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Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
17.06.2024

„Das ist eine schwierige Rede, aber es ist meine Mission“

Rede auf Deutsch und Ukrainisch von Dymtro Muliar, MS (Mittelschule) Fels-Grafenwörth (Niederösterreich), beim Abschluss des mehrsprachigen Redebewerbs „SAG’S MULTI!“ 2023/24.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Mein Name ist Dmytro, ich bin 13 Jahre alt. Дуже дякую за ще одну можливість бути почутим.
Ich kam zu Beginn einer umfassenden russischen Invasion im Jahr 2022 von der Hafen-Stadt Odessa nach Österreich.

Jetzt möchte ich Ihnen erzählen, wie es ist, in meiner Heimatstadt zu leben, die unter Beschuss von Raketen und Drohnen steht. Я б не хотів щоб в мене був такий досвід військового часу. Ich habe viel Wissen über den Krieg gewonnen, über Maßnahmen, die unter Beschuss Leben retten können, über das Überleben – dieses Wissen würde ich am liebsten vergessen.

  • Wenn es auf der Straße zu Explosionen und Schüssen kommt und sie zu Hause sind, gehen sie nicht an die Fenster.
  • Wenn eine Raketengefahr besteht und sie es nicht bis zum Luftschutzbunker geschafft haben, gehen Sie in einen Raum ohne Fenster, sodass zwischen Ihnen und der Straße zwei Wände sind.
  • Wenn Sie draußen sind, gehen Sie lieber in die Nähe von Wänden und meiden Sie offene Räume.

Ich möchte, dass alles, was Sie hören, in Ihrer Fantasie bleibt und nie einen Platz in Ihrem wirklichen Leben findet.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

In Odessa waren bereits am Morgen des 24. Februar 2022 die ersten Explosionen von Fliegerbomben und Raketen zu hören. В нашому сонячному, південому місці люди зрозуміли, що прийшла смерть і війна. Я вперше бачив, що мої рідні, мої дорослі – НАЛЯКАНІ.  Весь час, як фон, твої думки супроводжує небезпека.

Alle versammelten sich, unser Volk und das Militär stoppten den russischen Angriff 100 km von Odessa entfernt und stoppten die Landung vom Meer aus. Було дуже небезпечно.Meine Mutter und ich kehrten erst im Sommer 2023 nach Odessa zurück, zu meinem Vater. Das Treffen war sehr emotional, da unsere Familie vor dem Krieg glücklich lebte und nie getrennt war!
Doch der Beschuss durch Raketen und Drohnen hörte nicht auf. Jeden Tag liefen wir zur Tiefgarage und saßen dort. Alarme traten 4 bis 5 Mal täglich für 1 bis 2 Stunden auf. Manchmal warteten wir nur auf zusätzliche Informationen darüber, WAS flog und WO wurde angegriffen.
WARUM fragen Sie sich vielleicht? Es ist logisch, sich zu verstecken, wenn Gefahr droht … Dazu gehört Erfahrung,

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

Der heftigste Beschuss findet meist nachts statt. Aber Sie verstehen, dass es unmöglich ist, JEDE NACHT wach zu bleiben. Der menschliche Körper hat seine Grenzen. Manchmal habe ich tief und fest geschlafen. Mein Vater legte sich neben mich und umarmte mich mit seinem Körper, als würde er mich mit einer Decke zudecken.

Kürzlich ereignete sich in meiner Stadt eine Tragödie – eine russische Drohne stürzte in ein Hochhaus. Als die Toten unter den Trümmern hervorgeholt wurden, lagen die Leichen so, dass die Eltern die Kinder mit ihren Körpern zudeckten. Damals starben 5 Kinder und 16 Erwachsene – normale, friedliche Familien.

Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses
Dymtro Muliar bei seiner Rede im Festsaal des Wieenr Rathauses

Das ist eine schwierige Rede, aber es ist meine Mission, dass möglichst viele Menschen erfahren, wie die Ukrainer jeden Tag leben. In Odessa gibt es Flugabwehrmaßnahmen. Ohne diesen Schutz gäbe es meine Stadt nicht mehr. Es gibt viele Beispiele – als von ehemals blühenden Städten nur noch Ruinen übrig blieben.

Mein Vater bleibt in Odessa und hilft dem Militär, ich lerne online an der Schule in Odessa und sehe jeden Tag Informationen über Gefahren, Unterrichtsausfälle und Videos aus dem Luftschutzbunker der Schule. Die Situation wird von Tag zu Tag schlimmer. Die Russen bombardieren unsere friedliche Stadt mit Streubomben. Friedliche Menschen sterben, Familien sterben, Kinder sterben.

Diesen Sommer beschlossen meine Eltern, mich nicht mit nach Hause zu nehmen. Ich werde meinen Vater diesen Sommer nicht umarmen können.