Ein riesiges, wie auf einer Wäscheleine hängendes, Stofftuch bildet die Projektionsfläche – für Bilder, Zeichnungen und animierte Videos. Auf dunklem Hintergrund sind die Konturen eines riesigen Sportschuhs zu sehen wenn das Publikum den großen Saal im Theaterhaus für junges Publikum, dem Dschungel Wien im MuseumsQuartier betritt. Mit Beginn der Vorstellung, einer der Performances beim Festival der Theaterwerkstätten, taucht auf dieser Leinwand eine Hand mit Stift auf. Nach und nach entsteht – dazwischen mitunter mit Pausen – der Schriftzug „Her mit dem schönen Leben“; bei dem gibt’s Verzögerung – den oder doch dem 😉 und bei Leben werden die Buchstaben immer größer!
Dann ertönt die programmatische Forderung via Lautsprecher von Kinderstimmen – jenen, die auch die Performance entwickelt haben und in verschiedenen Szenen diesem Wunsch, nachgehen und ihn darstellen – in Variationen, denn für jede und jeden kann so ein Ziel ja ganz unterschiedlich ausschauen.
Kilian Biechele, Ava Brandmaier, Lenz Eichenberg, Ela Ergin, Lina Fritz, Victor Griehsler, Linus Hübl-Englerth, Sina Tobias Kananian, Vita Parisini, Alexis Rabay, Theo Saßmann-Ramusch und Lilia Trautendorfer haben im Verlauf von mehreren Monaten unter der künstlerische Leitung von Monika Haberfellner (Hospitanz: Lucas Hofbauer; Tonaufnahmen + Schnitt: Kathrin Wimmer) daran gearbeitet.
Finsternis und Ängste sind – auch (siehe auch „Hopepunks“) – ein Thema, hier dargestellt mit einem imaginären Dachboden, Gespenstern und dem Spiel mit Licht und Schatten mit Hilfe der großen Leinwand. Vor allem aber sind’s mögliche Wunschberufe – von Schlagzeugerin, Rockstar, Kellnerin, Jäger, Polizist:innen, Künstlrin aber eigentlich Kunstdiebin und vielen mehr, gespielt in Verkleidungen und übergroßen Schuhen, die es von der Decke „regnete“ -, die wiederum zu gespielten Szenen führen. Außerem zeigen Videos u.a. eine Tänzerin, die auch Räder an einer Strandpromenade schlägt, Meeresforscher:innen, einen Vulkanexperten, der mit einem Backpulver-„Vulkan“ experimentiert…
Und darin scheinen sich alle so wirklich wohlzufühlen, was schließlich in der Erkenntnis gipfelt: Genau jetzt ist das schöne Leben!
Von einer Art Tribüne aus erobern acht Kinder und sechs Erwachsene den Bühnenraum – einige der Oldies später auch Treppen im Publikumsraum und am Ende holen die Kids immer wieder einzelne Besucher:innen aus den Reihen der Zuschauer:innen – aber dazu später.
„Hopepunks“ ist eine nicht ganz ¾-stündige vielseitige, mal wilde, dann wieder sehr ruhige Performance rund um so manch scheinbar kleine und doch so große Fragen von Kindern – für ihr eigenes Leben aber auch das der gesamten Menschheit.
Nayeli Fox, Mila Frühwald, Fridolin Grabher-Dietlinger, Laura Lima-Oswald, Ellie Nguyen, Hanna Nürnberger, Nahui Ollin Palacios-Brandstetter, Lacin Torkanbouri sowie die erwachsenen Saba Farnoud, Till Frühwald, Volkan Karabulut, Ella Karabulut-Oswald, Eva Isolde Oswald und Günesch Torkanbouri machen sich von einer Tribüne aus einer Art großer, grauer, weicher flacher Bausteine aus auf den Weg, marschieren und wandern durch einen (als Video projizierten) Wald, verwandeln sich per großer, weit ausschwingender Armbewegungen in schwebende Wesen vor dem Hintergrund eingeblendeter Vögel. Ihre Wege führen sie aber noch viel weiter, nicht zuletzt in die unendlichen Weiten des Weltraums mit beeindruckenden Video-Bildern aus fernen Galaxien.
