Video-Gespräch mit vier Jugendlichen, die mit „ThatLearningApp“ – einem Toll zum 1:1-Peer-Lernen – im vorigen Schuljahr eine Kategorie bei Jugend Innovativ gewonnen haben. Last Call für Runde 35.
Bevor’s auf zur 35. Runde des – leider noch immer viel zu wenig bekannten – Schulbewerbs „Jugend Innovativ“ geht, hier noch ein – knapp vor dem Jahreswechsel – stattgefundenes Interview mit einem siegreichen Team aus dem vergangenen Schuljahr. Es war übrigens der zweite hintereinander, bei dem das Bundesfinale nur virtuell ausgetragen werden konnte, dafür vielleicht der erste, bei dem es in einer Kategorie zwei ex aequo-Erstplatzierte (Kategorie Design:
Smart Kitchen Devices for Philips (HTBLVA Ferlach) und Klein-Venedig – Unterach am Attersee (HTBLuVA Salzburg)) sowie drei ex-aequo-Drittplatzierte (Sonderpreis Sustainability/ Nachhaltigkeit: Solar-Blind/ HTL 3 Rennweg; Senkung von Ammoniak-Emissionen aus Gülle durch Tannin/ HBLA Ursprung sowie RECPEAT – Torfersatz aus natürlichen Abfallstoffen/ HTL Braunau) gab. Und auch unsere Gesprächspartner:innen zeichnet – neben dem Gewinn der Kategorie Entrepreneurship (Unternehmertum) – noch etwas aus: Lilian Holler und Felix Koch vom TGM – Die Schule der Technik in Wien mit Christa Ettlinger von der IT-HTL Ybbs und Lucia Schoisswohl von der HLW Haag (beide NÖ) arbeiteten für ThatLearningApp schul- sowie bundesländer-übergreifend und von vornherein für zwei Schuljahre angelegt an ihrem Projekt.
Auch wenn viele Schülerinnen und Schüler angesichts fast zwei Jahre Pandemie und monatelangem Distance-Learning vor allem sehr auf Präsenzunterricht stehen, bietet diese App, die erst im Aufbau ist, ziemlich Neues an. Es geht nicht darum, Beispiele zu übern, Wissen zu überprüfen, sondern ein Netzwerk von 1:1-Peer-Lernen aufzubauen.
Ausgangspunkt: die eigenen Erfahrungen aus dem vielen Home-Schooling. Du sitzt am Laptop, irgendeine Lehrerin/ ein Lehrer erklärt was über Video, du verstehst es nicht, willst aber nicht unterbrechen. Am besten hat da immer geholfen, befreundete Schulkolleg:innen im Einzelgespräch zu fragen. Ohne, dass du dir blöd vorkommst oder du dich unter Notendruck gesetzt fühlst. Und so – das die Überzeugung des Quartetts – kann sicher jede und jeder irgendetwas einbringen, um es anderen zu erklären, vermitteln.
Begonnen hatte dann alles im Herbst des vergangenen Schuljahres als Lilian Holler die Idee verbreitete, mit- und voneinander in Tandems zu lernen. „Ich wollte Photoshop lernen, wusste nicht, wo ich anfangen soll, habe Dutzende Seiten im Internet gefunden, hab ewig gebraucht, einen gscheiten Online-Kurs zu finden, aber gesehen, dass sich Tausende Leute das Programm selber beigebracht haben. Aber wie schnell und gut einsteigen, ohne viel Geld für unbrauchbare Kurse zu vergeuden.“
Am besten doch direkt von jemandem, der’s kann. Und die oder der auch von mir was lernen könnte – das steckt als Prinzip hinter der neuen App. Christa Ettlinger und Lucia Schoisswohl trafen dann noch einander bei einem „Bootcamp“ der Digital-Initiative Moonshot Pirates. Dieses Peer to Peer-Lernen begeisterte sie. Sie arbeiteten weiter dran und holten sich Felix Koch, den Lilian aus der TGM-Klasse kennt, dazu, „weil er ein super Programmierer ist“.
Dieser war „schon als Kind fasziniert vom Programmieren, in der AHS-Unterstufe hab ich als Freifach Spiele programmieren gewählt. Und nun in der HTL, also dem TGM bin ich voll drinnen. Ich kann mir nicht vorstellen, was anderes zu machen. Übrigens, die Lilian kann genauso gut programmieren wie ich, aber so sind wir im Projekt um eine Arbeitskraft mehr.“
Für Holler und Koch ist die Weiterentwicklung dieser App zu einem „relativ finalen Produkt“ ihr Maturaprojekt. Ettlinger und Schoisswohl betreiben es in ihrer Freizeit nebenbei.
Im Vorjahr hatte das Quartett nach den Weihnachtsferien einen „ziemlich schlimmen Prototypen“ (Lilian Holler). „Aber dann begannen wir erst auf Leute zuzugehen und sie zu fragen, was sie gern wie hätten. So haben wir die App dann userfreundlicher weiterentwickelt.“
Für Lucia Schoisswohl von der HLW Haag, Schwerpunkt Sozial- und Gesundheit, „ist die App ein Herzensprojekt. Sie könnte wissen über Anatomie aber auch Rechnungswesen einbringen oder Deutschunterricht – ich hab vor der Pandemie in unserer Gemeinde Deutsch als Fremdsprache unterrichtet. Dafür würde ich gern meine Französisch-Skills verbessern für ein künftiges Auslandsjahr“.
Christa Ettlinger von der Ybbser IT-HTL hat vor allem Grafik und Design in ThatLearningApp beigesteuert. Sie ist „Südkorea-Fan. Koreanisch lernen ist nicht unmöglich, aber schwieriger als in anderen Ländern. Würde mich freuen, über unsere App mit jemandem 1:1 die Sprache zu lernen und dafür könnte ich Designen, Medientechnik, Promotion, Logo-Entwicklung und Instagram anbieten.“
Wobei – immerhin ist dieses Projekt ja in der Kategorie Entrepreneurship gestartet – die App letztlich auf ein Geschäftsmodell hin weiterentwickelt werden soll. Es ginge also gar nicht nur um „ich lerne von dir das und lehre dich jenes“, sondern im 1:1-Modus gegen Bezahlung zu lernen und ebenso zu lehren.
Mit dem Kategorie-Sieg im vorigen Schuljahr gewann das Team auch die Unterstützung durch aws (austria wirtschaftsservice) First Inkubator. Geld und fachlicher Rat von Expert:innen soll den vier Jugendlichen helfen, ihr eigenes Start Up zu gründen. „Auch nach der Schule wollen wir neben unseren verschiedenen Studien an der App weiterarbeiten. Auf lange Sicht hoffentlich hauptberuflich“, so die vier von ThatLearningApp.