„Schneelöwe“ – ein geheimnisumwittertes, ungewöhnlich illustriertes Bilderbuch-Gedicht.
Obwohl dieses Bilderbuch nur zweifarbig ist – Blau auf weißem Papier – eröffnet „Schneelöwe“ eine kunterbunte, vielfarbige Bandbreite von Geschichten und Persönlichkeiten. Nicht zuletzt umweht die erzählende Hauptperson mehr als ein Hauch von Geheimnis. Und das obwohl sich dieses Kind gleich von Anfang an outet: „Ich bin ein weißer Schneelöwe“, sagt es.
Und Autor Heinz Janisch lässt diesen Erzähler auch noch gleich hinzufügen: „Ich sage das mit dem Weiß extra dazu, weil mein Cousin, der müde Walter, sich immer als schwarzer Schneelöwe vorstellt. Und das nur, weil er ein paar winzige schwarze Flecken auf dem linken Ohr hat.“
Wobei schon eine Doppelseite weiter andere „nur einen Jungen“ sehen, „der wie ein Angeber in der Luft herumsteht“. Es gehe um die inneren Werte, darum wie er sich innen drin fühle, so der „weiße Schneelöwe“, lässt der Autor ihn weiter erzählen, und uns immer wieder das eine oder andere Stück weit in dessen Inneres blicken. Und dennoch umweht selbst am Ende und nach einer Aufklappseite diesen „Schneelöwen“, der bis zum Schluss namenlos bleibt, etwas Mysteriöses. Als sei es „nur“ ein starker Gedanke, in anderen Menschen unterschiedliche Tiere zu sehen – oder spüren. Und anzuregen, das passende Tier in sich selber zu finden.
Auch wenn in den vergangenen Monaten durch seltsame billig gemachte teuer um Steuergeld verkaufte „Studien“ die Sache in Verruf gekommen sein mag, (prominenten) Menschen das eine oder andere Tier zuzuordnen – dieses Bilderbuch lässt (nicht nur) Kinder in diese Suche nach dem Tier in dir eintauchen.
Apropos billig. Billig mag an diesem Bilderbuch vielleicht das Illustrationswerkzeug gewesen sein. Schlicht ein Kugelschreiber, oder wahrscheinlich mehrere. Aber was dem Illustrator Michael Roher da gelungen ist: Meisterlich. Nicht nur von der Geduld, die er offenbar gehabt haben muss. Alles mit Kugelschreiberstrichen gezeichnet – von feinen Konturstrichen über viiiiiiele Punkte und Pünktchen bis zu riesigen Flächen, oft ganze Seiten. Nicht einfach zugeschüttet mit einem Kübel in einem Computerprogramm, sondern sicher mitunter ordentlich wild, aber immer mit von der Hand geführten Kugelschreibern.
Die gesetzte Schrift ist ebenfalls in Blau – oder in blau gestrichten Flächen Weiß.
Ein auch von dieser Optik her lange bleibender Eindruck einer Geschichte, die sich in Gedanken fortspinnt und wie ein aus Text und Zeichnungen gewebtes, geflochtenes Gedicht.
Text: Heinz Janisch
Illustration: Michael Roher
Schneelöwe
32 Seiten
ab 4 Jahren
Tyrolia Verlag
16 €
Zu einer Leseprobe geht es hier