„Kaltes Herz oder Wer wird Millionär?“ – acht Schauspielstudierende spielen einen Teil des Märchens von Wilhelm Hauff mit Show-Elementen und aktuellen Bezügen.
Im Chor sprechen Paul Clementi, Hannah Joe Huberty, Julia Mach, Olivia Purka, Dina Skwirblies, Leonid Sushon, Felix Werner-Tutschku, Paul Winkler den Beginn des Märchens „Das kalte herz“ von Wilhelm Hauff. Der arme Kohlen-Peter im Schwarzwald will reich werden, vor allem nicht ausgestoßen sein und dazugehören. Über einen magischen Deal – hier ist es nicht explizit wie in vielen anderen Märchen und Sagen er Teufel – wird er im Tausch gegen sein Herz reich.
Das war der Ausgangspunkt für ein Projekt der genannten acht Schauspiel-Studierenden (zweiter Jahrgang der Abteilung Schauspiel der MuK – Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien) und ihrer Lehrenden bzw. Regisseur:innen Constance Cauers, Frank Panhans. Das immer stärker werdenden Auseinanderklaffen von arm und reich, die Tendenz einer Erb- statt einer Leistungsgesellschaft, auf die Bühne zu bringen. Keine Dramatisierung des Märchens, sondern zentrale Elemente – ohne den Schluss und die meist chorisch gesprochen, die Hauptfigur wird abwechselnd von jeweils einer anderen/einem anderen gespielt. Dazwischen Elemente einer Millionen-Show der anderen Art.
Fragen wie, was sagt dir die Finanzkrise, Rabatt oder Lohnsteuerausgleich, die von den „Kandidat:innen“ immer einfach mit „ja“ beantwortet werden. Eine Zweitjacht und andere Luxusgüter als Antwort auf die Frage, was sie mit dem Preisgeld machen würden… Nur eine meint, „meine Schulden abzahlen“. Und wird damit zur Außenseiterin in der Parallelgesellschaft der Reichen. „Kauf dich glücklich“ – ein in der Anfangsphase skandierter Spruch ist übrigens einem Geschäft entlehnt, das wenige Gehminuten vom Dschungel Wien entfernt groß damit wirbt. Sozusagen die Vorstufe dazu Gefühle für Menschen in Richtung „kaltes Herz“ zu teiben.
Neben Märchen-Chören und TV-Show-Szenen glänzen die Darsteller:innen vor allem durch Tanzeinlagen (Monika Weiner, Wieda Shirzadeh), wenngleich die Reise nach Istanbul bauchtanzmäßig doch ein wenig klischeehaft angelegt ist.
Wie auch das Grazer Jugendtheater taO! (Theater am Ortweinplatz), das Ende des Vor-, Anfang dieses Jahres frei nach diesem Märchen diese Tatsache thematisierte – siehe Link unten -, baut die derzeit im Dschungel Wien laufende Produktion aktuelle Bezüge ein.
Preissteigerungen wie seit 40 Jahren nicht mehr, Inflationsraten, die sich in Richtung Zweistelligkeit bewegen, lassen immer mehr Menschen auch in reichen Ländern wie Österreich insbesondere gegen Ende des Monats fast verzweifelt jonglieren, was geht sich da noch aus. Gleichzeitig wird der Luxus Superreicher mitunter noch offensichtlicher. Herren der Welt (in den allerallermeisten Fällen nur Männer) leisten sich kurz einen Ausflug ins Weltall, Riesenjachten werden Thema, weil deren Besitzer als russische Oligarchen auf Sanktionslisten stehen.
Alles eigentlich keine Neuigkeiten, Jahr für Jahr erscheinen Berechnungen, dass immer weniger Menschen immer mehr Vermögen besitzen – zuletzt 8 (in Worten acht, also nicht einmal so viele wie ein Fußballteam hat) Menschen so viel Vermögen gehört wie die ärmere Hälfte der gesamten Weltbevölkerung, also derzeit fast vier Milliarden Menschen.
Wäre alles Vermögen in Österreich ein Kuchen, der in zehn Stücke aufgeteilt ist, würden weniger als 90.000 Menschen vier Teile davon bekommen, während fast 4,5 Millionen Menschen das Viertel eines einzigen Stücks teilen müssten; jede und jeder also mit winzigsten Brösel Vorlieb nehmen müsste.
Schauspiel, ca. eine Stunde
Ein Rechercheprojekt des 2. Jahrgangs der Abteilung Schauspiel der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien
Regie: Constance Cauers, Frank Panhans
Es spielen: Paul Clementi, Hannah Joe Huberty, Julia Mach, Olivia Purka, Dina Skwirblies, Leonid Sushon, Felix Werner-Tutschku, Paul Winkler
Choreografie: Monika Weiner, Wieda Shirzadeh
Ausstattung: Nanna Neudeck
Assistenz: Anna Bittermann
bis 3. Juni 2022; 20 Uhr
Dschungel Wien: 1070, MusuemsQuartier
Telefon: 01 522 07 20-20
dschungelwien -> Kaltes Herz …
Hin & Weg-Festival
13. und 14. August 2022
jeweils 18 Uhr
3874 Litschau, Altes Kaufhaus
hinundweg -> Das kalte Herz …