Auf dem Weg der 14 Performer:innen entfernen sich die Erwachsenen bald, ziehen sich in Ecken und auf Stufen zurück, um Papier zu falten. Die Kinder suchen nun nach ihren eigenen Wegen. Vieles läuft ohne Worte. Als es doch zu solchen geht, treten sie einzeln vor ein Mikrophon und äußern zunächst ihre Ängste – vor schlechten Träumen oder ebensolchen Noten, davor, von Freund:innen nicht gemocht zu werden, aber auch davor, dass die Erde so heiß werden könnte, das (menschliches) Leben auf ihr nicht mehr möglich sein würde…
Gegen die Ängste bauen sie aus den schon erwähnten „Bausteinen“ einen befestigten Schutzwall, der sie aber bald in ihrer Ecke einengt – und mit gedichteten Zeilen von einem Hasen sowie einem Bären, die Mut und Hoffnung gegen Ängste verbreiten (nachträgliche Anmerkung: sehr stark angelehnt an das Lied „Keine Angst vor der Angst“, das der deutsche Liedermacher Olli Schulz unter anderem Elmo in der Sesamstraße vorsingt), befreien sie sich aus dem selbst gebauten „Gefängnis“ durch Niederreißen der Mauern, um befreit und ausgelassen aufzuspielen.
Die schauspielerische und immer wieder tänzerische Performance wird die gesamte Zeit live von einem Musik-Trio am Rande der Bühne begleitet: Aria Torkanbouri (Leitung sowie Klavier und Saz), Katarina Milisavljević (Geige und Schamanentrommel), sowie Salar Ghaffarbejouei (Cello und Kamança).
Irgendwann haben erwachsene Mitspieler:innen, die sich zurückgezogen hatten, genügend Kraniche gefaltet, die sie ihren jungen Performance-Kolleg:innen aushändigen. Mit je einem solchen papierenen Vogel – in Japan Symbol der Hoffnung und des Friedens (siehe auch Link zur Besprechung eines Bilderbuchs rund um einen Kranich und die Friedensburg im Burgenland) – holen die Kinder wie schon eingangs erwähnt Zuschauer:innen auf die Bühne zu einem abschließenden gemeinsamen Aus-Schwingen.
Geburt, Geburtstagstort mit einer Kerze, erster Schultag, erstes Verliebtsein, Pubertät, Trennung unterschiedlichster Art – ob Eltern oder von Freund:innen – 15 Jugendliche erarbeiteten in einer der Theaterwerkstätten im Dschungel Wien unter dem Titel „Spiel des Lebens: Turning Points“ aus ihren Gedanken, Ideen, Erinnerungen, Erlebnissen, Gefühlen dazu Szenen, die sie in rund 50 Minuten beim Werkstatt-Festival spiel(t)en, tanz(t)en und sangen / singen (noch bis 13. Mai).
Im Spiel, so vermitteln sie, ist vieles erlaubt, auszuprobieren – aber die Regeln haben Lola Cimesa, Lia Floch, Alara Hepnerova, Lilith Hofstätter, Eleonore Illedits, Karolina Kühnelt, Saya Mory-Lamprecht, Chiara Piva, Theo Scheibelhofer, Carina Schmidt, Aurel Sczilinski, Hanna Sczilinski, Eda Susemichel, Thimo Temt, Marlene Tragseiler selber bestimmt. Und dabei – so die künstlerische Leiterin der Werkstatt Anja Sczilinski im Begleitmaterial „haben sie manchmal auch sehr gefordert und meine Anleitung hinterfragt. Da kam die Frage in mir auf, reagiere ich jetzt doch wieder autoritär oder lass ich mich auf Verhandlungen mit ihnen ein?“
Und so spielen sie (nicht nur) rund um ihre „Turning Points“ Szenen, die auch viele ihrer Altersgenoss:innen so oder ähnlich kennen, thematisieren darüber hinaus aber auch für sie wichtige Anliegen – sehr oft nennen sie „keine Kriege, keine Diktatoren!“ im Abschnitt über Ängste. Klima und dessen Bedrohung durch menschliches Zutun sowie Ungerechtigkeiten haben es ihnen – wie sie mehrfach artikulieren – ebenfalls angetan.
Einsam bläst im vorderen linken (vom Publikum aus gesehen) Bühnen-Eck Özgün Yarar die Ney (eine lange, dünne Flöte) und bringt mit seinen orientalisch klingen Tönen das Publikum weit weg – für die einen Urlaubsfeeling, für andere Heimatgefühle. Plötzlich Gestampfe auf der Treppe zwischen den beiden Hälften der Publikums-Tribüne. Zwölf Performer:innen betreten mit Sprech-Chören die Bühne, darunter dem bekannten: Arbeitskräfte haben wir gerufen – Menschen sind gekommen! Ergänzt auf dem Weg zur und dann auf der Bühne durch die Bemerkung, dass dies natürlich auch für Flüchtlinge, Migrant:innen usw. gilt – es geht doch immer um Menschen. Besser gesagt/gedacht: Es sollte um die Haltung gehen, dass es sich immer um Menschen dreht.
