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Kleiner "Fluss"-Lauf für Boote
Kleiner "Fluss"-Lauf für Boote
31.08.2024

„Hoppadi Hoppada – Straßen sind für alle da“

Für einen Tag wurde eine kleine Sackgasse autofrei, Radparcours, Spielplatz und Begegnungszone für Menschen.

Räder auf Rädern – Vorne im Lastenrad einige Kinder-Fahrräder, hinten auf dem Anhänger noch ein paar größere. Die Baumannstraße, eine kleine Sackgasse zwischen Beatrixgasse und Sünnhof in Wien-Landstraße wurde am letzten Augusttag (2024) zur belebten Begegnungszone, zum Spielplatz, Radparcours mit Wippe, Kreisverkehr und Verkehrszeichen – jedenfalls zum ersten Mal seit ewig autofrei.

Geh-Zeug

Vor der Werkstatt kreativer, junger Tischler:innen schraubten Kinder mit einem der Organisatoren Holzlatten zusammen, verbanden die vier Ecken mit diagonal gespannten Tragegurten und „reanimierten“ damit das „Geh-Zeug“. Der einst bekannte, jahrzehntelange TU-Professor für Verkehrsplanung hatte dieses Ding erfunden. Ein Holzrahmen im Ausmaß eines durchschnittlichen PKW. Mit den Gurten zum Umhängen und Gehen – um sehr deutlich zu machen, wie viel Platz ein Auto verbraucht, in dem sehr oft auch nur genau ein Mensch sitzt. Und das die meiste Zeit steht, (versiegelten) Platz verbraucht. Doch wehe, du würdest auf dem selben Platz eine Sandkiste oder ein paar Liegestühle auf die Straße stellen wollen 😉

Theater – Theater – Werkstatt

Letzteres passiert – auf Initiative von Bewohner:innen – immer wieder da und dort – siehe Links am Ende des Artikels über andere Gassen. Hier in der Baumannstraße war’s „Die Werkstatt – Baumanstraßen-Verschönerungsverein“. Dort wo lange Jahre das LEO – Das letzte erfreuliche Operntheater und danach das Clowntheater Olé im Souterrainlokal an der Ecke zur Beatrixgasse gespielt haben, sind seit einigen Jahren die kreativen Holz-Künstler:innen am Werk. Rund um einen der Bäume bauten sie Bankerln und Blumentröge. Nachbar:innen ließen sich davon „anstecken“ und setzten ebenfalls Pflanzen rund um einen der Bäume – samt Holzschild mit der Bitte, die Erde frei von (Hunde-)Kaka zu halten.

Hundezone
Hundezone

Apropos Hunde – für Vierbeiner wurde eine eigene Hunde-Spielzone bei einem Baustellengitter eingerichtet – samt Tisch mit Leckerlis und Anleitungen, solche selber herzustellen.

Kreativ-Stationen

Angebot zu eigener kreativer Betätigung gab es an verschiedenen Ecken und Enden der Gasse. Faltanleitungen für unterschiedlichste Papierschiffe lagen – samt dem dazugehörigen bunten Papier auf einem Tisch neben einer kurvigen Rinne für Bootsrennen – nicht nur für die papierenen Schifferl, sondern auch für zuvor 3D-gedruckte Wasserfahrzeugerln. Bunte Stifte und Malblöcke fanden sich auf anderen Tischen – sowie Pläne der Gasse, um zu zeichnen und zu malen, wie hier der öffentliche Raum umgestaltet werden könnte. Schwarz-Weiß-Fotos eines der Häuser warteten auch darauf be-buntet zu werden. An anderer Stelle konnte aus Ton alles Mögliche geformt werden – das dann in der Werkstatt gebrannt wurde.

Stadt für Menschen statt für Autos

Der Spruch aus der Überschrift dieses Beitrages ist von einer Losung auf einem Holzgestell ausgeborgt. Auf einem anderen Brett stand: „Was ich gerne hätte? Autofreie Städte!“ und als dritter Spruch: „Stadt für Menschen statt für Autos“.

Bänke zum Sitzen und Tische nicht nur zur kreativen Betätigung, sondern auch zum Essen, Trinken, Plaudern brachten Menschen, die oft schon ewig lang hier wohnen und einander höchstens vom Vorbeihuschen kennen, dazu, miteinander in Gespräche zu kommen.

Was alles ohne Auto möglich ist, bewies der DJ, der seine gesamte Anlage samt Lautsprechern per Lastenfahrrad anlieferte. Dem Gedanken der Nachhaltigkeit diente auch ein Kleidertauschplatz mit Tischen und langen Ständern voller Gewand.

Nächtliche Ergänzung

Nachdem dieser Bericht fertig war und online gestellt wurde, besuchte Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr… noch einmal das Straßenfest. Es war schon dunkel, An den bunten Girlanden brannten Lichter, Musik spielte, Kinder sausten weiter mit Scootern durch die Straße, Menschen saßen oder standen beisammen und unterhielten sich. Urlaubsfeeling wie im Süden!

Und in der Ecke vor der Werkstatt von der die Initiative zu diesem autofreien Straßenfest ausgegangen war, werkten noch wenige Leute, wenigsten ein Kind und ein Erwachsener an der Fertigstellung von Insektenhotels – ein kleines handliches und ein riesiges, richtiggehend „Luxus“-Hotel für Bienen.

Allüberall zufriedene, heitere, entspannte Gesichter und die ersten „schade“-Rufe, als begonnen wurde, nach und nach alles abbauen zu müssen.

Umbenennung

Kopien alter Bilder zeigten, wie die Gasse einst ausgeschaut hatte – und weitere folierte Infos wiesen auch darauf hin, dass der Namensgeber dieser Gasse, Oscar Baumann, nicht nur ein gewalttätiger Herr über afrikanische Träger war, der vor allem im Kongo und in Tanzania gegen Ende des 19. Jahrhunderts Tausende Kunst- und andere Gegenstände „sammelte“, die Teil der umstrittenen „Afrika-Kollektion“ des heutigen Weltmuseums geworden sind.

Eine Initiative nutzte die Gelegenheit des Straßenfestes, um für eine Umbenennung zu werben – alternativer Vorschlag: Ingeborg-Bachmann-Straße. Die bekannte österreichische Schriftstellerin (1926 – 1973), hatte einige Jahre in der Nähe, in der Beatrixgasse, gelebt und ihr bekannter Roman „Malina“ spielt weitgehend in den Häusern Ungargasse 6 und 9, ebenfalls nur wenige Gehminuten entfernt.

Übrigens gab es vor zehn Jahren eine andere Initiative in der Baumannstraße: Gedenksteine für die aus den wenigen Häusern der kurzen Gasse von den Nazis vertriebenen 120 Jüd:innen – Link zu diesem Beitrag (damals noch im KURIER) unten am Ende des Beitrages.

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Gedenksteine in der Baumannstraße <- noch im Kinder-KURIER