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Doppelseite aus "Der Erinnerungshändler"
Doppelseite aus "Der Erinnerungshändler"
10.01.2025

Poetische Geschichte rund um Geschäfte mit Erinnerungen

Bilderbuch über einen Deal mit Gedanken an schöne Erlebnisse als „Nebenbei“-Anregung über den Umgang mit Vergangenem.

Meist sind es schwarz-weiß (Bleistift-)Zeichnungen, die die Doppelseiten dieses Bilderbuchs illustrieren. Durchgängig vermitteln sie den Eindruck an vergangene Zeiten und Situationen. Ein Mann tourt mit seinem Sohn in einem alten Auto mit offener Ladefläche – vollgeräumt mit auch recht alt wirkenden Gepäcksstücken. Autorin Orit Gidali (Übersetzung aus dem Hebräischen: Lucia Engelbrecht) und Illustratorin Tami Bezaleli lassen ihn Erinnerungen sammeln. Das ist sein Geschäft, heißt das Buch doch „Der Erinnerungshändler“.

Wirkt beim allerersten Blick auf den Titel seltsam. Und dann doch wieder nicht. Erinnerungen sind – gerade in Buchform – ein gar nicht so seltenes Geschäft, handelt doch jede (Auto-)Biographie von Erinnerungen ebenso wie historische Romane…

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Der Erinnerungshändler“

So etwas Abgenutztes (ver-)kaufen?

Und dennoch ist diese – in Worten und Bildern – poetische Geschichte zwischen zwei Buchdeckeln außergewöhnlich. Das Duo, der Sohn im Kindesalter ist ständiger Begleiter seines Händler-Vaters, trifft auf einen alten Mann. Weshalb der Geschäftsmann denn so was abgenutztes, noch dazu unvollständiges haben wolle, wundert er sich.

Trotz all seiner Bedenken entschließt sich der Alte die Erinnerung an seine große Liebe, die verstorbene Ehefrau Rosie – übrigens die einzige Person ist, die im ganzen Buch einen Namen trägt – zu verkaufen. Das fällt ihm dann doch alles andere als leicht – große Trauer kennzeichnet sein Gesicht. Außerdem haut ihn der Händler übers Ohr und zahlt extrem wenig. Noch dazu, wo dieser unbedingt diese, weil eine der wenigen schönen, Erinnerungen erstehen will.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Der Erinnerungshändler“

Gedanken-Anstöße

Bald nach dem Deal bereut der alte Mann seinen Verkauf und …
… nein, hier wird nicht gespoilert wie’s weiter- und ausgeht. Auch wenn die konkrete Handlung nur vordergründig im Zentrum des Buches steht. Eintauchen in vielleicht eigene Erinnerungen, nachdenken rund um diese, aber auch generell dieses Thema – das stößt dieses Buch auf unaufdringliche Weise an.

Doppelseite aus
Doppelseite aus „Der Erinnerungshändler“

Wie war’s wirklich?

Erinnerungen. Das war doch damals so… Nein, es war ganz oder wenigstens ein bisschen anders. Nicht nur, wenn verschiedene Menschen über ein und dasselbe Ereignis reden weichen Erzählungen voneinander ab. Auch die eigene Erinnerung kann sich im Laufe der Zeit verändern – vielleicht die Erinnerung selbst oder aber die Sichtweise auf das Geschehene, Gefühlte. Nicht selten spielt Verdrängung eine große Rolle – etwas nicht wahrhaben wollen. Oder es möglichst schnell aus dem Gedächtnis löschen wollen, sowohl dem eigenen als auch dem vieler anderer. „Nein, wir haben nicht mitgemacht… als Böses getan wurde.“ Oder umgekehrt, „Ja, klar, wir waren dabei, als so Großes geschehen ist…“

Die einen kramen in ihnen, suchen bei anderen, manchmal auch sich selbst, nach solchen, um Heutiges auch besser verstehen zu können oder wollen. Andere werfen sie über Bord, wollen nichts mit eigenen Taten oder Gedanken zu tun haben…

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Titelseite von
Titelseite von „Der Erinnerungshändler“
BUCH-INFOS

Text: Orit Gidali
Übersetzung aus dem Hebräischen: Lucia Engelbrecht
Illustration: Tami Bezaleli
Der Erinnerungshändler
32 Seiten
Ab 5 Jahren
Vermes Verlag
18 €