„Auf der Suche: Gastarbeitler 60‘“ heißt die Performance (künstlerische Leitung: Elif Bilici) und bildet den Abschluss einer der Theater-Werkstätten im Dschungel Wien, dem Theaterhaus für junges Publikum im Museums-Quartier. Die verschiedenen Werkstätten präsentieren ihre Ergebnisse derzeit – teils bis Dienstag.
Das Dutzend formiert sich auf der Bühne zum Sprech-Chor – „dirigiert“ mit einer Art senkrecht von Holzstäben hängenden Text-Fahnen durch Bruno Pisek. Rocco Baldari, Nikolay Yulianov Chulev, Noemi Thuy-Lan Felicitas Duong, Valentina Eminova, Zeynep Kiyıcı, Kai Kugler, Polina Merkulova, Destiny Okon, Hicran Saço, Anna Tarasenko und Özlem Yarin bilden diesen Sprech-Chor, der knapp, kurz, prägnant Texte zu Wohnen, Arbeiten, Leben in der neuen Heimat, Sehnsüchte nach der ersten zum Ausdruck bringt. Immer wieder treten einzelne Akteur:innen aus dem Chor solistisch ins Bühnen-Zentrum erzählen von der Ankunft im so ersehnten Wien – samt der Aufnahme mit nicht gerade nur offenen Armen.
Die Performer:innen, die das Stück auch mit-entwickelt haben – gemeinsam mit anderen (Neil Dölling Lucia Dorner) und teils unter der Leitung von Armela Madreiter und Thomas Perle in Schreibwerkstätten, bringen auch ihre mitgebrachten Sprachen organisch ins Stück ein (in alphabetischer Reihenfolge): Deutsch, Englisch, Italienisch, Japanisch, Kurmandschi, Romanes, Rumänisch, Serbisch, Türkisch, Ukrainisch und Zazaki.
Und sie konnten auf viel historisches Material und Interviews vor allem mit Ali Gedik zurückgreifen. So widmet sich eine Passage dem was heute wohl als Sprach-Nachrichten bezeichnet werden würde. Es gab – was sich Jüngere vielleicht gar nicht vorstellen können – weder Handys noch Internet, telefonieren war sauteuer und geschriebene Briefe drückten oft die unmittelbaren Gefühle nicht so direkt aus wie Sprachaufnahmen.
Menschen nahmen auf Kassetten mit langen dünnen Bändern Eindrücke vom Arbeiten und Leben in der neuen Heimat auf, steckten sie in Kuverts, schickten sie zur Familie nach Hause. Im Dorf saßen viele rund um ein Radio mit Kassettenspieler, hörten gespannt zu und – schickten umgekehrt wieder Kassetten mit eigenen Sprach-Aufnahmen nach Österreich. Wehmut. Ein Stück Heimat bzw. Verbundenheit zwischen da und dort. Das Hin und Her nahm übrigens einigen Wochen in Anspruch. Und jene, die hier in der Fremde, die später zur neuen Heimat wurde, waren oft nicht ganz ehrlich, erzählten nicht, wie schlecht es ihnen, die hier Jobs verrichteten, die die Einheimischen nicht machen (wollten), ging. In wie beengten Wohnverhältnissen sie leben (mussten)…
Immer wieder werden die Sprech-Chöre bzw. Solo-Auftritte wieder von Musik unterbrochen, die Stimmungen untermalen, Sehnsüchte zum Ausdruck bringen. Der schon erwähnte Musiker greift zu Blas- bzw. Saiteninstrumenten (Saz und Buzuki) und wird begleitet von der Sängerin Deniz Öz mit wunderbarer Stimme – unter anderem auf Zazaki, einer der kurdischen Sprachen. Und unter anderem einem Lied, das den Bogen zum ersten Auftritt des Sprech-Chores schloss: Es wurden Arbeiter gerufen und es kamen Menschen an.
Dem Thema von Menschen, die als Arbeitskräfte geholt wurden, widmet sich auch eine Ausstellung im Dschungel Wien – in den Räumen vor Bühne 3 bzw. dem Bürotrakt. Viele Fotos aber auch zwei Koffer mit Zeitungs-Ausschnitten, Audio-Kassetten, einem künstlerisch gestalteten Koffer usw. geben optische – und zum Teil zu lesende (Bücher) Einrücke in das Leben von einigen einzelnen Menschen. Aber auch in wissenschaftliche Aufarbeitung der Strukturen.
„Wem gehört die Geschichte? Wie wurde[n] Geschichte[n] geschrieben? Gibt es schon eine Geschichte der Migrant*innen in Österreich?“ – diese Fragen durchziehen die Ausstellung mit vielen Fotos von Felat Diljin. Ein Teil der Ausstellung kommt von „Stimmen der Vielfalt“ vom Grazer Verein JUKUS (Jugend Gesundheit Stadtteilarbeit Kultur).
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