
Catharina Kleber: Ich hab in den USA eine deutsche Schule besucht, aber unsere Freizeitsprache war Germish, Deutsch mit englischen Grammatikrgeln. Deutsch war eher nur die Pflichtsprache in der Schule, aber so gut, dass ich in Deutschland dann leicht das Abi gemacht habe. Zum Studium bin ich mit meiner besten Freundin, deren Mutter aus Linz war, nach Österreich gekommen: Theater-, Film- und Medienwissenschaften und Kompartistik – vergleichende Literaturwissenschaft;, ach ja und ich hab acht verschiedene Nebenfächer angefangen.
KiJuKU: Wie kam’s dann zum Fernseh-machen?
Catharina Kleber: Das war nie mein Plan, kam aber durch eine zufällige Begegnung. Hannes Rossacher suchte Assistenz für die Aufzeichnung von Theaterstücken. Ich habe ja Theaterwissenschaften studiert, selbe auch gespielt und ja so hat’s begonnen und dann kamen nach den Stück-Aufzeichnungen noch solche von Konzerten und Dokus und …
KiJuKU: Was sind die nächsten Projekte?
Catharina Kleber: Ich fahr nach Basel für eine Theatergeschichte und am meisten interessieren mich Porträts über interessante Menschen.
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